DISKURSVIELFALT

Interkulturelle und interdisziplinäre Kommunikation. Lateinamerika und die Vielfalt der Diskurse: Erzählliteratur und Theater. Leiter: Univ.-Prof. Dr. phil. habil. Alfonso de Toro

 

Das vorliegende von der DFG von 1997-2003 und mit Sponsorenmitteln von 2004-2005 geförderte Projekt ist mit dem Erscheinen des elften Bandes vollendet. Es handelt sich um das größte Projekt im Bereich Romanistik; in dessen Rahmen wurden vier wissenschaftliche Mitarbeiterstellen eingerichtet, aus denen vier Dissertationen zu zentralen Themen der Kultur- und Literaturwissenschaft wie Postmodernität, Postkolonialität, Gender, Gay- und Lesben-Literatur, Geschichtsphilosophie und neue historische Romane, theatrale Körper- und transmediale Strategien sowie Hybriditätskonzepte hervorgingen. Alle elf Bände, an denen über einhundert WissenschaftlerInnen, PhilosophenInnen, KulturtheoretikerInnen, Literatur- und TheaterwissenschaftlerInnen, SoziologenInnen und HistorikerInnen aus Europa, aus Nord- und Südamerika arbeiteten, stellen die Forschungsfelder auf immer neue theoretische Grundlagen. Die Arbeiten zeugen von einem hohen Theoriebewusstsein, Bewandertheit und exakten sowie profunden Kenntnissen des zu untersuchenden Korpus. Alle Arbeiten haben geradezu einen bahnbrechenden Charakter, wie z.B. Claudia Angehrns Territorium Theater. Körper, Macht, Sexualität und Begehren im dramatischen Werk von Eduardo Pavlovsky bzw. Cornelia Siebers Die Gegenwart im Plural. Postmoderne/postkoloniale Strategien in neueren Lateinamerikadiskursen, René Ceballos’ Der transversalhistorische Roman in Lateinamerika (am Beispiel von Augusto Roa Bastos, Abel Posse und Gabriel García Márquez) oder Dieter Ingenschays Theorie und Praxis der narrativen lesbischen und gay-Literatur.

Das Projekt verfolgte das Ziel, den postmodernen und postkolonialen Diskurs in seinen mannigfaltigen Ausprägungen und Ausdrucksformen in der Erzählliteratur, in Dramen und Aufführungstexten zu untersuchen. Die Textanalyse wurde sowohl in interkulturellem als auch interdisziplinären Kontext und auf der Basis einer ebenso klar umrissenen wie exemplarischen Auswahl von Ländern, Autoren und Werken durchgeführt. Das Projekt strebte innerhalb dieses abgesteckten Rahmens die Darstellung, Analyse und Interpretation des Wissens und Denkens in Lateinamerika an, und zwar auch  im Dialog mit Europa und Nordamerika sowie ausgehend von einzelnen Disziplinen wie Literaturwissenschaft, Geschichtsschreibung, Philosophie und Soziologie. Die Auswahl der kulturellen Kontexte ergibt sich aus den unterschiedlichen Diskussionszusammenhängen. Lateinamerika, Nordamerika und Europa teilen beispielsweise die Diskussion über Postmoderne sowie über 'Zentrum und Peripherie'.  Die sich in den Bereichen der Narrativik und dem Theater manifestierenden Konkretisationen entstehen in einem internationalen, d.h. intertextuellen und interkulturellen Kontext (s. Anhang). Die besondere Betrachtung des interkulturellen Dialogs soll uns in die Lage versetzen, einen erweiterten Begründungszusammenhang für die Interpretation der spezifischen Funktion der Diskurse von Postmoderne/Postkolonialität in einem länder- und kontinenteübergreifenden Kontext darzustellen und somit einen neuen Blickwinkel auf den lateinamerikanischen Bereich zu eröffnen. Ähnlichkeiten und Differenzen zwischen den Kulturen sollen ersichtlich und der eigene kulturelle Standort des lateinamerikanischen Denkens bzw. seine Charakteristika sollen aufgezeigt werden.

Aus dieser Untersuchung resultierten aufgrund ihrer Fragestellung und ihres kultur- und wissenschaftstheoretischen Kontextes kulturpolitische sowie gesellschaftspolitische und wissenschaftspolitische Ergebnisse, die zumindest Impulse vermitteln wollen, die Begegnung mit Lateinamerika neu zu definieren und daher ein neues Verhältnis, zumindest in den hier zu behandelnden Bereichen, anzustreben.

Mit diesem am Ibero-Amerikanischen Forschungsseminar angesiedelten Projekt hat die Leipziger Lateinamerikanistik in der internationalen Forschung einen bedeutenden Platz errungen; das IAFSL gehört mittlerweile zu den profiliertesten und mit Sicherheit aktivsten und innovativsten Einrichtungen in Deutschland, was Prof. Dr. Dieter Ingenschay (Humboldt –Universität Berlin) veranlasste, das IAFSL als „erste Adresse in Deutschland“ zu bezeichnen. Die Forschungsarbeit des IAFSL, die sich insbesondere um die Förderung des begabten wissenschaftlichen Nachwuchses kümmert, hat eine deutliche Wirkung auf die Gesamtbeziehungen zwischen der Alma mater lipsiensis und Lateinamerika, und zwar sowohl hinsichtlich der Wissenschaft als auch der bildungspolitischen und diplomatischen Beziehungen, wie die Besuche zahlreicher Botschafter sowie die des damaligen chilenischen Präsidenten Lagos im Jahre 2004 und der Präsidentin Bachelet im Jahre 2006 belegen.

Das IAFSL – so de Toro – hat sich von Beginn an als Team verstanden, das ein gemeinsames Ziel hat: neue Wege in der Forschung zu gehen und Exzellenz zu leisten, ein Umfeld für die Förderung eines neuen Denkens und für einen realen Beitrag zum Wissen zu schaffen. Das ist gelungen, und heute sind acht Doktoranden und drei Habilitanden am IAFSL mit Stipendien der sächsischen Graduierten-Förderung, der Studienstiftung des Deutschen Volkes bzw. der Humboldt-Stiftung tätig. Wöchentlich kommen aus dem In- und Ausland Anfragen von Interessenten nach Promotionen oder post-doc am IAFSL. Das ist das Ergebnis dieses Teamcharakters der Zusammenarbeit – so de Toro –, der der Leipziger Lateinamerikanistik ein unverwechselbares Profil verliehen hat, so dass das IAFSL auch zu einer der zentralen Beraterstellen in Deutschland und dem Ausland in allgemeinen Fragen der kultur- und literaturwissenschaftlichen Forschung und der bilateralen Beziehungen geworden ist.

 

Werke

Alfonso de Toro. (Hrsg.). (1997). Postmoder­ni­dad y postcolonialidad. Breves Reflexiones sobre la cultura latinoaméri­cana. (Theo­rie und Kritik der Kultur und Literatur, Bd. 11). Frankfurt am Main: Vervuert.

Alfonso de Toro/Fernando de Toro. (Hrsg.). (1999). El debate de la postcolonia­lidad­ en Latinoamérica. Una postmodernidad periférica o Cambio de paradigma en el pensamiento latinoamericano­. (Theorie und Kritik der Kultur und Literatur, Bd. 18). Frankfurt am Main: Vervuert.

Annegret Thiem. (2003) Repräsen­tations­formen von Subjektivität und Identität in zeitge­nössischen Texten lateinamerikanischer Autorinnen. Postmoderne und postkoloniale Strategien. (Theorie und Kritik der Kultur und Literatur, Bd. 25). Frankfurt am Main: Vervuert. (Diss.)

Sara Castro-Klaren (Hrsg.). (2003). Theory and Praxis of Narrative Women Literature in Latin America. (Theorie und Kritik der Kultur und Literatur, Bd. 24). Frankfurt am Main: Vervuert.

Alfonso de Toro (Hrsg.). (2004). Estrategias postmodernas y postcoloniales en el teatro latinoamericano actual. Hibridez – Medialidad - Cuerpo. (Theorie und Praxis des Theaters Bd. 11). Frankfurt am Main: Vervuert.

Claudia Angehrn. (2004). Territorium Theater, Körper, Macht, Sexualität und Begehren im dramatischen Werk von Eduardo Pavlovsky (Theorie und Praxis des Theaters Bd. 12). Frankfurt am Main: Vervuert. (Diss.)

Cornelia Sieber (2005). Die Gegenwart im Plural. Postmoderne/postkoloniale Strategien in neueren Lateinamerikadiskursen. (Theorie und Kritik der Kultur und Literatur, Bd. 29). Frankfurt am Main: Vervuert. (Diss.)

René Ceballos. (2005). Der transversalhistorische Roman in Lateinamerika (am Beispiel von Augusto Roa Bastos, Abel Posse und Gabriel García Márquez). (Theorie und Kritik der Kultur und Literatur, Bd. 30). Frankfurt am Main: Vervuert. (Diss.).

Toro, Alfonso, de. (Hrsg.). (2006). Cartografias y Estrategias de la ‘postmodernidad’, ‘postcolonialidad’ en Latinoamérica. ‘Hibridez’ y ‘Globalización’. (Theorie und Kritik der Kultur und Literatur, Bd. 32). Frankfurt am Main: Vervuert.

Dieter Ingenschay (Hrsg.) (2006). Desde aceras opuestas. Literatura / cultura gay y lesbiana en Latinoamérica. (Theorie und Kritik der Kultur und Literatur, Bd. 31). Frankfurt am Main: Vervuert.

Toro, Alfonso, de/Ceballos, René. (Hrsg.). (2007). Expresiones liminales en la narrativa latinoamericana del Siglo XX. Estrategias postmodernas y postcoloniales: (Theorie und Kritik der Kultur und Literatur, Bd. 38). Hildesheim, Zürich, New York: Olms.



Volver a la página de la serie TCCL...

Volver a la página inicial del CIIAL...