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Die Auswirkungen der Gegenreformation
und die Auseinandersetzungen
innerhalb der lutherischen Kirche

Das Erbe des 1553 verstorbenen Kurfürsten Moritz trat sein Bruder August an. Auf dem Passauer Vertrag (1552) aufbauend, handelte er 1555 den Augsburger Religionsfrieden mit aus. Damit wurde der Fortbestand des Protestantismus und damit das dauerhafte Nebeneinander von Katholizismus und Protestantismus anerkannt und die absolutistischen Machtansprüche Kaiser Karls V. im Reich zurückgewiesen.

Kurfürst August

Bildnis von Kurfürst August von Sachsen in der von ihm geförderten deutsch-lateinischen Bibel von 1565

Die Kirchenpolitik Kurfürst Augusts war in den ersten Jahren seiner Regentschaft von Toleranz und Ausgleich bestimmt. Dadurch konnte bei der nach Luthers Tod einsetzenden Aufspaltung des Protestantismus in verschiedene Strömungen (Flacianer, Philippisten, orthodoxe Lutheraner, Calvinisten) keine die Oberhand gewinnen.
Auch die Versuche der Gegenreformation, insbesondere der Jesuiten, die nach dem Trienter Konzil 1564 versuchten, in den protestantischen Gebieten neu Fuß zu fassen und sie für den Katholizismus zurückzugewinnen, scheiterten.

Zu Beginn der Siebzigerjahre gelangte allerdings die "Wittenberger Partei" am kursächsischen Hof zu Einfluss, die insbesondere in der Abendmahlslehre calvinistische Bahnen beschritt. Kurfürst August sah seine Religionspolitik gefährdet und ging mit großer Härte (Verhaftung, Verhöre, Folter) gegen diese sogenannten Kryptocalvinisten vor, zu denen auch einige seiner engsten Ratgeber gehörten. Geistliche und Professoren der Wittenberger Universität, die dem Calvinismus nicht ausdrücklich abschworen, wurden des Landes verwiesen.
Dennoch nahmen direkte Eingriffe in den Leipziger Universitätsbereich erst nach 1573 zu, nachdem die angesehenen Melanchthonschüler Camerarius (1574) und Pfeffinger (1573) gestorben waren. Es wurden gründliche Visitationen der beiden Landesuniversitäten veranlasst. 1577 wurde die Konkordienformel verfasst. In den allgemeinen Vorschriften wurde bei der Berufung von Professoren eine klare Absage gegenüber dem Calvinismus erwartet. 1580 forderte der Kurfürst von den 19 Professoren außerhalb der Theologischen Fakultät ebenfalls die Unterschrift unter das Konkordienbuch. Zwei Professoren verweigerten das und verloren sofort ihr Amt.
Die Konkordienformel beendete die großen theologischen Streitigkeiten, verstärkte aber zugleich die formale Verfestigung der Lehre und führte zur Ausschaltung von Gegnern des strengen Luthertums an den Universitäten und in Kursachsen überhaupt.


Krell
 
Nikolaus Krell  
Anfang 1586 verstarb Kurfürst August und sein Sohn Christian I. trat die Nachfolge an. Bald schon geriet er unter den Einfluss des aus Leipzig stammenden Nikolaus Krell, den er 1589 zu seinem Kanzler ernannte. Ein neuer innen- und außenpolitischer Kurs war die Folge.
Wieder erfolgten Visitationen der Universitäten, die zur Abschaffung landesherrlicher Kontrollorgane und der Unterschriftsverpflichtung unter die Konkordienformel führten. Der Thomaspfarrer und Superintendent Nikolaus Selnecker, einer der Verfasser der Konkordienformel, musste Leipzig 1589 verlassen. Sein Nachfolger wurde der überzeugte Calvinist Christoph Gundermann.
Allgemeine Unruhe und Widerstandsaktionen der Bevölkerung löste die Untersagung des Exorzismus bei der Taufe aus. Seit Frühjahr 1591 war die durch Luther aufgenommene Zeremonie der Beschwörung und Austreibung von Teufel, Dämonen und bösen Geistern untersagt.
Nur wenige Jahre konnte Krell seine Ziele verfolgen. Als 1591 Christian I. starb, war sein Sohn Christian II. erst 8 Jahre alt. Dessen Vormund Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen-Altenburg erneuerte die alte Ordnung, und der ganze Unmut und Groll des zurückgedrängten Adels und der streng lutherischen kurfürstlichen Witwe entlud sich gegen Krell. Er wurde in einem langwierigen Prozess wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und 1601 in Dresden öffentlich hingerichtet.
Gundermann wurde verhaftet. Nach seinem Widerruf 1592 ließ man ihn allerdings frei, und er konnte Leipzig verlassen. Selnecker wurde zurückgerufen. Todkrank kam er in Leipzig an und verstarb fünf Tage später, ohne bei den anticalvinistischen Visitationen noch wirksam geworden zu sein.

1592 war auf dem Landtag in Torgau auf Antrag der Landstände die Entfernung aller Calvinisten aus Verwaltungen, Schulen und Kirchen beschlossen worden. Eine Visitationskommission hatte Pfarrer, Superintendenten und Theologen an den Universitäten, aber auch weltliche Beamte des Kurstaates auf ihre Rechtgläubigkeit zu überprüfen. Dafür waren vier Visitationsartikel formuliert worden, die gemeinsam mit der Konkordienformel anzuerkennen und eigenhändig zu unterzeichnen waren. Wer seine Unterschrift verweigerte, wurde seines Amtes enthoben.
Im ganzen Kurfürstentum wurden die Verfolgungen aus Glaubensgründen von Unruhen begleitet, die sich gegen die Calvinisten richteten. Die Spannungen in der Stadt Leipzig entluden sich 1593. Eine aufgebrachte Menge, unter ihr zahlreiche Studenten, stürmte und plünderte in diesem sogenannten Calvinistensturm einige Bürgerhäuser. Vier Anführer wurden verhaftet und später auf dem Markt hingerichtet.
Als Kurfürst Christian II. 1601 die Regierung selbst übernahm, hatten sich die Gegenreformation des Kaisers, die katholischen Reichsstände und die römische Kirche gestärkt, indem sie die Differenzen zwischen dem orthodoxen Luthertum und den Reformierten geschickt ausnutzten. Es kam zu einer Polarisierung der Kräfte, in deren Folge
  •   1608 als Bündnis der evangelischen Reichsstände die Union und
  •   1609 als Zusammenschluss der katholischen Reichsstände die Liga   
gegründet wurden.
Kursachsen trat allerdings der Union vorerst nicht bei und neigte sich mit seiner kaiser- und reichstreuen Politik eher der Liga zu.

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