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Alma Mater Lipsiensis
Universität Leipzig

Arbeitsgruppe Zeitzeugen
der Seniorenakademie

Berichte über Erlebnisse

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Ausflug zu den nördlichen Inseln im Tanasee
und zur Halbinsel Susenyos

Ein Bericht von Prof. Dr. Gerhard Asmussen, Leipzig

Wie schon erwähnt war ich 1979/80 und dann noch einmal 1982/83 in Äthiopien. Wir haben dort Ärzte ausgebildet. Dabei besuchten wir auch den Tanasee, den größten Binnensee die­ses Landes, aus dem auch der Blaue Nil entspringt. Über die Inseln im Nordteil des Sees und über die Halbinsel Susenyos soll nun berichtet werden. Es war die Zeit des Besuches von un­seren fünf Ehefrauen, außerdem waren Ferien, die Studenten in alle Himmelsrichtungen ver­streut und für uns eine Möglichkeit zu erhöhter touristischer Aktivität.

Etwa 60 km von Gondar entfernt erreicht man das Nordufer des Tanasees. Hier liegt das Städtchen Gorgora (zur damaligen Zeit etwa 3000 Einwohner). Am Ufer des Sees war gerade Waschtag – d. h. man wäscht erst mal alles was man auf dem Leib hat, und legt es zum Trocknen auf die Wiese, dann wäscht man sich selbst und die Kinder; unterdessen sind die Sachen wieder einigermaßen getrocknet (ein wenig Feuchte schadet bei dem Klima nichts). Dann zieht man sich wieder an, und geht fröhlich nach Hause.

 

Familienwaschtag

Familienwaschtag

 

Um das Weitere zu verstehen muss man etwas tiefer in die äthiopische Geschichte eintauchen. Um 1540 gerieten die Äthiopier zunehmend in Bedrängnis durch Achmet Gran (ein Linkshänder – so wird er jedenfalls auf alten Stichen dargestellt) ein Somalier, der als Moslem den Christen im Amharenland zuwider war. Sie bekamen Hilfe aus dem christlichen Abendland – Chistopher da Gama (der Bruder der Vasco da Gama, der den Seeweg nach Indien entdeckte) landete mit einem Expeditionschor (40 Mann und eine Kanone) in Äthiopien. Am 23. 2. 1543 kam es zur Entscheidungsschlacht am Tanasee, wobei Achmet Gran fiel, und die Äthiopier siegten – die Portugiesen brauchten überhaupt nicht einzugreifen. Trotzdem gab es im Gefolge der Schlacht zu einer Annäherung zwischen dem Vatikan und den amharischen Christen – besonders durch den Einfluss des Pater Perez, der für ein behutsames Vorgehen bei der Christianisierung plädierte.
Waschtag

Waschtag

Seine Nachfolger nahmen die Sache weniger ernst, sodass es zu zunehmenden Spannungen zwischen den Amharen und den Portugiesen kam. Nach mehreren Schlachten (die eigentlich ein Abschlachten waren) kam dann die Einsicht des Kaisers Susenyos, auf den Thron zugunsten seines zu Sohns (des späteren Kaisers Fasilidas) zu verzichten. Vater und Sohn vertrugen sich auch später ausgezeichnet. Die Portugiesen wurden verjagt. Die Residenz am Tanasee wurde aufgegeben, eine neue Residenz in Gondar erbaut. Seit dieser Zeit – also mehr als 350 Jahre war Gondar die Hauptstadt Äthiopiens.

 

Ehemalige Residenz

Ehemalige Residenz

 

Wir fanden unser Boot, eine alte Barkasse, die noch aus der Zeit stammte, als die Italiener Äthiopien besetzt hatten (so stand es wenigstens auf dem Motor). Zunächst fuhren wir an den Ruinen der alten Residenz vorbei und erreichten dann die Halbinsel Susenyos. Hier hieß es dann aussteigen, um die Anlage zu besichtigen. Obwohl schon ziemlich zerfallen macht sie doch einen imposanten Eindruck.

 

Landung bei Susenyos

Landung bei Susenyos

 

Reste der katholischen Kathedrale

Reste der katholischen Kathedrale

 

In der Mitte kann man auf das Dach der Ruine hinaufsteigen und hat dann einen wunderschönen Blick auf den Tanasee. Man erkennt das Wesen der Anlage – links die Überbleibsel der katholischen Kirche, von denen nur eine Wand noch steht, und die mit Muscheln und Kassettenelementen reichlich verziert ist, und rechts die Reste der amharischen Rundkirche, mit den Allerheiligsten in der Mitte und dem Rundgang drum herum.

 

Reste der amharischen Rundkirche

Reste der amharischen Rundkirche

 

Anschließend besuchten wir die Insel Mandaba, es handelt sich um eine Klosterinsel auf die in unruhigen Zeiten die Schätze der Herrschenden und der amharischen Kirche in Sicherheit gebracht wurden. Frauen ist der Zugang strikt untersagt. Obwohl unsere Frauen verkleidet waren, wurden sie als solche erkannt. Die Mönche grei­fen einem einfach beherzt in den Schritt, bekommen sie was zu fassen ist die Sache in Ord­nung, wenn nicht hat man halt das falsche Geschlecht. Gefeilscht wird nicht.
Die Frauen blieben also am Ufer zurück und wir (die Männer) besuchten die Insel. Wir machten uns mit den Lebensgewohnheiten der Mönche vertraut – sehr spartanisch, die Zellen, meist Erdlöcher, besitzen oft nur ein Bettgestell (Holzrahmen mit Lederriemenbespannung – oft noch nicht einmal dies – geschlafen wird dann in der Schama, ein weiter bauwollner Umhang). Gekocht wird im Freien. Die Kirche ist am höchsten Punkt der Insel gelegen, und weitgehend schmucklos, zu den Gebeten ruft eine Basaltnadel, die mit einem Stein angeschlagen wird. Dann besichtigten wir noch die Heiligtümer: Kronen, Prozessionskreuze und alte Bibeln – zum Schluss gab es noch Brot und äthiopischen Pfeffer, sowie eine Spende für die Mönche.
Danach besuchten wir die Insel Brigida Mariam. Dies ist ebenfalls eine Klosterinsel, d. h. für Frauen nicht zugänglich. Aber dieses Mal wollten die Mönche betrogen sein – es gab keinen Griff in den Schritt, und obwohl die Verkleidung unzulänglich war (einige Frauen waren schon am Busen als solche erkennbar), gab es keine Schwierigkeiten beim Betreten. Was den folgte war weitgehend identisch mit dem was wir schon in Mandaba erlebt hatten, und insofern tröstlich, dass auch unsere Frauen auch ein vergleichbares Erlebnis hatten, wie wir.

Nach unserer Rückkehr nach Gorgora sahen wir viel Papyrus und auch viele Boote, die aus diesem Material hergestellt werden. Sie stellen auf dem Tanasee das vorherrschende Verkehrsmittel dar.

 

Papyrus

Papyrus

 

Papyrusboot

Papyrusboot


Außerdem besuchten wir noch die Kirche Debre Sina (Berg Sinai) eine typische Rundkirche. Der First ist der Kirche ist (wie üblich) mit Straußeneiern geschmückt. Die Kirche besteht aus dem Allerheiligsten, das kein gewöhnlicher Sterblicher betreten darf, und einem Rundgang. Die Schuhe müssen ausgezogen werden, Strümpfe sind erlaubt.

 

Die Kirche Debre Sina in Gorgora

Die Kirche Debre Sina in Gorgora

 

Es werden Bilder, Prozessionskreuze und Bibeln gezeigt, die in Geez, der alten Kirchensprache geschrieben sind, und aus dem 14. Jahrhundert (1323) stammen sollen.

 



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