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Anfänge des Humanismus in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts

Die Scholastik des Mittelalters stieß an ihre Grenzen. Von Italien aus breitete sich humanistisches Gedankengut über die Schweiz nach Deutschland aus und erreichte auch die Universität Leipzig.

"Mit Zustimmung der Spektabilitäten dieser hohen Universität, des allergerechtesten Herrn Rektor ... und des hochwürdigsten Herrn Dekan ... der berühmten Artistenfakultät wird Peter Luder, Lehrer der Dichtkunst, heute zur zweiten Stunde im Hörsaal für ordentliche Disputationen des großen Kollegiums eine öffentliche Rede halten: Darin wird er mit zwingenden Gründen und Beweisen darlegen, daß die humanistischen Studien, nämlich die Geschichtsschreiber, Redner und Dichter, allen angelegen sein müßten. Aus diesem Grunde nun möchte er alle Studenten und Liebhaber der Wissenschaften inständigst bitten und beschwören, anwesend zu sein und ihm wohlwollend und geduldig ihr Ohr zu leihen." 1

Mit dieser Antrittsrede von Peter Luder im Jahre 1462 wurde der Auftakt zum Humanismus an der Universität Leipzig vollzogen. Als Wanderredner kam Luder über Heidelberg und Erfurt nach Leipzig, nachdem er in den Zentren des Frühhumanismus in Italien studiert hatte. Er kündigte als erster an der Universität humanistische Lektionen an, verließ aber noch im Sommer des gleichen Jahres aus unbekannten Gründen Leipzig und ging nach Padua.

Celtis
 
Konrad Celtis  
Neben weiteren Wanderhumanisten an der Universität Leipzig - auch aus Italien - war vor allem Konrad Celtis ein bedeutender Vertreter der neuen Richtung. 1486 kam er von Erfurt nach Leipzig. Seine "Ars versificandi et carminum" ließ er zur Verwendung in seinen Vorlesungen drucken. Sie wurde damit zur ersten selbständigen Poetik des deutschen Humanismus und Celtis zum ersten "Poeta laureatus" (gekrönter Dichter) der deutschen Literatur - siehe nebenstehende Wiedergabe eines Holzschnittes von H. Burgkmair d.Ä., 1508, Ende 15. Jahrundert  2

Eine herausragende Stellung nahm auch Paul Schneevogel aus Eger ein, der sich Niavis nannte. Nach Studium in Ingolstadt erscheint er 1479 in der Leipziger Matrikel, wird 1482 als Magister genannt und weilte 1488 bis 1490 erneut als Dozent in Leipzig. In dieser Zeit editiert er Klassikerwerke und läßt sie in Leipzig drucken, u.a. 1488 den "Liber de philosophia Platonis". Mit der Vorrede des Niavis zu diesem Werk begannen die Platonstudien an der Universität Leipzig.
Die berühmteste und verbreitetste Schrift von Niavis ist ein Gesprächsbüchlein für junge Studenten, das "Latinum ydeoma pro novellis studentibus". Dieses auf Grund des nachgewiesenen Erstdruckortes auch als "Heidelberger Gesprächsbüchlein" bekannte Werk ist in Leipzig entstanden und auch verlegt worden. Das Buch diente der Übung der lateinischen Umgangssprache. Es behandelt in Dialogform das Leben der Studenten, u.a. die Beschreibung der Deposition - einer Zeremonie zur Erlangung der Absolution neuer Studenten. Niavis begründete mit den humanistischen Schülergesprächen eine Tradition an der Leipziger Universität, die bedeutende Nachfolger (Mosellanus, Hegendorfer) hervorbrachte.
Trotz seiner beachtlichen Leistungen erhielt Niavis, wie so viele andere, keine feste Anstellung an der Universität.

Als erster besoldeter Humanist wirkte der Westfale Hermann von dem Busche, gen. Buschius, auf einer Professur für Poetik, die Herzog Georg 1503 an der Universität eingerichtet hatte. Er hinterließ viele Gedichte und Editionen, u.a. ein Lobgedicht auf die Stadt (laus Lipsiae). Sein Hauptwerk "Vallum humanitatis" - Köln 1518 - ist als Höhepunkt in der Auseinandersetzung um die Rolle der Kunst und des Studiums der schönen Wissenschaften anzusehen.

1507 trat Rhagius Aesticampianus die Nachfolge von Buschius an. Er kam zusammen mit Ulrich von Hutten aus Frankfurt (Oder). Sein Programm - Verbindung des Humanismus mit den alten christlichen Autoren und vor allem das Studium der Kirchenväter. Aber die Fakultät hatte wenig Interesse an der Veränderung der Lehrinhalte, so daß nach nur drei Jahren der letzte "kämpfende" Humanist die Leipziger Universität wieder verlassen musste. Er wurde für zehn Jahre relegiert. Die erhalten gebliebene Abschiedsrede war eine Abrechnung mit seinen Widersachern.
Zu seinen Schülern in Leipzig gehörte auch Caspar Borner, der Erneuerer der Universität.

1  Der deutsche Renaissance-Humanismus. Abriß und Auswahl von W. Trillitzsch. Leipzig 1981, S. 150
2  aus Lothar Rathmann, ALMA MATER LIPSIENSIS. Leipzig 1984, S. 33

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