Rudolf Boehm (1844-1926)

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Zielstellung
Geschichte des Instituts

Rudolf Boehm wurde am 19.05.1844 in Nördlingen, Bayern, geboren. Er studierte in München, Würzburg und Leipzig Medizin und promovierte 1867 in Leipzig mit 23 Jahren zum Doktor der Medizin. Zuerst arbeitete er am Physiologischen Institut in Leipzig bei Carl Ludwig. In Leipzig hatte er auch Oswald Schmiedeberg (bereits Professor in Dorpat, Estland) kennen gelernt, der 1871 als Gastwissenschaftler ebenfalls zu Carl Ludwig kam, um die "Meisterschaft des physiologischen Experimentierens" zu erwerben. Beide Wissenschaftler verbanden seitdem aufrichtige Wertschätzung und Freundschaft. Nach einigen Monaten wurde die Arbeit auf Grund des Französischen-Preußischen Krieges (1870-71) unterbrochen, in dem Boehm als Arzt im bayrischen Bataillon diente. Nach dem Krieg habilitierte er sich in Physiologie in Würzburg (1871) und erhielt dort am Physiologischen Institut bei A. Fick eine Assistentenstelle.

Im Jahr 1872 wurde Schmiedeberg nach Straßburg berufen und empfahl Boehm als seinen Nachfolger. 1872 übernahm Boehm den Lehrstuhl für Pharmakologie, Diätetik und Geschichte der Medizin an der "Academia Gustaviana" in Dorpat, Estland, wo er bis 1881 arbeitete. In Boehms Dorpater Zeit entstanden mehrere Studien, die  verschiedenste Gebiete der experimentellen Pharmakologie und Toxikologie berührten.

1881 übernahm Boehm die Professur für  "Pharmakologie" an der Universität Marburg. In diese Zeit fallen auch Vorarbeiten zu seinen späteren grundlegenden Monographien über Curare. Zum allgemeinen Bedauern verließ Boehm, dessen "liebenswürdige, gütige und selbstlose Persönlichkeit" von allen geschätzt wurde, schon 1884 Marburg wieder, um einem Ruf nach Leipzig zu folgen.

Nach Boehms Berufung auf den Leipziger Lehrstuhl erbaute man hier von 1886 bis 1888 nach seinen Vorgaben das damals größte und zweckmäßigste pharmakologische Institut Deutschlands. Bis 1921 bearbeitete er in Leipzig vielfältige wissenschaftliche Fragestellungen. Ihn interessierten die Wirkungen von Nerven-, Herz- und Muskelgiften; er beschäftigte sich mit dem Kohlenhydratstoffwechsel, Bandwurmmitteln und vor allem mit den südamerikanischen Pfeilgiften wie Curare. Dabei betreute und unterstützte er zahlreiche Mitarbeiter, Doktoranden sowie ausländische Gäste. Seine fachliche Kompetenz und Persönlichkeit bewirkte, dass zahlreiche Doktoranden, Mitarbeiter und Gäste aus dem In- und Ausland in sein Institut kamen, wie aus den USA, Großbritannien, Schweden, Russland und Japan. Auch der "Vater der amerikanischen Pharmakologie", John Jakob Abel, zählte 1884 bis 1886 zu den Hörern von Boehm. Boehms nationaler und internationaler Ruf zeigte sich auch darin, dass bereits in der "ersten Generation" fünf seiner Schüler auf angesehene Lehrstühle berufen wurden (Arthur Heffter, Walther Straub, Oskar Gros, Fritz Külz, Josef Schüller). In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gingen etwa zwei Drittel aller Direktoren pharmakologischer Institute und Leiter pharmakologischer Einrichtungen im deutschsprachigen Raum entweder aus der Straßburger Schule von Oswald Schmiedeberg oder aus der Schule Rudolf Boehms in Leipzig hervor.

Rudolf Boehm war jedoch nicht nur ein ausgezeichneter Experimentator und begnadeter Hochschullehrer, sondern auch ein außerordentlich liebenswürdiger Mensch, wie seine Mitarbeiter immer wieder bezeugten. Sein Schüler, Josef Schüller, hat Boehm folgendermaßen charakterisiert: "Lauterkeit und vornehme Gesinnung, gepaart mit wohlwollendem Verstehen, war sein ganzes Wesen". Er starb am 19.8.1926 in Bad Kohlgrub, Niederbayern.


Rudolph Boehm

Rudolf Boehm





Oswald Schmiedeberg und Rudolf-Boehm (r.)