Die zweite Fortbildungsveranstaltung des ZV Leipzig im Jahr 2000 fand im
historischen Fröbelsaal des Rathauses von Bad Blankenburg / Thüringen,
statt. Sie war
den anwendungsorientierten Aspekten der Meteorologie und Klimatologie gewidmet,
so daß deutliches Interessa an dem Thema bestand. Die Veranstaltung
war
damit gut besucht, und es entspannen sich nach den Vorträgen jeweils
lebhafte Diskussionen. Es wurden insgesamt 8 Vorträge gehalten:
Angewandte Klimatologie von Sachsen – Methodik und ausgewählte
Ergebnisse
Günter Flemming
Die letzte Übersicht zum Klima von Sachsen stammt von GOLDSCHMIDT
(1950). Eine neue Überschau wird Ende 2000 vorliegen. Bedarf besteht
auch für einen
Klimaatlas einschließlich Klimatabellen. Folgende methodische Gesichtspunkte
wurden betont:
Teilergebnisse zur klimatischen Differenzierung innerhalb Sachsens:
Die Streichrichtung des Erzgebirges verursacht besonders räumliche Klimadifferenzierungen
bei großräumig turbulenzarmer Südostströmung und steuert
die Stau-Lee-Effekte beim Niederschlag. Die südöstlichen Winde
Ostsachsens werden vom Relief lokal stark differenziert. Kaltluftseen treten
verbreitet auf. Am niederschlagsreichsten sind der Westteil des Westerzgebirges
(Auersberggebiet) und der Westteil des Lausitzer Gebirges. Westerzgebirge
und Mittleres Erzgebirge weisen besonders im Winter höhere Temperaturen
auf als Osterzgebirge und Lausitzer Gebirge. Der Waldreichtum des Westerzgebirges
und Vogtlandes bedeutet geringere Windgeschwindigkeit in Bodennähe als
im waldarmen Osterzgebirge. Die SO2-Konzentration liegt am Erzgebirgskamm
z.T. etwas, die O3-Konzentration überall deutlich höher als im
Tiefland. Dresden ist relativ gut ventiliert, die dichtere Bebauung Leipzigs
dagegen schwächt den Wind und verstärkt den Wärmeinseleffekt.
Regionalisierung von Klimamodell-Ergebnissen mittels
des statistischen Verfahrens der Wetterlagen-Klassifikation und nachgeordneter
multipler Regressionsanalyse für Sachsen (1999-2000)
Dipl.-Met. Wilfried Küchler, Sächsisches Landesamt für Umwelt
und Geologie
Projektdurchführung: Dr. Wolfgang Enke, Institut für Meteorologie,
Freie Universität Berlin
Die globalen Klimaveränderungen werden in Deutschland vor allem zu einer auffälligen regionalen Differenzierung der Niederschlagsverteilung führen, die sich mit der Lage Deutschlands im Übergangsbereich von vorherrschend ozeanischem zu stärker kontinental geprägtem Klima und der Ausrichtung der Mittelgebirge erklären lässt. Eine wichtige Frage ist beispielsweise, ob bei der erwarteten Zunahme der Westwetterlagen im Winter auch in Sachsen eine Niederschlagszunahme -wie in Westdeutschland- zu erwarten ist. Fallstudien zeigen ein von anderen Regionen Deutschlands signifikant abweichendes Bild.
Eine regionale Klimaprognose muß sich auf globale Klimamodell-Prognosen stützen. Insofern wurden regionale Prognosen für Sachsen unter einem sogenannten 2xCO2-Szenario realisiert, das einen Zeitabschnitt bis etwa zum Jahre 2050 umfasst. Zirkulationsmuster und Strömungsverhältnisse spielen in Sachsen, insbesondere im Luv- und Lee-Bereich des Erzgebirges, eine ganz entscheidende Rolle. Vor allem aus diesem Grunde wurde aus drei praxiserprobten regionalen Klimamodellen das statistische Enke-Spekat-Modell für die Beschreibung und Prognose typisch sächsischer Witterungsverhältnisse ausgewählt. Das Modell basiert auf einer Regionalisierung der globalen Modelloutputs (ECHAM4-Szenario des DKRZ Hamburg) mit Hilfe statistischer Beziehungen (Kombination von Klassifikation und nachfolgender multipler Regression) und erlaubt die Berücksichtigung großräumiger atmosphärischer Prozesse.
Vorläufige Ergebnisse der Modellierung lassen für o.g. Szenario folgende Tendenzen für den sächsischen Raum erkennen:
Die Bedeutung des Thüringer Regionalwindes für
das Lokalklima
Prof. Dr. G. Groß, Institut für Meteorologie und Klimatologie,
Universität Hannover
Der Wind ist ein bedeutender lokaler Klimafaktor. Er transportiert u.a. Wärme und Feuchte und bestimmt somit zu einem wichtigen Teil das Lebensumfeld von Mensch, Tier und Pflanzen. Insbesondere werden vom Wind Luftbeimengungen von den Quellen weg in die Umgebung verfrachtet. Umgekehrt kann der Wind unbelastete Luft in belastete Gebiete, z.B. Städte, transportieren, was dort zu einer gewünschten Verbesserung der lufthygienischen Situation beiträgt. Insofern übernimmt der Wind eine Ausgleichsfunktion für anthropogene Luftqualitätsminderungen. Es ist daher wichtig, daß der Klimafaktor Wind nicht nur beim Immissionsschutz, sondern auch beim Naturschutz und in der Landschafts- und Raumplanung entsprechende Berücksichtigung findet.
In diesem Zusammenhang sind diejenigen Wetterlagen von besonderer Bedeutung, bei denen sich die lokalen Gegebenheiten eines Ortes aufgrund der vorhandenen Orographie und der Landnutzung ausbilden können. Während solcher autochthonen oder eigenbürtigen Wetterlagen entstehen in orographisch strukturiertem Gelände nächtliche Kaltluftabflüsse und Flurwinde, deren Bedeutung für die Reduzierung der thermischen und der lufthygienischen Belastung von Siedlungsgebieten bekannt ist.
Die lokalen meteorologischen Gegebenheiten sind eingebettet in ein
synoptisches und regionales Wettergeschehen. Bei einer autochthonen Wetterlage
sind der großräumige Luftdruckgradient und damit auch die synoptische
Strömung nur sehr schwach. Bei einer vorhandenen regionalen Orographie
(z.B. Mittelgebirge) können sich aber trotzdem kräftige regionale
Winde ausbilden, die die lokalen Windverhältnisse sehr markant beeinflussen
und daher Berücksichtigung finden
müssen.
Das Vorhandensein und das Zusammenwirken von regionalen Gebirgswinden und
lokalen Winden ist seit geraumer Zeit bekannt. So beschreibt Koch (1953) die
Regionalwinde in Thüringen. Hier bilden sich während einer autochthonen
Wetterlage nicht nur Lokalwinde aus, sondern durch die unterschiedliche Aufheizung
(tagsüber) bzw. Abkühlung (nachts) der Mittelgebirgslandschaft des
Thüringer Waldes und der flachen Landesteile bei Leipzig werden auch
regionale tagesperiodische Windsysteme hervorgerufen. Während die lokalen
Kaltluftabflüsse eine Schicht von 10-30 m erfassen und typische Windgeschwindigkeiten
von
1-2 m/s erreichen, sind die bis zu 100 km ausgreifenden Regionalwinde mit
100-500 m Mächtigkeit und Windgeschwindigkeiten von 3-5 m/s wesentlich
kräftiger
ausgebildet.
Bei Untersuchungen der lokalen Kaltluftabflüsse und der damit einhergehenden Auswirkungen werden die regionalen Windsysteme üblicherweise nicht berücksichtigt mit daraus folgenden Konsequenzen und möglicher Interpretationsdefizite.
Aufgrund vieler Vorteile werden Untersuchungen zu den Wechselwirkungen
von lokalen und regionalen Windsystemen in komplexem Gekände mit Hilfe
mesoskaliger Simulationsmodelle durchgeführt. Die Anwendbarkeit und
die Leistungsfähigkeit dieses Hilfsmittels wurde in vielfacher Weise
in der Vergangenheit
nachgewiesen (z.B. Luftreinhalteplan Weimar 1996, TLU 1998a, TLU 1998b). Die
Resultate solcher der Modelluntersuchungen demonstrieren den dominanten
Einfluß der Regionalwinde auf die lokalen Windverhältnisse während
autochthoner Wetterlagen. Insbesondere kann gezeigt werden, daß bei
dieser meteorologischen
Situation die alleinige Berücksichtigung der Lokalwinde nicht ausreicht,
um beispielsweise realistische Abschätzungen zur Durchlüftungssituation
von
Siedlungsgebieten zu erhalten. Da mesoskalige Simulationsmodelle volumenfüllende,
zeitlich hochauflösende und konsistente, d.h. zueinander passende Verteilungen
einer Vielzahl meteorologischer Größen liefern, können mit
demselben Datensatz noch weitergehende Untersuchungen durchgeführt werden.
Beispielsweise können
numerische Klimatopkartierungen vorgenommen werden, Behaglichkeitsindizes
(PMV-Werte, gefühlte Temperaturen) berechnet werden und auch das Studium
zur
Ausbreitung von Luftbeimengungen, Gerüchen und Schall ist unter Verwendung
des regionalen und des lokalen Datensatzes möglich.
Literatur
Koch, H.G., 1953: Wetterheimatkunde von Thüringen. VEB Gustav Fischer
Verlag, Jena.
Luftreinhalteplan Weimar, 1996: Teil 3, Klima Immissionskataster, Min. Landwirtsch.,
Naturschutz und Umwelt des Freistaates Thüringen, Erfurt.
TLU 1998a: Luftreinhalteplan Greiz. Simulation meteorologischer Felder für
das Gebiet Greiz und Umland. Thüringer Landesanstalt für Umwelt,
Jena.
TLU 1998b: Regionale und lokale Windsysteme in Thüringen., Schriftenreihe
der TLU Nr.36, Thüringer Landesanstalt für Umwelt, Jena.
Die Bedeutung lokaler und regionaler Windsysteme für
die Stadtplanung
Helmut Bangert
Neben den Untersuchungen zur "Wärmeinsel Stadt" spielen Aussagen zur
Belüftung und zum Luftaustausch innerhalb der Stadtmeteorologie eine
große Rolle. Die
Zusammenhänge zwischen großräumiger Zirkulation, Regionalwinden
und lokalem Luftaustausch wurden bisher gar nicht oder nur unzureichend untersucht.
Im
folgenden werden Ergebnisse aus zwei unterschiedlichen Landschaftsräumen
vorgestellt.
Im Rahmen der Stadtklimaanalyse Bayreuth wurden im Sommerhalbjahr 2000
die lokalen Windverhältnisse untersucht. Dazu wurden an fünf Standorten
automatisch
registrierende Meßstationen (konventionelle Kombigeber in Verbindung
mit Dataloggern) installiert. Die Auswahl erfolgte unter Berücksichtigung
der örtlichen
topographischen Verhältnisse. Die Reliefsituation ließ an Strahlungstagen
die Ausbildung von thermisch induzierten Windsystemen erwarten. In erster
Linie wurden
erwartungsgemäß nächtliche Bergwinde beobachtet. Die wetterlagenabhängige
Klassenbildung erfolgte zusätzlich über den Termin des Sonnenuntergangs,
um die
unterschiedlichen Tageslängen berücksichtigen zu können.
Die Messungen an der Kläranlage unterhalb der Stadt wiesen jedoch
in zahlreichen Nachtstunden einen
Flurwind auf, der sich entgegen dem Gefälle in Richtung Innenstadt aufbaute.
Es ist davon auszugehen, daß sich diese lokalen Windsysteme weitgehend
abgekoppelt
von der allgemeinen Zirkulation ausprägen. Im Rahmen von Intensivmeßkampagnen
wurden an mehreren signifikanten Stellen Rauchgasversuche durchgeführt,
um
das Zusammenwirken der einzelnen Teilströmungen zu verifizieren.
Unter Verwendung des Geographischen Informationssystemes ArcView GIS in
Kombination mit dem Spatial Analyst wurde das vom Bayerischen
Landesvermessungsamt bereitgestelltes Digitales Höhenmodell (Basis
Topographische Karte 1:25.000) wurde die Reliefsituation für das gesamte
Stadtgebiet
dargestellt und für die Klimafunktionskarte mit den Ergebnissen der
Windmessungen überlagert. Somit entstand eine thematische Karte, die
die
Strömungsverhältnisse bei sommerlichen Hochdruckwetterlagen
realistisch beschreibt.
Im Rahmen mehrerer Klimaanalysen in Ostwestfalen (u.a. Bielefeld, Paderborn,
Bad Salzuflen, Gütersloh) wurden übereinstimmend bei Strahlungswetterlagen
während der Nacht eine Häufung von südöstlichen Winden
festgestellt. Örtliche Phänomene wie Flurwinde oder Bergwinde scheiden
als Entstehungsursache aus.
Insbesondere die radial um Stadt Gütersloh durchgeführten Messungen
aus dem Sommer 2000 bestätigen dies. Vielmehr wird ein regionales Windsystem
zwischen
den südlich und östlich angrenzenden Mittelgebirgen sowie der nordwestdeutschen
Tieflandsbucht vermutet. Dies würde in seinen Dimensionen dem
Regionalwindsystem zwischen Thüringer Wald/Schiefergebirge und dem Thüringer
Becken entsprechen. Interessanterweise werden auch noch weiter nördlich
tagesperiodische Windsysteme gefunden. Ebenfalls im Sommer 2000 im südlichen
Außenbereich von Münster durchgeführte Windmessungen
ergaben ebenfalls
eine Zunahme nächtlicher Anströmungen aus Ost bis Südost. Selbst
am südlichen Stadtrand von Bremen, wo im Sommer 1999 Strömungsmessungen
stattgefunden
haben, gab es tageszeitenabhängige Strömungsverhältnisse,
die sich nicht mit lokalen Windfeldanomalien erklären lassen. Hier erhöhten
sich während der
Nachtstunden die relativen Häufigkeiten für die Sektoren zwischen
Nordnordost und Ostnordost. Ein Zusammenhang mit den im Münsterland und
in Ostwestfalen
beobachteten Phänomenen erscheint zumindest möglich.
Die Ergebnisse aus der Stadtklimaanalyse Bayreuth entsprechen weitgehend
dem heutigen "Lehrbuchwissen". Diese Informationen wurden in die
Planungsempfehlungen übernommen, die (hoffentlich) auch innerhalb der
anstehenden Novellierung des dortigen Flächennutzungsplanes Beachtung
finden.
Um die Ergebnisse der Windfeldstudien in Nordwestdeutschland für Planungszwecke
berücksichtigen zu können, bedarf es allerdings der endgültigen
Klärung der
Ursachen sowie der Intensität und Häufigkeit dieser Phänomene.
Einsatz eines GIS-basierten Fachinformationssystem
(FIS) Klima/Luft in der Umweltplanung
Peter Trute
Einleitung und Problemstellung
Im Rahmen einer effizienten Umweltplanung und nachhaltigen Stadtentwicklung
werden heute flächendeckende, aktuelle Informationen zu den Schutzgütern
Klima
und Luft benötigt. Statische Planungsgrundlagen, wie eine analoge Klimafunktionskarte,
genügen diesen Anforderungen nicht mehr vollständig. Abhilfe kann
ein
GIS-basiertes Fachinformationssystem (FIS) Klima/Luft schaffen, in dem sämtliche
für die Bearbeitung der Schutzgüter Klima und Luft relevanten Daten
und
Methoden digital vorgehalten werden und eine planungsrelevante Inwertsetzung
stattfinden kann.
Konzeption FIS Klima/Luft
Die wissenschaftliche Basis des FIS Klima/Luft bildet eine umfassende Analyse
der klima- und immissionsökologischen Funktionen und Prozesse im Planungsraum
(Th. MOSIMANN et al. 1999 und Th. MOSIMANN, T. Frey und P. Trute 1999). Sie
stellt die Grundlage für die Ausweisung von Planungsempfehlungen zu
den
Schutzgütern Klima und Luft dar. Im Vordergrund der Betrachtung stehen
dabei die landschaftsgesteuerten Strömungssystemen im Planungsraum und
der
funktionalen Zusammenhang zwischen diesen Luftaustauschprozessen und der
lufthygienischen Belastung.
Das FIS gliedert sich in die Ebenen Daten – Methoden – Ergebnisse. Die
Geodatenbasis sollte dabei durch amtliche Daten gebildet werden (ATKIS, ALK).
Diese
kann zum Beispiel durch Luftbildauswertungen ergänzt bzw. aktualisiert
werden. Außerdem beinhaltet die Datenebene die relevanten Fachdaten
(Bsp.:
Meteorologische und lufthygienische Meßwerte, Verkehrsmengen).
Auf dieser Grundlage werden die (Fach-) Informationsebenen und –schichten
des FIS Klima/Luft aufgebaut. Die dabei zur Anwendung kommenden
Modelle und
Methoden liegen in den Methodenebenen des FIS vor. Durch die Methodenintegration
können Szenaranalysen zur Modellierung der Auswirkungen von
Planungsmaßnahmen durchgeführt und eine laufende Aktualisierung
der Sachdaten vorgenommen werden.
Planungsaussagen zu den Schutzgütern Klima/Luft
Zur Optimierung der Nutzung in kommunalen Planungsprozessen wird aus den
Informationsebenen des FIS eine digitale Planungskarte zu den Schutzgütern
Klima
und Luft entwickelt. Dabei werden aus den Informationsebenen des FIS raum-
und problembezogene Planungsempfehlungen zu den Schutzgütern Klima/Luft
abgeleitet. Der digitalen Planungskarte kommt somit die entscheidende Rolle
als Mittler zwischen den klimatisch-lufthygienisch wichtigen Belangen und
den
planerischen (Raum-) Ansprüchen zu.
Die Inhalte und die Funktionalitäten des Bereichs “Planungsaussagen“
im FIS Klima/Luft kann an Hand von konkreten Beispielen aus den Städten
Magdeburg und
Detmold sowie aus dem Umlandverband Frankfurt demonstriert werden. Die wichtigsten
Inhalte der digitalen Planungskarte sind im folgenden kurz zusammengefaßt.
Fazit
Mit dem GIS-gestützten FIS Klima/Luft können Kommunen die ihnen
gestellten Aufgaben in der Umweltplanung sachgerecht und effizient lösen.
Durch die
“Übersetzung“ der komplexen Inhalte der Klimaanalyse in konkrete Planungsaussagen
und die Möglichkeit Szenarien simulieren zu können, ist das System
dazu
geeignet, die Entscheidungsfindung in der kommunalen Umweltplanung fundiert
zu unterstützen.
Abschätzung der langjährigen potentiellen
Verdunstung im Rahmen der Sanierung mitteldeutscher Braunkohletagebaue
Ralph Oestreicher
Eine wichtige Kenngröße bei der Sanierung stillgelegter Tagebaue
im mitteldeutschen Trockengebiet ist die meteorologische Wasserbilanz des
ehemaligen Tagebaues
bzw. des zukünftigen Tagebausees. Während es für den Niederschlag
in der Regel eine Reihe von verfügbaren Messungen gibt, die mehr oder
weniger repräsentativ
für das Einzugsgebiet sind, fehlen solche Beobachtungen für die
Verdunstung im allgemeinen. Zur Bestimmung der meteorologischen Wasserbilanz
ist jedoch eine
möglichst genaue Kenntnis der räumlichen Verteilung der potentiellen
bzw. aktuellen Gebietsverdunstung und ihrer langjährigen Statistik von
entscheidender
Bedeutung. Vor diesem Hintergrund werden Messungen der Verdunstung über
freien Wasserflächen, Simulationen der potentiellen und aktuellen Gebietsverdunstung
sowie ein statistischer Ansatz vorgestellt, mit dessen Hilfe die lokale Verdunstung
anhand anderer lokaler und nichtlokaler atmosphärischer Parameter geschätzt
werden kann. Die Methode wird für den in Sachsen-Anhalt bei Merseburg
geplanten künstlichen Geiseltalsee (ca. 19km² groß!) angewandt
und zielt auf die
Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Differenz von Niederschlag
und Verdunstung. Es wird gezeigt, daß in den letzten 100 Jahren für
den See
statistisch ein mittleres meteorologisches Wasserdefizit in der Größenordnung
von ca. 3,5 Mill.m³ pro Jahr existiert hätte, daß nach seiner
Fertigstellung durch die
Zuführung von Oberflächen- und Grundwasser geschlossen werden muß.
Zur räumlichen Niederschlagsverteilung in der
Region Leipzig
Ulrich Müller, Schulzeweg 12, 04347 Leipzig
Diese Untersuchungsergebnisse wurden bereits veröffentlicht in den
Wiss. Mitt. d. Inst. f. Meteor. Leipzig u. d. Inst. f. Troposph.-Forschg.
Leipzig, Bd, 12 (1999),
S. 91-97. Detaillierte Darstellungen können dieser Publikation
entnommen werden. In diesem Vortrag wurden die Niederschlagsverhältnisse
im Raum Leipzig
behandelt.
Bereits HELLMANN (1913) hat das thüringisch-sächsische Trockengebiet
im Lee des Harzes nachgewiesen, das bis in die Region Halle – Leipzig
reicht. Unter
Verwendung der vom METEOROLOGISCHEN DIENST der DDR (1987) für den Zeitraum
1951 bis 1980 herausgegebenen mittleren jährlichen
Niederschlagssummen von insgesamt 26 Stationen, die das Gebiet in West-Ost-Erstreckung
von Halle bis Machern und in Nord-Süd-Erstreckung von Bitterfeld bis
Meuselwitz umfassen, wurde eine Niederschlagsverteilung erhalten, in der
eine deutliche Zunahme der jährlichen Niederschlagssumme von Nordwesten
nach Osten
bzw. Südosten erkennbar ist: die Stadt Halle weist einen Wert von etwa
490 mm auf, während im Zentrum von Leipzig etwa 580 mm und in dem östlich
von Leipzig
liegenden Vorort Machern bereits 620 mm erreicht werden.
Für die Stadt Leipzig sind Kenntnisse über kleinräumige
Niederschlagsangaben von Interesse. MÜLLER und JUNGE (1999) haben unter
Verwendung von
jährlichen Niederschlagssummen von insgesamt 13 Standorten aus dem Zeitraum
1981 bis 1990 eine Verteilung der mittleren Jahresniederschläge für
die Stadt
Leipzig angegeben. In dieser Darstellung ist neben der bereits dargestellten
großräumigen Zunahme des Niederschlages ein Maximum im Osten von
Leipzig (Raum
Taucha) mit 620 mm erkennbar. Es stellt sich nun die Frage, inwieweit urbane
Einflüsse für diese kleinräumige Verteilung verantwortlich
gemacht werden können.
Zur Klärung dieses Sachverhaltes wurden die vorhandenen 10minütlichen
Wind- und Niederschlagsdaten der Station Leipzig-Plaußig für den
Zeitraum August 1992
bis Januar 1996 (MÜLLER, 1997) genutzt. Die allgemeine Windrose zeigt
eine sehr große Häufigkeit südwestlicher Winde. Bei Betrachtung
der
Niederschlags-Windrose, die alle Niederschlags-Ereignisse erfaßt, ergeben
sich im Vergleich zur allgemeinen Windrose - mit Ausnahme des östlichen
Bereiches -
kaum wesentliche Unterschiede. Ganz anders sehen die Verhältnisse bei
Starkniederschlägen - Intensität über 1 mm / 10 min - aus.
Diese Ereignisse sind häufig mit
Winden aus West bzw. Nordwest verbunden. Unter der Annahme, daß bei
Starkniederschlägen konvektive Vorgänge in der Atmosphäre entscheidend
sind, kann
das kleinräumige Niederschlagsmaximum im Lee von Leipzig als Folge der
städtischen Wärmeinsel angesehen werden.
Für praktische Fragen können Kenntnisse über zu erwartende
Niederschlagsintensitäten von großer Bedeutung sein. Für diese
Fragestellung wurde das umfangreiche Datenmaterial der Stationen Leipzig-Universität
und Leipzig-Probstheida aus den Jahren 8/1992 bis 6/1998 (MÜLLER, 1997;
MÜLLER, 1996-1998) spezifisch ausgewertet und eine Verteilung der Niederschlagsintensitäten
(Klassenbreite jeweils 1 mm / 10 min) erhalten. An beiden Stationen ergibt
sich ein ähnliche
Abhängigkeit zwischen Niederschlagsintensität und Häufigkeit.
Wie zu erwarten, nehmen die Ereignisse mit zunehmender Intensität ab:
Klasse 0,1 bis 1,0
mm / 10 min über 13 500 Ereignisse
Klasse 1,1 bis 2,0
mm / 10 min 177 bzw. 182 Ereignisse
Klasse 2,1 bis 3,0
mm /10 min 42 bzw. 57 Ereignisse
Klasse 3,1 bis 4,0
mm / 10 min 26 bzw. 27 Ereignisse
An der Station Leipzig-Universität wurde im Beobachtungszeitraum eine
maximale Niederschlagsintensität von 14,2 mm / 10 min festgestellt. Kritisch
muß vermerkt
werden, daß aussagekräftige Ergebnisse erst bei einer längeren
Beobachtungszeit erhalten werden können.
Literatur
HELLMANN, G. (1919): Neue Untersuchungen über die Regenverhältnisse
von Deutschland. Sitz.-Ber. Preuß. Akad. Wiss. v. 24.4.1919.
METEOROLOGISCHER DIENST der DDR (1987): Klimadaten der DDR - ein Handbuch
für die Praxis, Reihe B, Bd. 14 „Klimatologische Normalwerte
1951/80“, Potsdam.
MÜLLER, U. und Ch. Junge (1999): Ergebnisse neuerer Klimabeobachtungen
in Leipzig. Wiss. Mitt. Inst. Meteor. Leipzig u. Inst. f. Troposph.-Forschg.
Leipzig,
Bd. 12, S. 98-105.
MÜLLER, U. (1997): Beziehungen zwischen urbanen Flächennutzungsstrukturen
und klimatischen Verhältnissen am Beispiel der Stadtregion Leipzig. UFZ-Bericht
Nr. 2, Umweltforschungszentrum Leipzig - Halle GmbH.
MÜLLER, U. (1996-1998): Klimabeobachtungen am Institut für Meteorologie
der Universität Leipzig und in Leipzig-Probstheida. Unveröff. Daten.
Klassifikation von Wanderwegen durch mobile Bioklimamessungen
Klaus-Jürgen Heilemann, Gisela Völksch, Ralph Oestreicher
Im Rahmen der Klimatherapie ist die Terrainkur (das dosierte Gehen in ansteigendem
Gelände) ein wichtiges und häufig gebrauchtes aktives
Klimaexpositionsverfahren mit einem breiten Indikationsspektrum /SCHUH 1995/.
Die Kombination von körperlicher Aktivität mit der Einwirkung klimatischer
Reize ist insbesondere angezeigt bei allgemeinem Trainingsmangel, Funktionsstörungen
des Herz-Kreislaufsystems und depressiven Verstimmungen. Es sollen entlang
der Strecke die klimatischen Bedingungen möglichst exakt erfasst werden
um physische Belastungen und thermische Einwirkungen auf die Kurenden bioklimatisch
und thermophysiologisch bewerten und dosieren zu können.
Ergänzend zu den Methoden des DWD und dem von HÖPPE entwickelten
instationären Energiebilanzmodell hat die Arbeitsgruppe Angewandte Klimatologie
der
FH Erfurt eine mobile Meßeinrichtung zur Klassifizierung von Terrainwegen
entwickelt und eingesetzt. Es werden meteorologische Meßdaten (Temperatur,
Feuchte,
Strahlung, Strömungsgeschwindigkeit) und als Indikator für die
Luftqualität der Feinstaubgehalt kontinuierlich in unmittelbarer Nähe
des Untersuchungsobjektes
“Wanderer”, Streckenparameter (Höhe, Profil, Bewegungsrichtung) und
Besonderheiten des Gehverhaltens simultan gemessen. Eine Erfassung physiologischer
Parameter kann parallel erfolgen. Ein in die Meßeinrichtung integrierter
GPS-Empfänger erlaubt im Regelfall direkt die Verwaltung, Auswertung
und Darstellung der
Meßergebnisse in geographischen Informationssystemen /HEILEMANN 1999/.
Die als Klimameßrucksack bezeichnete mobile Meßeinrichtung und erste Ergebnisse von dessen Einsatz werden vorgestellt. Es wurde in der unmittelbaren Umgebung Bad Blankenburgs auf zwei Wegen mit einer Gesamtlänge von zirka 10 km (davon knapp 3,4 km Aufstieg) und einem Höhenunterschied von 235m mit dem Rucksack gemessen. Es zeigte sich hier insbesondere die Bedeutung der thermischen Verhältnisse in Abhängigkeit vom Höhenverlauf des Wanderwegs. Andere Beispiele zeigen Abhängigkeiten der gemessenen Daten und deren Variabilität von Gelände, Nutzungsformen und Wetter.
Literatur:
SCHUH A: Angewandte medizinische Klimatologie : Grundlagen und Praxis.
Stuttgart 1995
HEILEMANN KJ: Bericht zur Erprobung des Meßrucksacks im Jahr 1999.
Unveröffentlichter interner Bericht – FB Landschaftsarchitektur der
Fachhochschule Erfurt, Erfurt 1999
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letzte Änderung: 7.12..2000