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Universität Leipzig

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der Seniorenakademie

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Äthiopisches Weihnachtsfest

Ein Bericht von Prof. Dr. Gerhard Asmussen, Leipzig

In den 80iger Jahren des vorigen Jahrhunderts weilte ich beruflich in Gondar/Äthiopien. Dort erlebte ich auch das Weihnachtsfest, das sich jedoch stark von unserem unterscheidet.

Da ist zunächst einmal das Klima: Während man hier bei trüb-regnerischem Wetter unterwegs ist, oder (wie in diesem Jahr) unter klirrender Kälte stöhnt, über die Weihnachtsmärkte Glühwein trinkend schlendert oder nach Geschenken sucht, ist dort alles anders. Weihnachten liegt mitten in der Trockenzeit, das Wetter ist hochsommerlich warm bis heiß, und das einzige was man mit Sicherheit sagen kann, ist: „Auch morgen wird wieder die Sonne gnadenlos vom strahlend blauen Himmel brennen“. Es ist schon ein tolles Phänomen, Weihnachten bei strahlendem Sonnenschein und sengender Hitze zu erleben. Auch die uns vertraute Hektik und die Vorfreude (besonders ausgeprägt bei den Kindern) fehlt.

Weihnachten (Lidat, gefeiert am 6. Januar, also nach dem Jahreswechsel) gehört nicht zu den Hauptfesten der koptischen, äthiopischen Christenheit. Timkat (gefeiert am 20./21 Januar – eine symbolische Erneuerung des Taufgelöbnisses) und Maskal (gefeiert am 27. September – die Auffindung des wahren Kreuzes, und Beginn des Neuen Äthiopischen Jahres – in Äthiopien gilt immer noch der Julianische Kalender und nicht wie bei uns der Gregorianische, man wird also, wenn man das Land betritt, acht Jahre jünger) sind die größeren Feste, die alle in ihren Bann ziehen. Nur die strenggläubigen Kopten besuchen am Weihnachtstag eine Kirche. Man schenkt sich aus diesem Anlass auch nichts, vielleicht mit Ausnahme der Kinder, und hierbei handelt es sich weniger um Spielzeug, als vielmehr um neue Kleidung. Aber generell ist das Schenken in Äthiopien eher eine Unsitte. Wie mir einer unserer Studenten sagte: „Wir beschenken uns in Äthiopien nicht, es sei denn, wir wollten jemanden bestechen.“ Ein Wort, über das man schon mal länger nachdenken sollte – besteht nicht unser Schenken oftmals auch aus einer versuchten Bestechung?

Trotzdem sind gerade bei den „Gebildeteren“ einige Sitten des europäischen oder amerikanischen Weihnachtsfestes eingesickert. Man findet dann einen „Weihnachtsbaum“. Allerdings verwendet man keinen Nadelbaum (so etwas ist in ganz Äthiopien nicht zu finden) sondern einen endemischen Lebensbaum (Juniperus abyssinicus). Süßigkeiten hängen nicht an dem Baum, und die Glaskugeln werden durch bunte, aufgeblasene Luftballons ersetzt.

Unter diesen Bedingungen kann eine weihnachtliche Stimmung, wie sie bei uns üblich ist, nur schwerlich aufkommen.



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