Apparateausstellung nach dem Katalog der Firma E. Zimmermann

Text, Auswahl, 3D-Modelle: Maximilian Wontorra

   
 

Es war nicht leicht, aus dem Sortiment der Fa. E. Zimmermann, das immerhin einige tausend Artikel umfaßt, eine Auswahl zu treffen, die dem Repräsentativitätskriterium für ein experimentalpsychologisches Labor von Wundts Institutsgründung bis drei, vier Dekaden später genügt. In die Auswahl fielen die Apparate, die in Wundts Grundzügen der Physiologischen Psychologie und in den einschlägigen Artikeln aus den Philosophischen Studien genannt, teilweise recht detailliert beschrieben und somit von Wundt und seinen Mitarbeitern als erwähnenswert erachtet wurden. Aufnahme fanden auch Geräte, die - bei aller Subjektivität solcher Urteile - in Konzeption und Ausführung ästhetisch bestechen.

 

Nicht weniger schwierig war es, die Apparate zu Abteilungen zu gruppieren. Zu der nachfolgenden Klassifikation gibt es bestimmt einige Konkurrenten, die ähnlich plausibel sind wie die gewählte. Aber nachdem ohne die Gefahr eines wenigstens zeitweiligen Orientierungsverlusts beim Ausstellungsbesucher auf eine Klassifikation nicht gänzlich verzichtet werden kann, sind die Apparate, gewissermaßen der Chronologie der Versuchssitzung folgend, in die Klassen tachistoskopische Stimulusdarbietung, Stimulusdarbietung im weiteren, Reaktionsaufnahme, Datenaufzeichnung, Schreibgeräte der Datenaufzeichnung, Zeitmessung, Versuchssteuerung und frühe versuchsrelevante Elektrotechnik sowie schließlich Demonstrationsapparate gruppiert.

Falltachistoskop nach Wundt

Tachistoskopie. Tachistoskope waren Apparate, die die Exposition eines visuellen Stimulus für eine hinlänglich exakt festlegbare Zeit ermöglichten. James McKeen Cattell, einer der ersten Assistenten Wundts am neu gegründeten Institut, untersuchte mit tachistoskopischen Mitteln u.a. die Fragen nach der Reaktionzeit auf einen visuellen Reiz, die benötigte Unterscheidungszeit, nach der ein Standard- von einem Vergleichsreiz mit hoher Treffsicherheit unterschieden werden kann, etc. Tachistoskope funktionierten prinzipiell so, daß der visuelle Stimulus für die festgelegte Zeit im Fenster einer vor diesem Stimulus bewegten Blende sichtbar wurde. Bei einer größeren Klasse von Tachistoskopen rotierte diese Blende, bei einer anderen - den Falltachistoskopen - wurde diese Blende translatorisch am Stimulusträger vorbeigeführt. Hier geht es zu den Exponaten ...

Hörschärfeprüfer nach Zoth

Weitere Apparate zur Stimulusexposition. Diese Abteilung faßt eine heterogene Menge von Apparaten zusammen, mittels derer Wundt und seine Kollegen weitere experimentell kontrollierte Reize auf die diversen Sinneskanäle applizierten. Die Geräte reichen auf der visuellen Sinnesmodalität von Mnemometern, die ihrem Namen entsprechend in Gedächtnisexperimenten zum Einsatz kamen, über Perimeter, die der Metrisierung des Gesichtsfelds dienten, hin zu Apparaten für die Photometrie, wie der Hefnerlampe. Die Geräte für die auditive Stimulation spannen einen Bogen vom simplen elektromagnetischen Schallhammer hin zu doch sehr komplexen Konstruktionen wie Wundts Rhythmusapparat. Mittels sog. Ästhesiometer wurden taktile Schwellen bestimmt und u.a. festgestellt, wo unsere Grenzen der räumlichen Auflösung für Druckreize liegen. Das Algometer diente zur Bestimmung der Schwelle, ab wann ein Druckreiz als schmerzhaft wahrgenommen wird. Hier geht es zu den Exponaten ...

Schallschlüssel

Reaktionsaufnehmer. Als Apparate zur Aufnahme der Probandenreaktion kamen in Wundts Experimenten und denen seiner Mitarbeiter simple Reaktionstaster nach dem Vorbild der Telegraphentaster ebenso zum Einsatz wie Zehn-Finger-Taster zur Abgabe entscheidungsbedingter multipler Reaktionen. Verbale Reaktionen wurden mit einem Apparat, dem sog. Schallschlüssel, registriert, der einem Mikrophon der ersten Generation bereits sehr nahe kam. In sog. Ausdrucksversuchen, die sich vornehmlich mit Gefühlsverläufen befaßten, wurden physiologische Kenngrößen wie der radiale Puls mittels Sphygmographen, die thorakale und/oder abdominale Atmung hinsichtlich Frequenz und Amplitude mittels Pneumographen, die Vasomotorik der Extremitäten mittels Plethysmographen nach dem Verdrängungsprinzip aufgenommen. Etwas exotisch wirkt heute der Lippenschlüssel, der von dem Probanden seine Reaktion durch Stromschluß bzw. -öffnung via Lippenbewegungen verlangte. Hier geht es zu den Exponaten ...

Kymographion

Kymographie. Ein Kymographion war zu Wundts Zeiten das, was man heute einen Polygraphen nennt, d.h., es war ein Apparat zur Aufzeichnung prinzipiell beliebig vieler Datenkanäle. Hierzu wurde eine mit Papier bespannte Trommel mit konstanter Winkelgeschwindigkeit gedreht, und auf diesen Papierstreifen schrieb(en) ein oder mehrere Schreibgerät(e) den oder die für die jeweilige Untersuchung relevanten Parameter als Zeitreihe(n). Entweder wurde in den zuvor berußten Papierstreifen mit einer scharfen Nadel eine weiße Spur geritzt, oder es wurde mit sog. Ludwigschen Pfeifchen eine Tintenspur appliziert. In späteren Jahren wurde mittels eines Linsensystems gebündeltes Licht auf die in einem lichtdicht abgeschlossenen Raum rotierende, mit einem Filmstreifen bespannte Trommel geschrieben. Die Ansteuerung der Schreibgeräte geschah entweder elektromagnetisch oder mittels sog. Tamboure nach pneumatischen Mechanismen. Auch eine Tendenz zur Miniaturisierung war bereits beobachtbar: zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts standen auch schon Reiseregistrierapparate zur Verfügung. Hier geht es zu den Exponaten ...

Mareyscher Tambour

Kymographische Schreibgeräte. Längere Zeit war das Schreiben auf zuvor berußte Papierstreifen die gängige Methode der Datenaufzeichnung. Später wurde mit Tinte oder mit fokussiertem Licht auf photosensitive Medien geschrieben. Bei elektrisch angesteuerten Schreibgeräten wurde ein Strom über die Spule eines Elektromagneten geschickt, und dieser lenkte mittels einer Hebelübersetzung den Schreibkopf entsprechend aus. Bei pneumatischer Ansteuerung wurden die als Probandenreaktionen mittels entsprechender Apparate aufgenommenen Luftdruckschwankungen in eine hermetisch abgeschlosssene, mit einer Membran bespannte Kammer, den sog. Tambour, übertragen und die druckschwankungsbedingten Auslenkungen der Membran wurden wiederum durch einen Hebel auf einen Schreibkopf übersetzt. Um die zur Frage stehenden Datenkanäle zeitlich exakt auflösen zu können, mußte eine hinlänglich exakte Zeitbasis geschrieben werden. Dies erreichte man dadurch, daß man eine auf in der Regel 100 Hz gestimmte Stimmgabel mit einem Elektromagneten in deren Eigenfrequenz anregte und diese Schwingung als Zeitbasis auf das Medium schrieb. Die Ereignisse auf den Datenkanälen mußten dann über die vollendeten Schwingungszyklen auf dem Zeitbasiskanal gelesen werden. Hier geht es zu den Exponaten ...

Chronoskop

Chronoskopie. Chronoskope dienten Wundt und seinen Mitarbeitern als für die Zeit hochpräzise Instrumente zur Messung der Reizexpositions- und der Reaktionszeit in den seit S. Exner sog. Reaktionsversuchen. Mit diesen Geräten war die Zeitmessung mit einer Präzision von bis zu 10-3 sec. möglich. Chronoskope waren durch schwere Gewichte getriebene Uhrwerke, die durch einen elektromagnetischen Mechanismus gestartet und wieder angehalten werden konnten. Typischerweise hatte der Proband in solchen Versuchen zunächst eine Telegraphentaste niedergedrückt und damit einen Haltestrom über das Chronoskop geschlossen zu halten. Zum Zeitpunkt der Reizpräsentation wurde dieser Stromkreis unterbrochen, das Chronoskop begann zu laufen. Mit Eintritt der Probandenreaktion in Form des Loslassens der Taste wurde der Stromkreis wieder geschlossen und das Chronoskop mit der verstrichenen Reaktionszeit angehalten. Aber die ersten Chronoskope hatten Zuverlässigkeitsprobleme, so daß mit Kontrollgeräten - wie dem Kontrollhammer - immer wieder eine Nachjustierung des Apparats vorgenommen werden mußte. Hier geht es zu den Exponaten ...

Drehzeigerinstrument

Apparate zur Versuchssteuerung, elektrische Bausteine, elektrische Meßgeräte und Energiequellen. Chronoskope, Tachistoskope, Fallapparate, Schallhämmer und dergleichen wurden mit elektrischem Strom betrieben und ggf. auch angesteuert. Um bspw. von den frühen Chronoskopversionen hinreichend verläßliche Werte geliefert zu bekommen, mußte die Steuerstromstärke in bestimmten Grenzen gehalten werden. Also waren Widerstände, damals Rheostaten genannt, nötig. Um die Chronoskopmagneten gegen Dauermagnetisierung zu schützen, mußte die Gleichstromrichtung turnusmäßig geändert werden, was mit der sog. Pohlschen Wippe bewerkstelligt wurde. Um die komplexer werdenden Schaltungen noch beherrschbar zu halten, war bald ein erweitertes Arsenal an elektrotechnischen Meßgeräten wie Ampere-, Volt- oder Ohmmeter nötig. Für die Generierung komplizierterer Reizserien wurden sog. Kontaktapparate bzw. -uhren verwandt, die durch Stromschluß und -öffnung diverse Reizquellen auslösten. Hier geht es zu den Exponaten ...

Ophthalmotrop

Demonstrationsapparate. In dieser Abteilung sind Apparate im engeren und weiteren Sinn zusammengefaßt, die die Lehre unterstützten und die die Darstellung einiger wichtiger Phänomene ermöglichten. Ophthalmotropen demonstrierten anhand eines Augenmuskelmodells die Okulomotorik, Stroboskope erlaubten die Demonstration des von Wertheimer 1912 sog. φ-Phänomens, Farbenkreisel demonstrierten ebenfalls einen Trägheitseffekt des visuellen Systems, Stereoskope zeigten den retinalen Disparitätsaspekt des Tiefensehens. Die frühen Durch- und Auflichtprojektoren erleichterten die Lehre damals genau so wie unsere heutige Präsentationstechnik. Hier geht es zu den Exponaten ...

   
 

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