Fortbildungsveranstaltung "Regionalklima" des ZV Leipzig am 14. November 2000

Die zweite Fortbildungsveranstaltung des ZV Leipzig im Jahr 2000 fand im historischen Fröbelsaal des Rathauses von Bad Blankenburg / Thüringen, statt. Sie war
den anwendungsorientierten Aspekten der Meteorologie und Klimatologie gewidmet, so daß deutliches Interessa an dem Thema bestand. Die Veranstaltung war
damit gut besucht, und es entspannen sich nach den Vorträgen jeweils lebhafte Diskussionen. Es wurden insgesamt 8 Vorträge gehalten:


Angewandte Klimatologie von Sachsen – Methodik und ausgewählte Ergebnisse
Günter Flemming

Die letzte Übersicht zum Klima von Sachsen stammt von GOLDSCHMIDT (1950). Eine neue Überschau wird Ende 2000 vorliegen. Bedarf besteht auch für einen
Klimaatlas einschließlich Klimatabellen. Folgende methodische Gesichtspunkte wurden betont:

Teilergebnisse zur Einordnung Sachsens in Deutschland:
Die Untergrenze der in Gebirgen wichtigen Wolken- bzw. Nebelzone liegt in Sachsen (650 m) höher als in Norddeutschland (500m), aber niedriger als in Süddeutschland (1000m). Der Niederschlag weist infolge von Leeeffekten geringe Werte auf. das reliefarme Erzgebirge mit seiner Tendenz zur Kaltluftseebildung (z.B. Morgenröthe-Rautenkranz, Rehefeld) ähnelt der Schwäbischen Alb. Der “Böhmische Wind “ Ostsachsens hat Parallelbeispiele auch außerhalb Sachsens. Die kleinräumige Klimavielfalt der Sächsischen Schweiz ist zumindest in Deutschland nahezu einmalig. Waldarmut und Windreichtum mancher sächsischer Gebirgsbereiche finden eine Entsprechung z.B. in der Rhön. Die SO2-Konzentration hat sich seit 1990 weitgehend an das in Deutschland vorherrschende Werteniveau angepasst, die mittlere O3-Konzentration steigt dagegen weiter an. In Zukunft droht – anders als im übrigen Deutschland – vermutlich verschärfte Trockenheit, da südwestliche Winde und folglich Föhneinflüsse des Erzgebirges zunehme (KÜCHLER, pers. Mitteilung).

Teilergebnisse zur klimatischen Differenzierung innerhalb Sachsens:
Die Streichrichtung des Erzgebirges verursacht besonders räumliche Klimadifferenzierungen bei großräumig turbulenzarmer Südostströmung und steuert die Stau-Lee-Effekte beim Niederschlag. Die südöstlichen Winde Ostsachsens werden vom Relief lokal stark differenziert. Kaltluftseen treten verbreitet auf. Am niederschlagsreichsten sind der Westteil des Westerzgebirges (Auersberggebiet) und der Westteil des Lausitzer Gebirges. Westerzgebirge und Mittleres Erzgebirge weisen besonders im Winter höhere Temperaturen auf als Osterzgebirge und Lausitzer Gebirge. Der Waldreichtum des Westerzgebirges und Vogtlandes bedeutet geringere Windgeschwindigkeit in Bodennähe als im waldarmen Osterzgebirge. Die SO2-Konzentration liegt am Erzgebirgskamm z.T. etwas, die O3-Konzentration überall deutlich höher als im Tiefland. Dresden ist relativ gut ventiliert, die dichtere Bebauung Leipzigs dagegen schwächt den Wind und verstärkt den Wärmeinseleffekt.

Regionalisierung von Klimamodell-Ergebnissen mittels des statistischen Verfahrens der Wetterlagen-Klassifikation und nachgeordneter multipler Regressionsanalyse für Sachsen (1999-2000)
Dipl.-Met. Wilfried Küchler, Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie
Projektdurchführung: Dr. Wolfgang Enke, Institut für Meteorologie, Freie Universität Berlin

Die globalen Klimaveränderungen werden in Deutschland vor allem zu einer auffälligen regionalen Differenzierung der Niederschlagsverteilung führen, die sich mit der Lage Deutschlands im Übergangsbereich von vorherrschend ozeanischem zu stärker kontinental geprägtem Klima und der Ausrichtung der Mittelgebirge erklären lässt. Eine wichtige Frage ist beispielsweise, ob bei der erwarteten Zunahme der Westwetterlagen im Winter auch in Sachsen eine Niederschlagszunahme -wie in Westdeutschland- zu erwarten ist. Fallstudien zeigen ein von anderen Regionen Deutschlands signifikant abweichendes Bild.

Eine regionale Klimaprognose muß sich auf globale Klimamodell-Prognosen stützen. Insofern wurden regionale Prognosen für Sachsen unter einem sogenannten 2xCO2-Szenario realisiert, das einen Zeitabschnitt bis etwa zum Jahre 2050 umfasst. Zirkulationsmuster und Strömungsverhältnisse spielen in Sachsen, insbesondere im Luv- und Lee-Bereich des Erzgebirges, eine ganz entscheidende Rolle. Vor allem aus diesem Grunde wurde aus drei praxiserprobten regionalen Klimamodellen das statistische Enke-Spekat-Modell für die Beschreibung und Prognose typisch sächsischer Witterungsverhältnisse ausgewählt. Das Modell basiert auf einer Regionalisierung der globalen Modelloutputs (ECHAM4-Szenario des DKRZ Hamburg) mit Hilfe statistischer Beziehungen (Kombination von Klassifikation und nachfolgender multipler Regression) und erlaubt die Berücksichtigung großräumiger atmosphärischer Prozesse.

Vorläufige Ergebnisse der Modellierung lassen für o.g. Szenario folgende Tendenzen für den sächsischen Raum erkennen:

Die voraussichtlichen Veränderungen des regionalen Klimas in Sachsen machen deutlich, dass künftig ein Integrierter Klimaschutz  mit aufeinander abgestimmten
Maßnahmen erforderlich ist, der die einschließt.
 

Die Bedeutung des Thüringer Regionalwindes für das Lokalklima
Prof. Dr. G. Groß,  Institut für Meteorologie und Klimatologie, Universität Hannover

Der Wind ist ein bedeutender lokaler Klimafaktor. Er transportiert u.a. Wärme und Feuchte und bestimmt somit zu einem wichtigen Teil das Lebensumfeld von Mensch, Tier und Pflanzen. Insbesondere werden vom Wind Luftbeimengungen von den Quellen weg in die Umgebung verfrachtet. Umgekehrt kann der Wind unbelastete Luft in belastete Gebiete, z.B. Städte, transportieren, was dort zu einer gewünschten Verbesserung der lufthygienischen Situation beiträgt. Insofern übernimmt der Wind eine Ausgleichsfunktion für anthropogene Luftqualitätsminderungen. Es ist daher wichtig, daß der Klimafaktor Wind nicht nur beim Immissionsschutz, sondern auch beim Naturschutz und in der Landschafts- und Raumplanung entsprechende Berücksichtigung findet.

In diesem Zusammenhang sind diejenigen Wetterlagen von besonderer Bedeutung, bei denen sich die lokalen Gegebenheiten eines Ortes aufgrund der vorhandenen Orographie und der Landnutzung ausbilden können. Während solcher autochthonen oder eigenbürtigen Wetterlagen entstehen in orographisch strukturiertem Gelände nächtliche Kaltluftabflüsse  und Flurwinde, deren Bedeutung für die Reduzierung der thermischen und der lufthygienischen Belastung von Siedlungsgebieten bekannt ist.

Die lokalen meteorologischen Gegebenheiten  sind eingebettet in ein synoptisches und regionales Wettergeschehen. Bei einer autochthonen Wetterlage sind der großräumige Luftdruckgradient und damit auch die synoptische Strömung nur sehr schwach. Bei einer vorhandenen regionalen Orographie (z.B. Mittelgebirge) können sich aber trotzdem kräftige regionale Winde ausbilden, die die lokalen Windverhältnisse sehr markant beeinflussen und daher Berücksichtigung finden
müssen.

Das Vorhandensein und das Zusammenwirken von regionalen Gebirgswinden und lokalen Winden ist seit geraumer Zeit bekannt. So beschreibt Koch (1953) die Regionalwinde in Thüringen. Hier bilden sich während einer autochthonen Wetterlage nicht nur Lokalwinde aus, sondern durch die unterschiedliche Aufheizung (tagsüber) bzw. Abkühlung (nachts) der Mittelgebirgslandschaft des Thüringer Waldes und der flachen Landesteile bei Leipzig werden auch regionale tagesperiodische Windsysteme hervorgerufen. Während die lokalen Kaltluftabflüsse eine Schicht von 10-30 m erfassen und typische Windgeschwindigkeiten von
1-2 m/s erreichen, sind die bis zu 100 km ausgreifenden Regionalwinde mit 100-500 m Mächtigkeit und Windgeschwindigkeiten von 3-5 m/s wesentlich kräftiger
ausgebildet.

Bei Untersuchungen der lokalen Kaltluftabflüsse und der damit einhergehenden Auswirkungen werden die regionalen Windsysteme üblicherweise nicht berücksichtigt mit daraus folgenden Konsequenzen und möglicher Interpretationsdefizite.

Aufgrund vieler Vorteile werden Untersuchungen zu den Wechselwirkungen von lokalen und regionalen Windsystemen in komplexem Gekände mit Hilfe
mesoskaliger Simulationsmodelle durchgeführt. Die Anwendbarkeit und die Leistungsfähigkeit dieses Hilfsmittels wurde in vielfacher Weise in der Vergangenheit
nachgewiesen (z.B. Luftreinhalteplan Weimar 1996, TLU 1998a, TLU 1998b). Die Resultate solcher der Modelluntersuchungen demonstrieren den dominanten
Einfluß der Regionalwinde auf die lokalen Windverhältnisse während autochthoner Wetterlagen. Insbesondere kann gezeigt werden, daß bei dieser meteorologischen
Situation die alleinige Berücksichtigung der Lokalwinde nicht ausreicht, um beispielsweise realistische Abschätzungen zur Durchlüftungssituation von
Siedlungsgebieten zu erhalten. Da mesoskalige Simulationsmodelle volumenfüllende, zeitlich hochauflösende und konsistente, d.h. zueinander passende Verteilungen
einer Vielzahl meteorologischer Größen liefern, können mit demselben Datensatz noch weitergehende Untersuchungen durchgeführt werden. Beispielsweise können
numerische Klimatopkartierungen vorgenommen werden, Behaglichkeitsindizes (PMV-Werte, gefühlte Temperaturen) berechnet werden und auch das Studium zur
Ausbreitung von Luftbeimengungen, Gerüchen und Schall ist unter Verwendung des regionalen und des lokalen Datensatzes möglich.

Literatur

Koch, H.G., 1953: Wetterheimatkunde von Thüringen. VEB Gustav Fischer Verlag, Jena.
Luftreinhalteplan Weimar, 1996: Teil 3, Klima Immissionskataster, Min. Landwirtsch., Naturschutz und Umwelt des Freistaates Thüringen, Erfurt.
TLU 1998a: Luftreinhalteplan Greiz. Simulation meteorologischer Felder für das Gebiet Greiz und Umland. Thüringer Landesanstalt für Umwelt, Jena.
TLU 1998b: Regionale und lokale Windsysteme in Thüringen., Schriftenreihe der TLU Nr.36, Thüringer Landesanstalt für Umwelt, Jena.
 

Die Bedeutung lokaler und regionaler Windsysteme für die Stadtplanung
Helmut Bangert

Neben den Untersuchungen zur "Wärmeinsel Stadt" spielen Aussagen zur Belüftung und zum Luftaustausch innerhalb der Stadtmeteorologie eine große Rolle. Die
Zusammenhänge zwi­schen großräumiger Zirkulation, Regionalwinden und lokalem Luftaustausch wurden bisher gar nicht oder nur unzureichend untersucht. Im
folgenden werden Ergebnisse aus zwei unter­schiedlichen Landschaftsräumen vorgestellt.

Im Rahmen der Stadtklimaanalyse Bayreuth wurden im Sommerhalbjahr 2000 die lokalen Windverhältnisse untersucht. Dazu wurden an fünf Standorten automatisch
registrierende Meß­stationen (konventionelle Kombigeber in Verbindung mit Dataloggern) installiert. Die Auswahl erfolgte unter Berücksichtigung der örtlichen
topographischen Verhältnisse. Die Reliefsituation ließ an Strahlungstagen die Ausbildung von thermisch induzierten Windsystemen erwarten. In erster Linie wurden
erwartungsgemäß nächtliche Bergwinde beobachtet. Die wetterlagenab­hängige Klassenbildung erfolgte zusätzlich über den Termin des Sonnenuntergangs, um die
unterschiedlichen Tages­längen berücksichtigen zu können. Die Messungen an der Kläranlage unterhalb der Stadt wie­sen jedoch in zahlreichen Nachtstunden einen
Flurwind auf, der sich entgegen dem Gefälle in Richtung Innenstadt aufbaute. Es ist davon auszugehen, daß sich diese lokalen Windsysteme weitgehend abgekoppelt
von der allgemeinen Zirkulation ausprägen. Im Rahmen von Intensiv­meßkampagnen wurden an mehreren signifikanten Stellen Rauchgasversuche durchgeführt, um
das Zusammenwirken der einzelnen Teilströmungen zu verifizieren.

Unter Verwendung des Geographischen Informationssystemes ArcView GIS in Kombination mit dem Spatial Analyst wurde das vom Bayerischen
Landesvermessungsamt bereitgestelltes Di­gitales Höhenmodell (Basis Topographische Karte 1:25.000) wurde die Reliefsituation für das gesamte Stadtgebiet
dargestellt und für die Klimafunktionskarte mit den Ergebnissen der Windmessungen überlagert. Somit entstand eine thematische Karte, die die
Strömungsverhält­nisse bei sommerlichen Hochdruckwetterlagen realistisch beschreibt.

Im Rahmen mehrerer Klimaanalysen in Ostwestfalen (u.a. Bielefeld, Paderborn, Bad Salzuflen, Gütersloh) wurden übereinstimmend bei Strahlungswetterlagen
während der Nacht eine Häu­fung von südöstlichen Winden festgestellt. Örtliche Phänomene wie Flurwinde oder Bergwinde scheiden als Entstehungsursache aus.
Insbesondere die radial um Stadt Gütersloh durchge­führten Messungen aus dem Sommer 2000 bestätigen dies. Vielmehr wird ein regionales Wind­system zwischen
den südlich und östlich angrenzenden Mittelgebirgen sowie der nordwest­deutschen Tieflandsbucht vermutet. Dies würde in seinen Dimensionen dem
Regionalwindsystem zwischen Thüringer Wald/Schiefergebirge und dem Thüringer Becken entsprechen. Interessanterweise werden auch noch weiter nördlich
tagesperiodische Windsysteme gefunden. Ebenfalls im Sommer 2000 im südlichen Außenbereich von Münster durchgeführte Windmes­sungen ergaben ebenfalls
eine Zunahme nächtlicher Anströmungen aus Ost bis Südost. Selbst am südlichen Stadtrand von Bremen, wo im Sommer 1999 Strömungsmessungen stattgefun­den
haben, gab es tageszeitenabhängige Strömungs­verhältnisse, die sich nicht mit lokalen Windfeldanomalien erklären lassen. Hier erhöhten sich während der
Nachtstunden die relativen Häufigkeiten für die Sektoren zwischen Nordnordost und Ostnordost. Ein Zusammenhang mit den im Münsterland und in Ostwestfalen
beobachteten Phänomenen erscheint zumindest möglich.

Die Ergebnisse aus der Stadtklimaanalyse Bayreuth entsprechen weitgehend dem heutigen "Lehrbuchwissen". Diese Informationen wurden in die
Planungsempfehlungen übernommen, die (hoffentlich) auch innerhalb der anstehenden Novellierung des dortigen Flächennutzungsplanes Beachtung finden.
Um die Ergebnisse der Windfeldstudien in Nordwestdeutschland für Planungszwecke berück­sichtigen zu können, bedarf es allerdings der endgültigen Klärung der
Ursachen sowie der In­tensität und Häufigkeit dieser Phänomene.
 

Einsatz eines GIS-basierten Fachinformationssystem (FIS) Klima/Luft in der Umweltplanung
Peter Trute

Einleitung und Problemstellung

Im Rahmen einer effizienten Umweltplanung und nachhaltigen Stadtentwicklung werden heute flächendeckende, aktuelle Informationen zu den Schutzgütern Klima
und Luft benötigt. Statische Planungsgrundlagen, wie eine analoge Klimafunktionskarte, genügen diesen Anforderungen nicht mehr vollständig. Abhilfe kann ein
GIS-basiertes Fachinformationssystem (FIS) Klima/Luft schaffen, in dem sämtliche für die Bearbeitung der Schutzgüter Klima und Luft relevanten Daten und
Methoden digital vorgehalten werden und eine planungsrelevante Inwertsetzung stattfinden kann.

Konzeption FIS Klima/Luft

Die wissenschaftliche Basis des FIS Klima/Luft bildet eine umfassende Analyse der klima- und immissionsökologischen Funktionen und Prozesse im Planungsraum
(Th. MOSIMANN et al. 1999 und Th. MOSIMANN, T. Frey und P. Trute 1999). Sie stellt die Grundlage für die Ausweisung von Planungsempfehlungen zu den
Schutzgütern Klima und Luft dar. Im Vordergrund der Betrachtung stehen dabei die landschaftsgesteuerten Strömungssystemen im Planungsraum und der
funktionalen Zusammenhang zwischen diesen Luftaustauschprozessen und der lufthygienischen Belastung.

Das FIS gliedert sich in die Ebenen Daten – Methoden – Ergebnisse. Die Geodatenbasis sollte dabei durch amtliche Daten gebildet werden (ATKIS, ALK). Diese
kann zum Beispiel durch Luftbildauswertungen ergänzt bzw. aktualisiert werden. Außerdem beinhaltet die Datenebene die relevanten Fachdaten (Bsp.:
Meteorologische und lufthygienische Meßwerte, Verkehrsmengen).

Auf dieser Grundlage werden die (Fach-) Informationsebenen und –schichten des FIS Klima/Luft aufge­baut. Die dabei zur Anwendung kom­menden Modelle und
Methoden liegen in den Methodenebenen des FIS vor. Durch die Methodeninte­gration können Szenaranalysen zur Modellierung der Auswirkungen von
Planungsmaßnahmen durchgeführt und eine laufende Aktuali­sierung der Sachdaten vorgenommen werden.

Planungsaussagen zu den Schutzgütern Klima/Luft

Zur Optimierung der Nutzung in kommunalen Planungsprozessen wird aus den Informationsebenen des FIS eine digitale Planungskarte zu den Schutzgütern Klima
und Luft entwickelt. Dabei werden aus den Informationsebenen des FIS raum- und problembezogene Planungsempfehlungen zu den Schutzgütern Klima/Luft
abgeleitet. Der digitalen Planungskarte kommt somit die entscheidende Rolle als Mittler zwischen den klimatisch-lufthygienisch wichtigen Belangen und den
planerischen (Raum-) Ansprüchen zu.

Die Inhalte und die Funktionalitäten des Bereichs “Planungsaussagen“ im FIS Klima/Luft kann an Hand von konkreten Beispielen aus den Städten Magdeburg und
Detmold sowie aus dem Umlandverband Frankfurt demonstriert werden. Die wichtigsten Inhalte der digitalen Planungskarte sind im folgenden kurz zusammengefaßt.

Die Inhalte und die Funktionalitäten des FIS Klima/Luft sollen an Hand von konkreten Beispielen aus den Städten Magdeburg und Detmold sowie dem
Umlandverband Frankfurt dargestellt werden.

Fazit

Mit dem GIS-gestützten FIS Klima/Luft können Kommunen die ihnen gestellten Aufgaben in der Umweltplanung sachgerecht und effizient lösen. Durch die
“Übersetzung“ der komplexen Inhalte der Klimaanalyse in konkrete Planungsaussagen und die Möglichkeit Szenarien simulieren zu können, ist das System dazu
geeignet, die Entscheidungsfindung in der kommunalen Umweltplanung fundiert zu unterstützen.
 

Abschätzung der langjährigen potentiellen Verdunstung im Rahmen der Sanierung mitteldeutscher Braunkohletagebaue
Ralph Oestreicher

Eine wichtige Kenngröße bei der Sanierung stillgelegter Tagebaue im mitteldeutschen Trockengebiet ist die meteorologische Wasserbilanz des ehemaligen Tagebaues
bzw. des zukünftigen Tagebausees. Während es für den Niederschlag in der Regel eine Reihe von verfügbaren Messungen gibt, die mehr oder weniger repräsentativ
für das Einzugsgebiet sind, fehlen solche Beobachtungen für die Verdunstung im allgemeinen. Zur Bestimmung der meteorologischen Wasserbilanz ist jedoch eine
möglichst genaue Kenntnis der räumlichen Verteilung der potentiellen bzw. aktuellen Gebietsverdunstung und ihrer langjährigen Statistik von entscheidender
Bedeutung. Vor diesem Hintergrund werden Messungen der Verdunstung über freien Wasserflächen, Simulationen der potentiellen und aktuellen Gebietsverdunstung
sowie ein statistischer Ansatz vorgestellt, mit dessen Hilfe die lokale Verdunstung anhand anderer lokaler und nichtlokaler atmosphärischer Parameter geschätzt
werden kann. Die Methode wird für den in Sachsen-Anhalt bei Merseburg geplanten künstlichen Geiseltalsee (ca. 19km² groß!) angewandt und zielt auf die
Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Differenz von Niederschlag und Verdunstung. Es wird gezeigt, daß in den letzten 100 Jahren für den See
statistisch ein mittleres meteorologisches Wasserdefizit in der Größenordnung von ca. 3,5 Mill.m³ pro Jahr existiert hätte, daß nach seiner Fertigstellung durch die
Zuführung von Oberflächen- und Grundwasser geschlossen werden muß.
 

Zur räumlichen Niederschlagsverteilung in der Region Leipzig
Ulrich Müller, Schulzeweg 12, 04347 Leipzig

Diese Untersuchungsergebnisse wurden bereits veröffentlicht in den Wiss. Mitt. d. Inst. f. Meteor. Leipzig u. d. Inst. f. Troposph.-Forschg. Leipzig, Bd, 12 (1999),
S. 91-97. Detaillierte Darstellungen können dieser Publikation  entnommen werden. In diesem Vortrag wurden die Niederschlagsverhältnisse im Raum Leipzig
behandelt.

Bereits HELLMANN (1913) hat das thüringisch-sächsische Trockengebiet im Lee des Harzes  nachgewiesen, das bis in die Region Halle – Leipzig reicht. Unter
Verwendung der vom METEOROLOGISCHEN DIENST der DDR (1987) für den Zeitraum 1951 bis 1980 herausgegebenen mittleren jährlichen
Niederschlagssummen von insgesamt 26 Stationen, die das Gebiet in West-Ost-Erstreckung von Halle bis Machern und in Nord-Süd-Erstreckung von Bitterfeld bis
Meuselwitz umfassen, wurde eine Niederschlagsverteilung erhalten, in der eine deutliche Zunahme der jährlichen Niederschlagssumme von Nordwesten nach Osten
bzw. Südosten erkennbar ist: die Stadt Halle weist einen Wert von etwa 490 mm auf, während im Zentrum von Leipzig etwa 580 mm und in dem östlich von Leipzig
liegenden Vorort Machern bereits 620 mm erreicht werden.

Für die Stadt Leipzig sind Kenntnisse über kleinräumige Niederschlagsangaben von Interesse. MÜLLER und JUNGE (1999) haben unter Verwendung von
jährlichen Niederschlagssummen von insgesamt 13 Standorten aus dem Zeitraum 1981 bis 1990 eine Verteilung der mittleren Jahresniederschläge für die Stadt
Leipzig angegeben. In dieser Darstellung ist neben der bereits dargestellten großräumigen Zunahme des Niederschlages ein Maximum im Osten von Leipzig (Raum
Taucha) mit 620 mm erkennbar. Es stellt sich nun die Frage, inwieweit urbane Einflüsse für diese kleinräumige Verteilung verantwortlich gemacht werden können.

Zur Klärung dieses Sachverhaltes wurden die vorhandenen 10minütlichen Wind- und Niederschlagsdaten der Station Leipzig-Plaußig für den Zeitraum August 1992
bis Januar 1996 (MÜLLER, 1997) genutzt. Die allgemeine Windrose zeigt eine sehr große Häufigkeit südwestlicher Winde. Bei Betrachtung der
Niederschlags-Windrose, die alle Niederschlags-Ereignisse erfaßt, ergeben sich im Vergleich zur allgemeinen Windrose - mit Ausnahme des östlichen Bereiches -
kaum wesentliche Unterschiede. Ganz anders sehen die Verhältnisse bei Starkniederschlägen - Intensität über 1 mm / 10 min - aus. Diese Ereignisse sind häufig mit
Winden aus West bzw. Nordwest verbunden. Unter der Annahme, daß bei Starkniederschlägen konvektive Vorgänge in der Atmosphäre entscheidend sind, kann
das kleinräumige Niederschlagsmaximum im Lee von Leipzig als Folge der städtischen Wärmeinsel angesehen werden.

Für praktische Fragen können Kenntnisse über zu erwartende Niederschlagsintensitäten von großer Bedeutung sein. Für diese Fragestellung wurde das umfangreiche Datenmaterial der Stationen Leipzig-Universität und Leipzig-Probstheida aus den Jahren 8/1992 bis 6/1998 (MÜLLER, 1997; MÜLLER, 1996-1998) spezifisch ausgewertet und eine Verteilung der Niederschlagsintensitäten (Klassenbreite jeweils 1 mm / 10 min) erhalten. An beiden Stationen ergibt sich ein ähnliche
Abhängigkeit zwischen Niederschlagsintensität und Häufigkeit. Wie zu erwarten, nehmen die Ereignisse mit zunehmender Intensität ab:

          Klasse 0,1 bis 1,0 mm / 10 min        über 13 500 Ereignisse
          Klasse 1,1 bis 2,0 mm / 10 min        177 bzw. 182 Ereignisse
          Klasse 2,1 bis 3,0 mm /10 min         42 bzw. 57 Ereignisse
          Klasse 3,1 bis 4,0 mm / 10 min        26 bzw. 27 Ereignisse

An der Station Leipzig-Universität wurde im Beobachtungszeitraum eine maximale Niederschlagsintensität von 14,2 mm / 10 min festgestellt. Kritisch muß vermerkt
werden, daß aussagekräftige Ergebnisse erst bei einer längeren Beobachtungszeit erhalten werden können.

Literatur

HELLMANN, G. (1919): Neue Untersuchungen über die Regenverhältnisse von Deutschland. Sitz.-Ber. Preuß. Akad. Wiss. v. 24.4.1919.
METEOROLOGISCHER DIENST der DDR (1987): Klimadaten  der DDR - ein Handbuch für die Praxis, Reihe B, Bd. 14 „Klimatologische Normalwerte
   1951/80“, Potsdam.
MÜLLER, U. und Ch. Junge (1999): Ergebnisse neuerer Klimabeobachtungen in Leipzig. Wiss. Mitt. Inst. Meteor. Leipzig u. Inst. f. Troposph.-Forschg. Leipzig,
   Bd. 12, S. 98-105.
MÜLLER, U. (1997): Beziehungen zwischen urbanen Flächennutzungsstrukturen und klimatischen Verhältnissen am Beispiel der Stadtregion Leipzig. UFZ-Bericht
   Nr. 2, Umweltforschungszentrum Leipzig - Halle GmbH.
MÜLLER, U. (1996-1998): Klimabeobachtungen am Institut für Meteorologie der Universität Leipzig und in Leipzig-Probstheida. Unveröff. Daten.
 

Klassifikation von Wanderwegen durch mobile Bioklimamessungen
Klaus-Jürgen Heilemann, Gisela Völksch, Ralph Oestreicher

Im Rahmen der Klimatherapie ist die Terrainkur (das dosierte Gehen in ansteigendem Gelände) ein wichtiges und häufig gebrauchtes aktives
Klimaexpositionsverfahren mit einem breiten Indikationsspektrum /SCHUH 1995/. Die Kombination von körperlicher Aktivität mit der Einwirkung klimatischer
Reize ist insbesondere angezeigt bei allgemeinem Trainingsmangel, Funktionsstörungen des Herz-Kreislaufsystems und depressiven Verstimmungen. Es sollen entlang
der Strecke die klimatischen Bedingungen möglichst exakt erfasst werden um physische Belastungen und thermische Einwirkungen auf die Kurenden bioklimatisch
und thermophysiologisch bewerten und dosieren zu können.

Ergänzend zu den Methoden des DWD und dem von HÖPPE entwickelten instationären Energiebilanzmodell hat die Arbeitsgruppe Angewandte Klimatologie der
FH Erfurt eine mobile Meßeinrichtung zur Klassifizierung von Terrainwegen entwickelt und eingesetzt. Es werden meteorologische Meßdaten (Temperatur, Feuchte,
Strahlung, Strömungsgeschwindigkeit) und als Indikator für die Luftqualität der Feinstaubgehalt kontinuierlich in unmittelbarer Nähe des Untersuchungsobjektes
“Wanderer”, Streckenparameter (Höhe, Profil, Bewegungsrichtung) und Besonderheiten des Gehverhaltens simultan gemessen. Eine Erfassung physiologischer
Parameter kann parallel erfolgen. Ein in die Meßeinrichtung integrierter GPS-Empfänger erlaubt im Regelfall direkt die Verwaltung, Auswertung und Darstellung der
Meßergebnisse in geographischen Informationssystemen /HEILEMANN 1999/.

Die als Klimameßrucksack bezeichnete mobile Meßeinrichtung und erste Ergebnisse von dessen Einsatz werden vorgestellt. Es wurde in der unmittelbaren Umgebung Bad Blankenburgs auf zwei Wegen mit einer Gesamtlänge von zirka 10 km (davon knapp 3,4 km Aufstieg) und einem Höhenunterschied von 235m mit dem Rucksack gemessen. Es zeigte sich hier insbesondere die Bedeutung der thermischen Verhältnisse in Abhängigkeit vom Höhenverlauf des Wanderwegs. Andere Beispiele zeigen Abhängigkeiten der gemessenen Daten und deren Variabilität  von Gelände, Nutzungsformen und Wetter.

Literatur:

SCHUH A: Angewandte medizinische Klimatologie : Grundlagen und Praxis. Stuttgart 1995
HEILEMANN KJ: Bericht zur Erprobung des Meßrucksacks im Jahr 1999. Unveröffentlichter interner Bericht – FB Landschaftsarchitektur der Fachhochschule Erfurt, Erfurt 1999
 
 
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letzte Änderung: 7.12..2000