Über die Atomistik.

Von G. Th. Fechner.

    Eine Schrift zur Verteidigung der Atomistik gegen die Angriffe, denen sie Seitens der Philosophen unterliegt (betitelt: "Über die physikalische und philosophische Atomenlehre") war eben von mir vollendet und bereit dem Druck übergeben zu werden, als mir die Abhandlung Fichte's in dieser Zeitschrift, welche sich gegen die Atomistik wendet, zukam. Da ich zum Voraus auf Einwände, wie sie der verehrte Verfasser aufgestellt hat, gefaßt sein mußte, so habe ich geglaubt, mich im Betreff ihrer Berücksichtigung auf Hinzufügung einer Anmerkung beschränken zu dürfen; und indem ich hiermit in der Hauptsache die als Antwort auf jene Abhandlung geltend mache, begnüge ich mich hier, einige Hauptgesichtspunkte davon anzugeben, welche zugleich als eine Selbstanzeige der Schrift gelten mögen.

    Man wird nicht leugnen, daß aus gewissem Gesichtspunkte das atomistische Prinzip in der Welt im Großen besteht. Die Weltkörper sondern sich atomistisch von einander ab; die Geister sondern sich atomistisch von einander ab. Freilich, die Weltkörper sind noch teilbar, freilich, in jedem Geiste ist noch Vieles unterscheidbar. Setzt man also das Wesen des Atomismus in die Unmöglichkeit der Weiterteilung und Unterscheidung, so ist die materielle und geistige Welt nicht atomistisch disponiert. Freilich, die Weltkörper sind doch durch Kraft, Gesetz, eine allgemeine Naturordnung überhaupt zu einem einheitlichen Ganzen gebunden; freilich besteht auch für die Geister, deren jeder nur von sich weiß, eine geistige Ordnung, und es läßt sich fragen, ob nicht, ja unserer Ansicht nach behaupten, daß ein allwissendes Bewußtsein für alle Einzelbewußtsein das Band bildet. Setzt man also das Wesen des Atomismus in Zerfallenheit und Mangel an Band, so ist die materielle und geistige Welt nicht atomistisch disponiert.

    Aber bleibt es nicht dennoch wahr, daß die Weltkörper aus großen Abständen auf einander wirken, jeder Einzelgeist nur um das unmittelbare weiß, was in ihm vorgeht? Setzt man das Wesen des Atomismus auf körperlichem Gebiete in eine räumliche Diskretion kraftbegabter Massen (sei es auch, daß man diese Massen selbst endlich in Kraft auflöse,) so ist die materielle Welt im Großen atomistisch disponiert, und setzt man das Wesen des Atomismus auf geistigem Gebiete darein, daß jeder Einzelgeist nur um sich, nicht um den andern weiß, so ist die geistige Welt atomistisch disponiert. Jeder Einzelgeist steht selbst verknüpfend da für eine Welt körperlicher Teile, der Allgeist sicher für die des Alls. (Ist der Geist hin, so zerfällt der Körper; der einfachste Gedanke, die einfachste Empfindung ist die verknüpfende Selbsterscheinung oder selbst erscheinende Verknüpfung eines Spiels körperlicher Vorgänge in Gehirn und Nerven.) Setzt man also das Wesen des Atomismus darein, daß das Körperliche, anstatt durch Geistiges gebunden zu sein, geistesleer sei oder Geist nur als Resultat eines zufälligen mechanischen Spiels ergebe, so ist die organische Welt nicht atomistisch disponiert; aber es bleibt doch wahr, daß die ganzen geistig-leiblichen Organismen der Menschen und Tiere zugleich dem Bewußtsein und der Materie nach diskret einander gegenüber treten; aus diesem Gesichtspunkte ist die organische Welt doch atomistisch disponiert. Und billig läßt sich nun fragen, ob, nachdem wir einen solchen Atomismus, oder sagen wir statt dessen eine solche Diskretion, welche weder eine Teilbarkeit und Unterscheidbarkeit nach Unten, noch ein Band nach Oben ausschließt, allwärts sehen, wohin wir das Auge wenden, ihm nicht ein durchgreifendes und noch weiter durchzuführendes Prinzip unterliege, als wohin das Auge reicht.

    Jedenfalls wenn von Atomismus, Atomistik die Rede ist, wenn gar ein Gegenstand des Streites daraus gemacht werden soll, ist erst sorgsam nachzusehen, was für eine Art es ist, um die sich's handelt, ob eine jener schlechthin unstatthaften, weil in der Realität nirgends vorzufindenden Arten des Atomismus, oder die in der Wirklichkeit wirklich vorkommende Art, von der sich nicht fragen kann, ob sie besteht, sondern nur, wie weit sie besteht. Man hat sich zu fragen, bevor man streitet, ob man nicht jene verschiedenen Arten oder Auffassungen untriftig verwechselt, vermischt, oder, weil sie häufig, vielleicht gewöhnlich vermischt sich darbieten, die Schuld teilt und mehrt, statt sie zu bessern, indem man mit dem Verwerflichen darin das Unverwerfliche verwirft. Ich meine aber, es ist wirklich so.

    Die Alten hatten eine Atomistik, wo den Atomen absolute Unteilbarkeit zugeschrieben ward, wo keine einheitliche Auffassung der Welt zu Stande kommen konnte, wo namentlich von einer Verknüpfung der Materie und ihrer Verhältnisse durch Geist nicht die Rede war, vielmehr das zufällige Zusammentreffen der Atome den Geist selbst machen oder entbehrlich machen sollte, wo an eine mögliche Aufhebbarkeit des Atombegriffs im weiter rückliegende Begriffe nicht gedacht ward. Man ist nun um so leichter geneigt, dieselbe Vorstellung von der Atomistik heute noch zu haben, je mehr man vom Studium der Alten aus zu deren Kenntnis gelangt ist. Doch paßt sie nicht mehr auf die heutige Atomistik. Sie paßt nur auf das Schreckbild, was viele Philosophen in Erinnerung an jene alte Atomistik, im Glauben, ihr Name bedeute noch die alte Sache, so gern von ihr entwerfen, nicht aber auf das, was als Atomistik in der Physik und Chemie heutzutage gilt und wirkt, und was wohl noch einen haltbaren Gesichtspunkt von der alten Atomistik festhält, - sollte denn diese aber gar nichts Haltbares gehabt haben? Sie zählt doch auch in der Geschichte der Philosophie, - nicht aber die ganze Konstruktion, die ganze Tendenz, den ganzen Sinn derselben, worin Niemand die Unhaltbarkeit verkennen wird. Die heutige Atomistik ist überhaupt viel zurückhaltender und viel bescheidener als jene alte, sie leugnet keine Teilbarkeit der Materie in's Unbestimmte, steht keiner höheren allgemeinen Verknüpfung im Wege, will keinen Geist machen, ersetzen, leugnen; wo findet man etwas der Art in der Atomistik Cauchy's, Poisson's, W. Weber's u.s.w., u.s.w.; sie setzt bloß im Sinne der (letztgestellten Fassung der Atomistik dieselbe Diskretion, die wir faktisch zwischen den Weltkörpern im Großen sehen, in die Weltkörper hinein in's Kleine fort, unbestimmbar, wie sie sich in letzter Instanz gestaltet, denn das kann Physik und Chemie nicht entscheiden; hier appelliert sie an die Philosophie; nur dies kann sie entscheiden, darauf aber muß sie auch bestehen, daß die Diskretion sich weiter fortsetzt, als Auge und Mikroskop erkennen laßt.

    Vielleicht ist für eine so eingeschränkte Ansicht, welche die wesentlichsten Gesichtspunkte der alten Atomistik, die ein historisches Recht an ihren Namen hat, fallen läßt, und nicht mehr behauptet, als sich nach den Prinzipien einer klaren, folgerechten und vorsichtigen Erfahrungswissenschaft erschließen und behaupten läßt, zum metaphysisch Letzten aber gar nicht reicht und geht, der Name Atomistik selbst nicht mehr recht passend. Bedeutet doch schon der Name Atom ein Unteilbares, und die heutige Atomistik spricht ausdrücklich von zusammengesetzten Atomen, und widerspricht damit dem eigenen Namen. Es mag sein; nur würde man natürlich Unrecht haben, wenn man Vorwürfe, die vielleicht den Namen treffen können, gegen die Sache wenden wollte. Vielleicht ist die Atomistik in solch eingeschränktem Sinne, wie sie vom Physiker gefaßt wird, gar kein Objekt philosophischen Streites. Ich meine es selbst, und meine nur auch, daß man sie dann nicht philosophisch bestreiten soll. Vielleicht aber kann man auch wirklich mehr als einen neueren wie älteren Atomistiker aufweisen, welcher über das Feste, Sichere und zu Gestattende der eingeschränkten Ansicht hinaus sich in die Schuld der ältesten Atomistik, die Voreiligkeiten eines zu raschen Schlusses, die Unklarheiten, in denen sich zu bewegen wir vielmehr von der neueren Philosophie als Physik gelernt haben, verloren hat. Ich gebe es unbedenklich zu; man würde aber um so mehr Unrecht haben, den schuldlosen, festen, sicheren und klaren Teil der Atomistik darunter leiden zu lassen, als ich mehr als einen neueren Atomistiker aufweisen kann, - und gerade solche sind es, denen wir die wesentlichsten Leistungen in der Atomistik verdanken, - der sich in den Grenzen einer statthaften Ansicht hält. Und unstreitig kann in einer Fortführung der Weltgliederung abwärts, die wir aufwärts anerkennen müssen, an sich weder etwas begrifflich Unklares, in sich Widersprechendes, Erfahrungsschlüssen Unzugängliches, noch mit irgend welchen höheren, ideellen und praktischen Interessen Unverträgliches liegen (was ungefähr die Vorwürfe sind, gegen welche sich die Atomistik zu verteidigen hat), falls jene Fortführung nur so geschieht, daß das Band durch Gesetz, Kraft, Geist, was nach Oben besteht, auch nach Unten gewahrt, und für tiefere Spekulationen über das Verhältnis dieser Momente zu einander und zur Materie noch Raum bleibt. Dies aber ist der Charakter der heutigen physikalischen Atomistik, oder sage ich lieber: der haltbaren und klaren Seite der heutigen physikalischen Atomistik. Denn ich leugne nicht und habe es schon anerkannt, und will es gleich mit noch größerem Nachdruck hervorheben, daß man, namentlich in Rücksicht auf so manche Auffassungen und Darstellungen derselben, auch eine unhaltbare und unklare Seite an ihr finden und hiergegen einen gerechtfertigten Angriff richten kann. Also will ich auch Fichte'n in weiter nichts widersprechen, als daß mit seinen Widersprüchen gegen diese Seite der Atomistik, der Atomistik überhaupt widersprochen sei.

    In der Tat, es ist mit der Atomistik wie mit vielen Wissensdingen; sie haben eine Seite des Sicheren, Festen, Klaren, und eine Seite des Unsicheren, Schwankenden, Unklaren; und man muß sich sehr hüten, beides zusammenzuwerfen und mit dem Einen das Andere zu verwerfen. Die Zelle als elementares Glied des Organismus ist etwas Sicheres, Klares; in den Fragen über Bedeutung, Ursprung, letzte Konstitution der Zellen ist viel Unsicheres und Unklares; man muß die sichere Zelle nicht um des Unsicheren in der Zellentheorie willen verwerfen. Das Atom als elementares Glied der Welt ist etwas Sicheres, Klares, in den Fragen über Bedeutung, Ursprung, letzte Konstitution des Atoms ist viel Unsicheres und Unklares. Man muß das sichere Atom nicht um des Unsicheren in der Atomtheorie willen verwerfen. Man muß nicht, wie ich mich in meiner Schrift ausdrücke, das Kind mit dem Bade ausschütten, auch dadurch sich nicht sofort dazu berechtigt halten, daß man dies Kind nicht selbst gezeugt hat. Auf der Seite des Sicheren, Festen, Klaren an den Dingen fällt im Allgemeinen das Erfahrungsmäßige und nach Regeln, die sich in der Erfahrung bewähren, Erschließbare, unter Form des Erfahrungsmäßigen Vorstellbare, auf die Seite des Unsicheren, Schwankenden, Unklaren, die Gedanken, die man sich über Grund und Wesen dieses Erfahrungsmäßigen macht, überhaupt das Tiefstliegende, Letzte an den Dingen. So hat nun auch die Atomistik einen positiven, sicheren, festen, klaren Grundbestand und Kern, über den alle Atomistiker einig sind, der sich nicht etwa bloß auf jenen vagen, wenn schon nicht zu verachtenden Grund stützt, daß eine Gliederung, die nach Oben zu finden ist, auch nach Unten fortgesetzt gedacht werden kann, der vielmehr, ohne unmittelbar erfahrungsmäßig zu sein, was unzähliges physikalisch Gewisse und Klare nicht ist, doch nach Erfahrungsregeln erschließbar und in Form des Erfahrungsmäßigen noch vorstellbar ist, den die Physik nicht aufgeben kann, ohne mit den Prinzipien alles Erfahrungsschlusses und aller Vorstellungsklarheit sich selbst aufzugeben. Aber dies ist doch noch nicht der letzte philosophische Grund und Kern der Sache, und indem der Physiker auf diesen einzugehen versucht, fällt er freilich den ganzen Schwierigkeiten anheim, die alle Versuche, auf ein Letztes hinter der Erfahrung zurückzugehen, bisher gehabt haben, erwächst hieraus der unsichere, unklare, schwankende Teil der Atomistik, über den alle Atomistiker uneins sind; und es ist kein Wunder, wenn der Atomistiker die Philosophen hierin eben so wenig befriedigt, als er auch andere Atomistiker nicht befriedigt und als die Philosophen einander wechselseitig nicht befriedigen, wenn sie auf dieselben Verhältnisse eingehen. Nun sollten wir froh sein, wenn wir in dieser allgemeinen Schwankung über das, was am weitesten hinter der Erfahrung liegt, etwas Sicheres und Klares im Gebiete dessen retten können, was der Erfahrung am nächsten liegt, und es vielmehr als Anhalt, jener Schwankung Herr zu werden, benutzen, als seine Sicherheit und Klarheit um jener Unsicherheit und Unklarheit willen verwerfen. Wer wirft das Geld weg, weil er nicht weiß, aus welchem Schachte es gegraben, wo und wie es geprägt worden, was die Grundnatur des Goldes oder Silbers sei; das Geld ist da, man kann damit bezahlen; so sind Atome da, man kann damit bezahlen; doch wo sie hergekommen, wo und wie sie geprägt worden, was die Grundnatur der Atome, worein sie in letzter Instanz zu analysieren, darüber kann man streiten. Ich sage, die Atome sind da; freilich man sieht sie nicht, aber man sieht auch die Poren in der Eierschale, die Schwingungen der Luft bei'm Schll, die Schwingungen des Äthers bei'm Licht nicht, und kann doch sagen, sie sind da; so wahr aber all dies da ist, so wahr sind die Atome da; es ist derselbe Weg des Schlusses, der zu jenem und zu diesen führt, und indem man das Eine leugnet, leugnet man das Andere.

    Die mühevollsten Arbeiten namentlich der neueren Zeit haben uns über die Struktur und Funktionen des Nervensystems in höchst wichtigen Beziehungen aufgeklärt. Das Gehirn, die Nerven erscheinen dem rohen Blick als eine so gleichförmige Masse, wie dem Dynamiker alle Körper erscheinen, das Mikroskop hat diese gleichförmige Masse in feinste Fasern und Zellen (Ganglienkugeln) aufgelöst; die Unterbindungs- und Durchschneidungsversuche der Physiologen haben gelehrt, daß sich auf den Nervenbahnen etwas in Form der Bewegung fortpflanzen muß; die schätzbaren Untersuchungen Dubois Reymond's haben gelehrt, haben es mindestens zu höchster Wahrscheinlichkeit erhoben, daß das physisch Tätige im Nervensystem Elektrizität sei. Alles dies beruht auf positiven Tatsachen, ist teils direkt gesehen, teils auf bindende Weise aus Gesehenem erschlossen. Wir müssen uns freuen, daß wir das gewonnen haben. Aber die letzten Zusammenhänge der Nervenfasern sind erst höchst unvollständig bekannt, die Weisen, wie die geistigen Funktionen mit den physischen des Nervensystems zusammenhängen, liegen noch in Streit und Unklarheit, das Wesen der Elektrizität, der wägbaren Materie selbst, woraus das Nervensystem besteht, ist vieldeutig und streitig. Bleibt es deshalb weniger wahr, daß das Gehirn, die Nerven zunächst in Fasern aufzulösen sind, daß sich etwas in ihnen fortpflanzt, was die Form der Bewegung hat, daß das darin Tätige unter denselben Begriff fällt, als das Tätige im Blitze, der Elektrizitätsmaschine, der galvanischen Säule, dem Zitterrochen; wird durch all jenes Unsichere eine Unsicherheit auf dies Sichere geworfen?

    Wie nun hier im Gebiete der Physiologie etwas Gewisses zunächst hinter der Erfahrung, durch Kombination von vielen feinen Beobachtungen und Schlüssen findbar, und etwas weiter Rückliegendes, Unsicheres vorhanden ist, so im Gebiete der Physik. Was die Physik mit Sicherheit durch Kombination vieler seiner Beobachtungen und durch darauf gegründete Schlüsse finden kann, ist dies, daß die Körper nicht die Kontinua sind, die sie dem Auge scheinen, daß sie aufzulösen sind in diskrete Gruppen von Teilchen und diese größeren Gruppen in kleinere diskrete Teilchen, die eben so in Kraftbeziehungen zu einander stehen, wie die diskreten Weltkörper im Himmelsraume und nur aus analogen Gründen eine kontinuierliche Masse zu bilden scheinen, als die Sterne im Sternennebel. Das nenne ich das Schuldlose, Feste, Sichere und Klare der physikalischen Atomistik. Aber wie groß, wie klein, wie gestaltet, als was überhaupt zu fassen endlich die letzten oder Grundatome sind, wie die Begriffe Materie, Kraft, Undurchdringlichkeit sich in Bezug dazu stellen, ob nicht alle Materie, also auch die der Atome endlich selbst in Kräfte auflösbar sei, das bleiben noch Gegenstände der Erörterung und des philosophischen Streites; und hierüber herrschen unter den Physikern keine zulänglicheren, einstimmigen und klarern Vorstellungen als unter den Philosophen.

    Wenn aber durch alle diese Unsicherheit das Dasein großer diskreter Massen im Weltraume nicht ungültig gemacht werden kann, wie kann das Dasein kleinerer ungültig gemacht werden? Macht denn die absolute Größe einen Unterschied?

    Alle bisherigen philosophischen Einwürfe gegen die Atomistik, die von Fichte nicht ausgenommen, richten sich aber in der Tat nur gegen jenen schwankenden, unsichern, unklaren Teil der Atomistik; die Gründe, auf welche sich jener feste klare Teil derselben stützt, werden gar nicht davon berührt, sind von den Philosophen zum Teil nicht einmal gekannt, zum Teil nicht gewürdigt oder mit oberflächlichem Abweis bei Seite geschoben, ihr Zusammenhang niemals von ihnen erfaßt, und somit die Macht dieses Zusammenhanges niemals gespürt. Und was die Philosophen an die Stelle der Atomistik setzen möchten, ist sogar im Ganzen wo möglich noch unklarer, unsicherer, schwankender, als jener unklare, unsichere Teil der Atomistik; wie sollte der Physiker den sicheren klaren Teil derselben dafür opfern, um jener philosophischen Schwankung völlig anheim zu fallen.

    Man sei doch offen! Würde wohl irgend eine aprioristische Philosophie, namentlich mit dynamischen Prinzipien, je darauf haben kommen können, daß das Gehirn, die Unterlage des einheitlichen Geistes, in ein Gewirr, oder sage ich lieber, in einen wundervollen Bau von einzelnen Fasern und Zellen atomistisch disponiert ist, daß dem homogenen Lichte Undulationen so gut als dem homogenen Schalle unterliegen, gleich viel, wie man das letzte Wesen des Undulierenden fassen will? Es ist vielmehr gewiß, daß sie noch heute letzteres nur mit Widerstreben, ja wohl manche Philosophie, die sich gar nicht um Erfahrungswissenschaft kümmert, und um die sich dann natürlich auch die Erfahrungswissenschaft wieder nicht kümmert, gar nicht zugesteht. Ja würde die Philosiphie mit der dynamischen Ansicht von der Raumerfüllung auch nur die Diskretion der Weltkörper a priori haben finden können? Nimmt sie dieselbe nicht rein aus der Erfahrung? Man sieht also doch, daß für die Erfahrungswissenschaft Manches zu finden bleibt, was die Philosophie a priori nicht finden, worüber sie nicht entscheiden kann. Wohlan, die Frage, wie weit die atomistische Weltgliederung sich von Oben nach Unten fortsetzt, ob im Sichtbaren verharrt, ob in's Unsichtliche reicht, gehört auch zu diesen Fragen. Eben so gut könnte der Philosoph a priori beweisen wollen, daß die Sternennebel nicht weiter abwärts in diskrete Weltkörper, als daß die Weltkörper nicht weiter abwärts in diskrete Atome aufzulösen sind; daß es schon bei der Diskretion der ersten sein Bewenden hat. Nun aber die Erfahrungswissenschaft in dieser Beziehung entschieden hat, was zu entscheiden weder Aufgabe noch Möglichkeit für die Philosophie ist, könnte oder sollte sich die Philosophie dessen so gut bemächtigen, als sie sich, wenn auch notgedrungen, der atomistischen Disposition des Gehirns in Fasern und Zellen, der Undulationen des Lichts bemächtigen muß, da sie solche nicht leugnen kann, ohne sich außer Beachtung zu stellen.

    Nicht ohne Grund nehme ich in dieser Abhandlung wie in meiner Schrift so oft Bezug auf die Weltgliederung im Großen und die Undulationen des Lichts im Kleinen. Denn diese beiden Beispiele scheinen mir beinahe für sich allein schon eine hinreichende und schlagende Entgegnung auf alle Einwürfe der Philosophen gegen die Atomistik zu enthalten. Sie sind gleichsam zwei Hände, mit denen es genügt, den Proteus dieser Einwürfe nur immer von Neuem fest anzufassen, um sie von Neuem zu nötigen, ihre Unbestimmtheit aufzugeben, eine feste Gestalt anzunehmen, und dann von Neuem zu zerfließen; zwei feste Klippen, zwischen denen das auf flüssigem Fundamente sich wankende Schiff der dynamischen Argumente nicht hindurchfahren kann, ohne wenigstens an einer derselben zu scheitern. In der Tat glaube ich behaupten zu dürfen, daß sich überhaupt kein Einwurf gegen eine unsichtbare Diskretion und Gliederung der Materie erheben läßt, der nicht daran scheiterte, daß er eben so und in demselben Sinne schon gegen die sichtbare Diskretion der Weltkörper oder gegen die unsichtbare Kräuselung des Lichtes oder beide zugleich erhoben werden müßte und doch nicht erhoben werden kann. Muß aber deren Existenz doch einmal zugegeben werden, so ist mit der ganzen Atomistik eigentlich überhaupt nichts mehr zu verlieren, sondern nur noch Alles zu gewinnen, da dieselben Beispiele dann Belege, Stützen, Klammern statt Widerspüche einer allgemeinen und allgemein durchführbaren Weltansicht werden.

    Es können aber diese Beispiele noch etwas mehr als bloß negative Abweise und annehmliche Analogien bieten. Durch die Atomistik tritt die Chemie, Kristallkunde u. s. w., die Lehre von dem Kleinsten überhaupt, mit der Astronomie, der Lehre von dem Größten, unter die Herrschaft derselben allgemeinen Prinzipien von Gleichgewicht und Bewegung, mittelst deren die Naturwissenschaft überall Klarheit und Erfolg erzielt, und Wird diese hiermit erst zum konsequenten in sich zusammenhängenden System. Ohne die Atomistik zerfällt dieser Zusammenhang; und mag ihn der Philosoph durch dialektische oder andere Begriffe in seiner Weise wieder zu knüpfen versuchen, so ist dieser begriffliche Zusammenhang eben kein naturwissenschaftlicher, sofern man dadurch, daß man verschiedene Gebiete begrifflich verknüpft, noch nicht den Weg durch Vorstellung und Schluß aus einem in das andere findet. Die Atomistik hat ihre Hauptstärke überhaupt nicht in einem einzelnen Stein des Gewölbes der Naturwissenschaft, sondern in dem wesentlichen Beitrag, den sie zum Zusammenschlusse aller liefert; so wird die Stärke des ganzen Gewölbes ihre eigene Stärke. Oft meint man, sie habe nichts weiter für sich aufzuweisen, als die palpabeln Vorstellungen, die sie den chemischen Proportionen, den Kristallisationserscheinungen, den Kohäsions- den Ausdehnungsverhältnissen u. s. w. unterlegt. Aber so schätzbar die Vorstellungsklarheit ist, die sie für jedes dieser Erscheinungsgebiete im Besondern mitführt; die Stäbe dieses Bündels wären einzeln leicht zu zerbrechen; von ganz anderem Gewicht aber ist der Vorstellungszusammenhang, den sie zwischen allen vermittelt, und in den sie dieselben mit den übrigen Erscheinungsgebieten von Erd' und Himmel treten läßt, an sich, und mehr noch deshalb, weil dieser Vorstellungszusammenhang einen Prinzipienzusammenhang der Betrachtung, der Ableitung, des Schlusses begründet. Auf nichts besser, als auf die Naturwissenschaft paßt das Sprichwort: divide et impera; dadurch, daß sie die Materie der Welt teilt, beherrscht sie die Welt; dadurch, daß sie die Materie tiefer und immer tiefer teilt, erstreckt sie ihre Herrschaft in immer größere Tiefe. Sowie man die Materie verbindet, zerfällt die Wissenschaft von der Materie.

    Eine noch weit speziellere und direktere Beziehung als zwischen Astronomie und Atomistik besteht aber zwischen Undulationstheorie und Atomistik, so daß, wenn schon nicht die Annehmbarkeit beider nach allgemeinen Beziehungen, doch die vollständige Durchführbarkeit beider solidarisch zusammenhängt. Ohne Atome gibt die Undulationstheorie keine Farben im Prisma, keine Polarisation. Die gründlichsten mathematischen Untersuchungen und Diskussionen haben herausgestellt, daß diese Theorie mit der Ansicht von der Kontinuität des Lichtsubstrats (Äthers) nichts über diese Phänomene vermag; wogegen sie unter Zugrundelegung der atomistischen Ansicht Folgerungen dieser Theorie werden. (Vergl. das Nähere in meiner Schrift.) Nun merke man wohl: Die Undulationstheorie erklärt oder verknüpft doch alle noch so mannigfaltigen und verwickelten Erscheinungen der Zurückwerfung, einfachen und doppelten Brechung, auf Grund der dynamischen Vorstellungsweise ganz eben so gut, als auf Grund der atomistischen; nur eben über jene feineren Bestimmungen, die ein neues Reich mannigfaltiger und verwickelter Erscheinungen bedingen, vermag sie mit der ersten nichts. Was heißt das? Nichts anderes als: Die Undulationstheorie ist an sich auf rechtem Wege, aber mit der dynamischen Ansicht bleibt man auf der Hälfte dieses Weges stecken, mit der atomistischen geht man ihn zu Ende. Und so erklärt, verknüpft die dynamische Ansicht überhaupt die Erscheinungen nur bis zu solchen Grenzen, wo die feine Gliederung der Materie noch nicht von Einfluß wird; darüber hinaus zeigt sich die Notwendigkeit der Atomistik.

    Zu den Beispielen aus dem Gebiete des Unwägbaren, welche die Undulationslehre in dieser Hinsicht liefert, fügt meine Schrift mehrfache Beispiele aus dem Gebiete des Wägbaren. Die dynamische Ansicht genügt dabei überall dem Groben und nur dem Groben, die atomistische zugleich dem Groben und dem Feinen und dem Zusammenhang des Groben mit dem Feinsten. Die dynamische Ansicht leistet viel, aber läßt noch viel zu wünschen übrig; die Atomistik erfüllt diese Wünsche. Mit einem Fausthandschuh läßt sich freilich Manches auch greifen und machen, was sich mit den freien gegliederten Fingern greifen und machen läßt, aber nicht Alles. Dies ist das Verhältnis der Sache. Wenn man nun findet, daß es mit dem Handschuh nicht weiter geht, legt man ihn ab; dies wird auch das Schicksal der dynamischen Ansicht sein, und ist es schon im Bereiche der Naturwissenschaft. Immer hofft die dynamische Ansicht auf Substitutionen, die sich in ihrem Sinne für die Leistungen der Atomistik noch finden werden. Eine Ansicht, die sich Leistungen gegenüber auf Hoffnungen beruft, ist hoffnungslos.

    Somit ist es eben so die vollständigste Verknüpfung wie feinste Ausarbeitung der naturwissenschaftlichen Disziplinen, wodurch die Atomistik gefordert wird. Und beides hängt zusammen. Denn weil die Natur wirklich etwas höchst fein Ausgearbeitetes ist, und viele Erscheinungen von dieser feinen Ausarbeitung abhängen, so muß Naturwissenschaft auch diese feine Ausarbeitung in ihre Gesichtspunkte und Rechnungen aufnehmen, um die Lehre von diesen Erscheinungen in ihren Zusammenhang einzubegreifen.

    Daher ist auch das Bedürfnis der Atomistik erst mit dem Fortschritte der Naturwissenschaften fühlbar geworden und fortgehend damit gewachsen. Mit dem Einzelnen und Groben fängt man überall an, mit der vollständigsten Verknüpfung und Ausarbeitung schließt man. Wie die Atomistik aus dem Fortschritte der Naturwissenschaften in dieser Richtung hervorgegangen ist, ist umgekehrt deren fernerer Fortschritt an den der Atomistik gebunden. Die Atomistik rückgängig machen wollen, heißt die Naturwissenschaft rückgängig machen wollen. Es wird gelingen, wenn die Flüsse rückwärts laufen werden. Die Philosophie sollte sich wohl hüten, in die Speichen eines Rades zu greifen, das unaufhaltsam rollt. Jetzt rollt es noch langsam, es wird rascher rollen. Besser wäre es ihr, wenn sie den Wagen der Naturwissenschaft, der auf diesem Rade vorwärts eilt, doch einmal weder aufhalten, noch lenken, noch ihm auf eignen Füßen folgen kann, sich hinten auf denselben aufzusetzen. Zwar hält sie solch A posteriori ihrer nicht würdig; doch, sehen wir ernsthaft zu, so war alles ihr A priori in der Naturbetrachtung von jeher nur ein Rückwärtsblicken auf den von jenem Wagen durchlaufenen Weg; was vorwärts liegt, das sieht sie nicht, über das kaum Durchlaufene sieht sie hinweg, und die ganze durchlaufene Weite verschwimmt ihr in das Allgemeine; aber weil sie das langsam Durchlaufene doch mit Einem Blicke rasch übersieht, meint sie dem Wagen voranzueilen, und weil sie in entgegengesetzter Richtung blickt, als der Wagen geht, meint sie, er gehe irre, und möchte ihn immer umlenken. Ich sage nicht, daß das überhaupt die Stellung der Philosophie zur Naturwissenschaft sein soll, aber daß es die Stellung der heutigen Philosophie dazu ist.

    Auch den Grenzfällen, die in der Naturbetrachtung vorkommen, genügt die atomistische besser als die dynamische Ansicht. Wenn ein Draht oder Faden durch fortgehenden Zug sich immer mehr dehnt und endlich reißt, so ist dies für die atomistische Ansicht nur der Fall, wo ein von Anfange an vorhandener Abstand der Atome durch fortgehende Zunahme sich so weit vergrößert, daß er, an einer Stelle zuerst, sichtbar wird, was mit einem Unmerklichwerden der von der Distanz der Atome abhängigen Anziehungskräfte zusammentrifft, die nur auf unsichtbar kleine Abstände merklich sind. Wäre der Draht ganz gleichförmig und würde gleichförmig gezogen, so würde er bei einem gewissen Punkte des Zuges gar in seine Atome zerfallen, was nichts Absurdes hat. Die dynamische Ansicht, welche den Draht von Anfange an als kontinuierlich und die Wirkung des Zuges nur als auf die Dichtigkeit gehend betrachtet, könnte auch durch einen unendlich verstärkten Zug nur eine unendliche Dichtigkeitsverminderung erwarten, und mit Eintritt der Diskontinuität des Drahtes löst sich ihre eigene Kontinuität, wird sie genötigt, zu einer atomistischen Vorstellungsweise überzuspringen. Denn die Diskontinuität, die sonst überall von ihr geleugnet wird, tritt nun doch plötzlich bei einem gewissen Punkte des Zuges und an einem gewissen Punkte des Körpers ein. Die atomistische Ansicht, nach der sich ein unsichtbar schon vorhandener Riß nur bis zum Sichtbaren erweitert, ist hier offenbar die fließendere und kann aus sich folgern, was der dynamischen widerspricht. Denn ein unsichtbar kleiner Riß muß sich durch fortgehende Vergrößerung endlich zum sichtbaren erweitern, ein nicht vorhandener kann sich überhaupt nicht erweitern. Der Riß der Körper ist für die atomistische Ansicht gleichsam nur das sichtbare Zeichen und Wunder, womit sie die Wahrheit dessen, was sie unsichtbar in sich trägt, auch dem sinnlichen Auge beweist, das Mikroskop, durch welches ihr unsichtbar Kleines, plötzlich an einer Stelle zum Riesen vergrößert, vor uns steht; für die dynamische ist er ein Abgrund, in den sie stürzt. Ein ganz gleichförmiger und gleichförmig gedehnter Körper müßte nach ihr, wenn sie doch das Reißen überhaupt nicht wegleugnen kann, an allen Punkten zugleich reißen, was in der Tat absurd ist. Wenn sie also auch jenen Abgrund überspringen könnte, würde sie doch an dieser neuen Folgerung scheitern.

    Und wie kommt's, daß man einen Körper nicht bloß zerreißen, auch zerdrücken kann? Nach der dynamischen Ansicht sollte man hier nur fortgehende Verdichtung, wie dort Verdünnung erwarten. Nach der atomistischen erklärt sich leicht, wie das von der Anordnung der Teilchen abhängige Gefüge durch den Druck zerstört werden, die Dichtigkeit selber nach der Richtung des Druckes wachsen, nach der darauf senkrechten bis zum Verschwinden abnehmen kann. Nach der dynamischen Ansicht aber gibt es keine Anordnung der Teilchen; keine verschiedene Dichtigkeit nach verschiedenen Richtungen in einem Körper

    Zwar kann es auch der dynamischen Ansicht nicht an Ausdrücken fehlen, das Reißen, wie das Zerdrücken der Körper zu decken, an Ausdrücken, die mit anderen Ausdrücken in Beziehung treten. Aber es ist gewiß, daß durch alle diese Ausdrücke die Kontinuität der Vorstellung und Gesetzlichkeit, welche festzuhalten nicht nur das Bedürfnis einer natürlichen Anschauungsweise der Dinge, sondern auch die prinzipielle Forderung der exakten Naturwissenschaft ist, nicht hergestellt wird, daß wir nur einen Zusammenhang von Worten, keinen sächlichen Zusammenhang damit erhalten.

    Meint man denn überhaupt, daß der Physiker, der sich sonst so gern an den Augenschein hält, auf einmal in der Atomistik etwas wider allen Augenschein annehmen würde, wenn nicht bindende Gründe ihn dazu nötigten. Er tauscht hier gewissermaßen die Rolle mit dem Philosophen; dieser beruft sich auf den Augenschein, den schon das Mikroskop in vielen Fällen Lügen straft; der Physiker beruft sich auf die Methode und den Schluß, und hierin ist er vielmehr der Philosoph. Zwar der Philosoph hat auch tiefere Gründe gegen die Atomistik, die sogar alles Augenscheines spotten, aber warum dann doch noch den Augenschein gegen den Physiker geltend machen, wenn dieser das nicht Augenscheinliche daraus erschließt. Sollte der Physiker auch nur als Physiker überall beim Augenschein unmittelbar stehen bleiben, so ginge heute noch die Sonne um die Erde. Das Gegenteil vom Augenscheine wird vielmehr hier von ihm aus Augenscheinlichem erschlossen; die einfachstmögliche Verknüpfung des gesamten Augenscheines fordert hier das Hinausgehen über den unmittelbaren Augenschein. Nicht anders mit der Atomistik. Freilich, im Hinausgehen über den Augenschein können wir auch vorschnell zu weit oder in falscher Richtung gehen, und dadurch in's Dunkle oder Irre geraten, also Vorsicht! Aber hinausgehen müssen wir jedenfalls darüber, sonst bleiben wir bei der rohen Auffassung des Wilden stehen; und mit dieser waffnet sich der Philosoph.

    So scheide ich nun vor Allem sorgfältig in meiner Schrift den sicheren und klaren von dem unsicheren und unklaren Teile der Atomistik. Ich stelle in einem ersten Teile, der physikalischen Atomenlehre die Gründe eingehend zusammen, welche den Physiker wirklich nötigen, das scheinbare Kontinuum in kleinere diskrete Teile aufzulösen;1) und stelle in einem besonderen Kapitel die Sätze der Atomistik zusammen, welche mit Bezug auf diese Gründe als sicher gestellt angesehen werden können. Ich erkläre dabei ausdrücklich, weil dies in der Tat der Stand der Sache ist, daß der Physiker bis jetzt noch keinesfalls im Stande ist, über die Konstitution der letzten Atome etwas Sicheres auszusagen; ich erkenne an, daß die Frage über die Grundbeziehung von Materie und Kraft, die Begriffsstellung von Raumerfüllung und Undurchdringlichkeit dabei noch unerledigt bleibt; und behaupte nur zugleich, daß diese Frage in Betreff der kleinen diskreten Massen zwar so gut erhoben werden kann, als in Betreff der großen, den Bestand oder Nichtbestand derselben aber eben so wenig berührt.

1) Auszugsweise sind sind auch einige dieser Gründe in meinem Zentralbl. f. Naturwiss. u. Anthropol. 1854. Nr. 26 mitgeteilt.
 
 
    Nun aber bestreite ich der Philosophie weder das Recht, noch das Bedürfnis, sich über das Bereich der reinen Erfahrungswissenschaft hinaus mit solchen Fragen zu beschäftigen, und gestehe zu, daß wir mit der Atomistik der Anforderung, sich damit zu beschäftigen, schon einen Schritt näher gerückt sind. Und so gehe ich selbst in einem zweiten Teile, der philosophischen Atomenlehre (aus gewissem Gesichtspunkte auch in einem Kapitel des ersten Teils), auf Fragen dieser Art ein, und suche zu zeigen, daß die physikalische Atomistik einer philosophischen Vertiefbarkeit und Abschließbarkeit nicht entbehrt. Dieser zweite philosophische Teil allein, welcher das erfahrungsmäßig Erweisliche überschreitet, kann nun philosophischen Angriffen ausgesetzt sein; man wird finden, daß die Einwürfe, die Fichte und andere Philosophen gegen die Atomistik erhoben haben, ihn nicht treffen; ich habe also nicht nötig, mich dagegen zu verteidigen, und es kann nicht in meinem Interesse liegen, mich zum Verteidiger anderer Grundauffassungen der Atomistik, die ich nicht teile, aufzuwerfen. Das aber läßt sich behaupten, selbst wenn die Weise, wie ich die physikalische Atomistik philosophisch zu vertiefen und abzuschließen suche, nicht genügend befunden, vielleicht nicht einmal für philosophisch angesehen würde, so würde damit nur das Bedürfnis einer anderen Vertiefung, eines anderen Abschlusses entstehen; nicht aber die physikalische Atomistik nach ihren positiven sicheren Sätzen ungültig werden.

    Zwar leugne ich nicht, daß auch schon das, was ich für das physikalisch Sicherste der Atomistik halte, der Hauptsatz, daß das scheinbare Kontinuum der Kristalle, des Wassers, der Luft, des Äthers zunächst in Diskretes zerfällt, mit den Grundansichten vieler Philosophen unverträglich sein kann; das beweist aber nicht die Untriftigkeit jenes Hauptsatzes, sondern die Untriftigkeit dieser philosophischen Ansichten. So wahr jede Philosophie untriftig wäre, welche die Zerfällbarkeit der Welt in diskrete Weltsysteme und Weltkörper trotz des Augenscheines leugnen wollte, so wahr wird jede untriftig sein, welche die weitere Zerfällbarkeit der Weltkörper in diskrete Atomengruppen und Atome leugnen will, trotz der Schlüsse, die sich auf die allgemeinste, weitgreifendste und tiefgehendste Kombination des Augenscheinlichen gründen.

    Ich gebe aber dabei Zweierlei zu: Einmal, daß hier überhaupt nur von relativer Sicherheit und Gewißheit die Rede sein kann. Nichts weiter kann behauptet werden, als: Was die Atomistik bietet, ist wahrscheinlicher, sicherer und klarer als Alles, was die dynamische Ansicht an ihre Stelle setzen kann; also müssen wir uns daran halten, so lange sich nicht das Verhältnis umgekehrt hat. Von der absoluten Gewißheit, welche die Philosophie so gern in Dingen jenseits der Erfahrung sich beilegt, und womit doch jede Philosophie der anderen zum Spott geworden ist, weiß die Physik nichts; glaubt vielmehr um so sicherer zu gehen, je mehr sie sich eines Rückhalts von Unsicherheit in Allem, was die direkte Erfahrung überschreitet, bewußt bleibt. Auch daß die Erde vielmehr um die Sonne geht, als umgekehrt, hat noch diesen Rückhalt von Unsicherheit; doch übersteigt die Wahrscheinlichkeit davon so sehr die entgegengesetzte, daß wir berechtigt sind, sie der Sicherheit gleich zu achten, und weitere Betrachtungen darauf zu stützen. Und zweitens vergesse ich nicht, daß es zwar verhältnismäßig wenige, aber doch auch noch manche Physiker gibt, welche die Ansicht, daß die Physik an die Atomistik gebunden sei, nicht teilen. Nun wohlan, meine Schrift tritt in dieser Beziehung nicht bloß den Philosophen, sondern auch jenen Physikern entgegen, die sich, sei es mehr als billig von der herrschenden Philosophie in einer Frage haben bestimmen lassen, wo sie nichts bestimmen kann; oder alles philosophischen Geistes ermangelnd der Verknüpfung der Tatsachen, welche die Atomistik gewährt, weder bedürfen, noch sie zu würdigen wissen, oder in die Untersuchung der Gründe, welche zur Atomistik nötigen, gar nicht eingegangen sind; und jede dieser Kategorien zählt ihre Vertreter unter den Physikern. Man wird auch diesen Punkt in meiner Schrift eingehend erörtert finden.

    Unstreitig handelt es sich bei der Atomenlehre nicht allein um die Frage, ob durch die atomistische Ansicht den Bedürfnissen des Physikers genügt werde, und sie einen Abschluß in sich finden kann, sondern auch ob sie auf befriedigende Weise in allgemeinere Ansichten eingehen oder sich mit solchen verknüpfen kann; ob durch eine Ansicht, welche die Atomistik in sich aufnimmt, oder damit in Bezug setzt, höheren allgemeinen ideellen Interessen genügt werden kann, eine in sich einstimmige, erbauliche, gedeihliche Weltansicht damit zu Stande kommen kann. Ja der Philosoph wird, und es sei mit Recht, hierin den Kern der Frage suchen.

    Ich gebe wieder Zweierlei zu: Einmal, daß die Atomistik Leucipp's und Democrit's solchen Anforderungen nicht genügt. Aber was würde man sagen, wenn die dynamische Ansicht deshalb verworfen werden sollte, weil diese oder jene, weil namentlich die älteste Auffassung solchen Anforderungen nicht mehr genügt. Sei immerhin die Atomistik Leucipp's das Ei, aus dem die neuere Atomistik gekommen; aber das Ei zerbirst, der Vogel fliegt, man wälze nicht immer noch die alte Eierschale, nachdem der Vogel längst in anderen Regionen ist, und meine, wenn man die schon halb zertrümmerte vollends zertrümmert, man habe etwas getan.

    Ich gebe zweitens zu, daß die herrschenden philosophischen Systeme, indem sie die höchsten Interessen zu befriedigen suchen, die Atomistik nicht auf ihrem Wege finden. Aber welches der herrschenden philosophischen Systeme hat denn wirklich unsere höchsten Interessen befriedigt? Ja darin selbst liegt ein Teil ihrer Nichtbefriedigung, daß sie mit der Naturwissenschaft in so hartem Zwiespalt liegen, und dieser Zwiespalt hängt großen Teils an der Atomenfrage. Wäre denn nicht ein System willkommen, welches die allgemeinsten und höchsten Interessen vielmehr mit Einschluß der Interessen der Naturwissenschaft befriedigte? Dies aber wird die Atome nicht verwerfen können, sondern brauchen. Die Naturwissenschaft ist so zu sagen der Leib, die Philosophie die Seele des Wissens. Wenn man den Leib mit Seelenspeise nähren will, - und das sind die flüchtigen Kategorien der Philosophen statt der festen Atome, - verkümmern Leib und Seele. Wer wird überhaupt je beweisen können, daß eine Zerfällung der Weltkörper in kleinere diskrete Massen unseren wichtigsten Interessen mehr widerstrebt, als die der Welt in große? Was sage ich, Zerfällung? Vielmehr wer wird je beweisen können, daß ein System aus großen Gliedern an Wert verliert, wenn sich die großen Glieder weiter, mehr in's Feine gliedern? Sonst aber sagt die physikalische Atomistik nichts. Und selbst, wenn eine philosophische Vollendung der Atomistik noch mehr sagen und verlangen sollte, und der dynamische Begriff der raumerfüllenden Kraft damit endlich ganz fallen müßte, was hat denn dieser Begriff, oder vielmehr dies Phantom aus zerfließlichen, in einander überschlagenden Begriffen zu unserem Heile, unserer Klarheit beigetragen, was gefestigt, was nicht vielmehr in sein Schwanken, seine Wirren mit hineingezogen? Man lese Schelling's, Hegel's, ihrer Schüler Darstellungen, und man mag sich die Antwort selber geben. Ich nehme Kant nicht aus, und die Dynamiker selber nehmen ihn nicht aus, wenn von Unklarheit und Untriftigkeit der dynamischen Grundbegriffe und Konstruktionen die Rede2) ist; ja Keiner von Kant bis Schelling, Hegel und den Neuesten nimmt den anderen damit aus. Was aber soll es heißen, daß jeder für sich allein die Klarheit und Triftigkeit zu haben, allein auf der Höhe der Einsicht zu stehen meint. Sonst gilt als Klarheit und Triftigkeit in der Wissenschaft, daß auch Andere klar und triftig finden, was man sagt; man stürmt den Himmel nicht, indem man sich wechselseitig von der Höhe stürzt. Die Philosophen sind freilich leicht damit zur Hand, wenn Physiker keine Klarheit und Bündigkeit in den philosophischen Begründungen und Entwickelungen der dynamischen Ansicht finden können, sie wegen ihrer Blindheit und Verstocktheit gegen die höhere philosophische Klarheit und Einsicht anzuklagen; da aber die Philosophen in dieser Hinsicht dieselbe Blindheit und Verstocktheit gegen einander selbst beweisen, so kann hier keine Schuld der Physiker, sondern nur der Philosophen selbst zu suchen sein.

2) Vgl. u. a. die Ausstellungen gegen Kant von Schelling in dessen Ideen z. e. Philos. der Natur. S. 275. 341., von Hegel in s. Werken. VII. S. 68.
 
 
    Oder liegt etwa das Verdienst jenes Begriffes auf einem anderen als dem Wissensfelde, und wird da so bedeutungsvoll, daß wir auch wohl etwas von Klarheit und Übereinstimmung in seiner Fassungsweise dafür opfern können? Gewährt er eine schönere Weltanschauung? Bedarf der Glaube an Gott, Unsterblichkeit und Freiheit seiner? Kurz, was sind endlich die höheren allgemeineren Interessen des Denkens, Fühlens, Glaubens, die sich nur mit der dynamischen, nicht mit der atomistischen Ansicht befriedigen lassen?

    Ich gehe auch auf diese Seite der Frage in meiner Schrift ein. Ich suche zu zeigen, daß, falls man nur die Atomistik als das faßt, was sie im besten Sinne ist, im besten, der zugleich der wahrte ist, nicht als eine Zersplitterung, sondern als eine Gliederung und zwar als Fortsetzung der Gliederung, die oben sichtbar ist, in's Unsichtbare nach unten, eine nicht nur klarere und klarer darstellbare, sondern auch schönere, erbaulichere, abgestuftere, individualisiertere, reicher und feiner entwickelte, lebendigere Weltanschauung unter Festhaltung doch gleicher Einheit gewonnen wird, als mit der dynamischen Ansicht, und daß mit dieser Weltanschauung jedem unserer höchsten, letzten und liebsten Interessen sein Recht werden kann; wenn schon die Atomistik, als direkt nur auf den Bau der Körperwelt bezüglich, nicht sich anmaßen kann, die Harmonie des Alls aus sich begründen zu wollen, genug, daß sie in's Band derselben tritt und es vermitteln hilft. Aber warum kam diese Seite der Atomistik bisher so wenig zu Tage? Weil eben die Philosophie, die sie zu Tage hätte bringen sollen, die ganze Atomistik in den Hintergrund geschoben und nur ein verzerrtes Bild derselben dafür vorgeschoben hat; innerhalb der Physik aber ist es nicht Zeit und Aufgabe der Atomistik, ihre Schönheit zu präsentieren und mit anderen Lehren zusammen Musik zu machen, sondern sich der Arbeit zu befleißigen.

    Handelt es sich insbesondere um die Frage, wiefern die geistige Verknüpfung der Existenz sich mit einer atomistischen Weltansicht verträgt, so darf ich vielleicht etwas mit auf meine früheren Schriften3) verweisen, in denen zwar (so weit es nicht physikalische sind) die Atomistik nicht zur Sprache gebracht wird, weil sie nicht dahin gehört, die aber doch alle dieselbe atomistische Ansicht, die sich in meiner neuesten Schrift auslegt, im Rückhalt und im Hintergrunde gehabt haben. Ich sage, die Atomistik gehört nicht in Betrachtungen, wo es sich um den Aufblick von der körperlichen zur geistigen Welt handelt; denn sie tut sich nur bei gründlichster Vertiefung in die Körperwelt selbst auf; der Geist heftet sich überhaupt nirgends an Atome, sondern an Systeme; es gibt nur ein Verhältnis des Geistes zu körperlichen Systemen, nicht zu Atomen; aber eben deshalb widersprechen ihm auch nicht Systeme, sondern er bedarf derselben; und die Atomistik sieht noch da Systeme, wo die dynamische Ansicht nur ein verwischtes Wesen hat. "Der Geist tritt auf, und fragt, was habe ich mit euch zu schaffen; und die Atome sagen, wir breiten unsere Einzelnheiten deiner Einheit unter, das Gesetz ist der Heerführer unserer Scharen, du aber bist der König, in dessen Dienste er sie führt." So meine Schrift. Und so hat mich der Gedanke, daß die ganze Natur ein Atomensystem ist, auch nicht hindern können, dem Geiste so viel, ja vielleicht mehr Spielraum, Macht und Recht in und über der Welt zu geben, als irgend ein Dynamiker, und die Immanenz der ganzen körperlichen Welt selbst im Geiste oder des Geistes in der Welt, je nach dem man es fassen will (Zend-Avesta I. 422.), damit verträglich zu finden. Ja die Fortführung des Stufenbaues der Welt von Oben bis zu einem letzten Abschluß (durch einfache Atome), wo endlich gar kein Band an sich in der Materie selbst übrig bleibt, konnte es mir nur erleichtern, das ganze letzte Band dieses durchsichtigen Baues in den Geist zu legen. Die Helle, die durch alle Himmel zwischen die Weltkörper geht, durchdringt und lichtet die Weltkörper selbst bis in's Innerste, bis in die letzte Tiefe, und was für die äußere Erscheinung als eine unendliche Vielheit von diskret Einzelnem sich gegenübersteht, die Zahllosigkeit der Körpermonaden, knüpft sich in Selbsterscheinung zur einen geistigen Monas; wie aber dem Allsystem jener Monaden sich besondere Systeme unterordnen, so ordnen sich der geistigen Monas des Alls besondere geistige Wesenheiten, die besonderen Systeme knüpfend, unter, und wie kein einheitlich und individuell geknüpftes und tätiges System vergeht ohne ein eben so einheitlich und individuell geartetes System ewiger Folgen (man fasse sie nur in ihrer Totalität), so vergeht das zeitliche Leben keines geistigen Wesens, ohne in ein ewiges Leben überzugehen; denn die einheitliche Selbsterscheinung der Seele knüpft sich schon jetzt nicht an den Stillstand, das Bleiben, das Feste des Systems, sondern an den Wechsel, die Regung und die Auseinanderfolge der Regungen der Körpermonaden; der Geist ist nicht nur ihr Verknüpfendes, sondern auch Stoff und Form der Verknüpfung Wechselndes, eine Einheit durch die Sukzession wie durch den gleichzeitigen Bestand des Systems der Monaden, das ihm unterliegt, Erhaltendes. Doch es kann nicht meine Absicht sein, ein ganzes Glaubensbekenntnis in extenso hier entwickeln zu wollen. Man kann es anderwärts in meinen Schriften finden. Genug, daß die Atomistik sich aller Gesichtspunkte, welche die Einheit, Höhe, Dauer, Entwicklung des Geistes betreffen, und auf welche zu halten uns ideelle und praktische Interessen gebieten, so gut zu bemächtigen weiß, als es irgendwie eine entgegenstehende Ansicht vermöchte.

3) Büchlein vom Leben nach dem Tode, Nanna, Zend-Avesta.
 
 
    Und gibt es weiter nichts, was der Ansicht einer atomistischen Unterlage des Geistes zu Statten kommt, als daß sie sich überhaupt fassen und erbaulich gestalten läßt?

    Ich erinnerte oben an den atomistisch disponierten Bau des Gehirns. Wohlan, wenn ein atomistisch disponiertes Gehirn sich mit einem darin oder darüber waltenden Geist verträgt, warum weniger eine atomistisch disponierte Welt? Zwar die Fasern und Zellen des Gehirns kleben noch an einander; aber meint man, daß der Geist an diesem Aneinanderkleben klebt? Wird der wundervolle Bau des Gehirns selbst dadurch weniger wundervoll, minderer Leistungen für den Geist fähig werden, daß wir die Gliederung in Fasern und Zellen noch tiefer als zu Fasern und Zellen fortgesetzt uns denken, und hiermit eine größere Ähnlichkeit seines Baues mit dem großen Weltbau selbst gewinnen. Werden nicht vielmehr dadurch die Leistungen des Gehirnbaues für den Geist und ein geistiger Herrscher des Weltbaues in Beziehung gebracht?

    Drückt der Mensch das höchste Geistige dynamisch oder atomistisch aus, wenn er es objektiv in der materiellen Welt aus sich herausstellt? Ich meine doch, die Buchstaben sind vielmehr atomistisch als dynamisch disponiert. Sie können je nach ihrer verschiedenen Zusammenstellung das Verschiedenste und selbst Höchste im geistigen Gebiete bedeuten. Warum können nicht also auch die Atome Buchstaben sein, welche je nach ihrer verschiedenen Zusammenstellung das Verschiedenste und selbst das Höchste im geistigen Gebiete bedeuten? Und wenn Buchstaben dies schon durch ihre ruhende Zusammenstellung vermögen, wie viel mehr werden es die Atome durch die Zusammenstellung und den Wechsel ihrer Bewegungen vermögen? Die höheren Verhältnisse darin mögen das höhere Geistige tragen.

    Wenn eine Symphonie ertönt, sehen wir doch nach, ob die Instrumente dazu in dynamischem Flusse oder atomistischer Sonderung gegen einander bestehen; ja setzt sich nicht in viele Instrumente der Atomismus noch sichtbar fort; da gibt es Saiten, Tasten. Wird etwa keine Weltharmonie mehr möglich sein, wenn sich der Atomismus dann weiter auch noch in die Saiten, Tasten fortsetzt, und endlich die ganze Natur ein Instrument aus feinsten, freiesten Tasten ist? Nach dieser Vorstellungsweise wird die Musik, die den Tanz des Menschen begleitet, selbst nur ein Tanz aus freiesten Teilen. Nach der dynamischen Vorstellungsweise besteht sie in einem Hin- und Herzerren und Drücken der unwiederbringlich an einander haftenden Materie, vergleicht sich der Tanz der Körperteile mit dem Tanze, den fest an einander geschlossene Baugefangene mit einander auszuführen vermögen.

    Anstatt mit abstrakten vieldeutigen Worten und Begriffen, weithergeholten Betrachtungen über die Möglichkeit abzusprechen, eine atomistische Disposition des Körperlichen mit höherer geistiger Einigung und Bedeutung vereinbar zu finden, halte man sich doch vor allen Dingen an die nächstliegenden handgreiflichen Beispiele, wie sie hier vorgeführt worden sind, und bilde danach seinen Begriff der Möglichkeit, statt aus Begriffen eine Unmölichkeit zu demonstrieren, wo entgegenstehende Wirklichkeiten vorliegen. Freilich kann man auch die Atomistik in unpassende Beziehung zum Geistigen setzen; ich sage wieder, man halte sich an solche Beispiele, bilde danach seine Begriffe, und man wird der Gefahr entgehen.

    Aber man kehrt die Sache um, man konstruiert die Welt von Oben aus Begriffen, und weil kein einzelnes Beispiel die Allgemeinheit der Begriffe deckt, die man zur Weltkonstruktion braucht, so kümmert man sich gar nicht mehr um solche Beispiele; statt daß der umfassendste Blick auf solche Beispiele, das tiefste Eingehen in dieselben die allgemeinsten Begriffe bestimmen sollte. Zu diesem tiefen Eingehen gehört nach körperlicher Seite die Atomistik.

    Darin liegt der Kern der Sache. Wenn man einen weiten und empfänglichen Blick nach Oben richtete in das Atomsystem des Himmels, wenn man mit einer Wissenschaft, die exakt zu schließen weiß, und mit der Forderung gleicher Klarheit, als man nach Oben hat, nach Unten ginge, Alles, was sich sehen läßt, zum Schlusse auf das benutzend, was nicht mehr zu sehen; wenn man um sich blickte, und allenthalben Organisation, Harmonie, Geist auf atomistischem Baue ruhend, solchen knüpfend fände; so könnte man auf solcher Unterlage zu allgemeinsten Begriffen des Seins, des Geistes, der Materie, ihrer Knüpfung und letzten Spitze aufsteigend, zu keinen anderen Prinzipien kommen, als in deren Konsequenz der atomistische Bau der Welt auch wieder läge; nur daß ihn die Philosophie bis zu einer Grenze durchzubilden hätte, wohin weder Erfahrung noch Erfahrungswissenschaft reicht. Aber umsonst bieten sich alle jene Beispiele dar, die in ihrer Gesamtheit eigentlich die Welt beinah schon geben; sie sind ganz vergeblich. Vielmehr der roheste sinnliche Augenschein als Vater hat mit einer Spekulation als Mutter, die Alles glaubt aus ihrem eigenen Leibe gebären zu können, jenes Ungeheuer erzeugt, das sich die dynamische Naturansicht nennt. Mit Unrecht sage ich ein Ungeheuer; wie viele! die sich endlich beinahe nur noch davon nähren, daß sie einander wechselseits verschlingen.

    Freilich zwischen den Weltkörpern ist nach den Physikern selbst noch der kontinuierliche Äther, freilich zwischen den Hirnfasern kontinuierliche Feuchtigkeit, zwischen den Buchstaben kontinuierliches Papier, zwischen den musikalischen Instrumenten kontinuierliche Luft; überall zunächst nur eine relative Diskontinuität, ein Bild, ein Zeichen, ein Führer zu der absoluten; doch statt dem Arme des Weisers nach dem Ziel, wohin er weist, zu folgen, erklärt der Philosoph gleich das Ende des Armes für das Ende des Weges.

    Die physikalische Atomistik folgt des Weisers Richtung; sie löst das scheinbare Kontinuum des Zwischenmittels von Äther, Luft, Wasser, Papier abermals in Diskontinuierliches auf; sie tut es nicht etwa bloß auf das Geheiß des Weisers, weil das Relative auf ein Absolutes weist, sie tut's gezwungen, weil überhaupt kein anderer Weg in Fortsetzung desjenigen liegt, dem sie von jeher folgte, und nur auf diesem Klarheit und Erfolge lagen. Nicht die relative Diskontinuität, die sich von selbst auf ihrem bisherigen Wege darbot, ohne daß sie erst zu schließen brauchte, ihr bisheriger Weg selbst, ihr Prinzip des Fortschrittes, Schlusses, ist das, was sie zwingt, den Atomismus weiter fortzuführen, sie nötigt, den Schein des Kontinuum, der sich noch bietet, des Weiteren in Diskontinuität aufzulösen. Ob freilich dies nicht wiederum nur relative Diskontinuität ist, vermag sie nicht zu sagen, und so kann sie dem Dynamiker auch nicht wehren, wenn er in seinem Horror Vacui zwischen den Atomen des Äthers, der Luft, des Wassers, des Festen abermals ein feineres kontinuierliches Wesen statuieren will, das den Physiker nur nichts kümmert, weil es ihm nichts leistet, d. h. zur Verknüpfung, Erklärung der Naturerscheinungen nichts dient. Jedenfalls aber stehen bleiben kann der Physiker nicht bei der relativen Diskontinuität, wie sie zunächst sich bietet, ohne seine Wissenschaft selbst zum Stillstand zu verdammen, und darf behaupten, wenn jedes höhere Interesse mit einer relativen Diskontinuität, wie sie zunächst sich bietet, sich verträgt, auch eine Vertiefung zu einer weiteren Stufe sich damit vertragen wird. So viel und mehr nicht als diese beiden Punkte sagt der erste Teil meiner Schrift.

    Doch gehe ich meinerseits (im zweiten Teile) den Weg, den erst der Weiser der Anschauung, dann in selbiger Richtung weiter der Weiser des exakten Schlusses wies, endlich dem Weiser der Idee, die Abschluß will, folgend, bis zum letzten Ziele, das ist die absolute Diskontinuität einfacher, nicht ferner teilbarer Wesen, die nur noch einen Ort, keine Ausdehnung, im Raum mehr haben, hiermit zur denkbar letzten, feinsten und freiesten Gliederung der Welt. Ich zeige, wie die absolute Diskontinuität und Unteilbarkeit der Elemente der Materie zur absoluten Kontinuität und Teilbarkeit des Raumes, worin sie enthalten sind, zugleich im Verhältnis der Ergänzung und des Gegensatzes auftritt; und wie absolute Diskontinuität und Unteilbarkeit selbst wesentlich zusammenhängen. Auch kann man, wenn man Gefallen am dialektischen Formalismus findet, hiernach leicht die Materie als die Negation oder dialektische Aufhebung des Raumes oder umgekehrt betrachten, wie überhaupt, wenn etwas darauf ankäme, die Atomistik sich so gut dialektisch formulieren ließe, als die dynamische Ansicht, nur freilich mit dem Erfolge, dadurch auch eben so unklar zu werden und den Bezug zu den Naturwissenschaften eben so zu verlieren. Zwar, dem diskontinuierlichen Atom steht nicht bloß der kontinuierliche Raum, auch die kontinuierliche Zeit gegenüber; es bietet sich aber leicht folgender Gesichtspunkt ihrer Trinität dar. Das Atom ist kontinuierlich nach keiner, die Zeit nach Einer, der Raum nach unendlich vielen Richtungen. Nach der dynamischen Ansicht fällt die Kontinuität der Materie mit der des Raumes zusammen, und es ist Nichts mit dieser Dreiheit.

    Die Hypostase anderer gegensätzlicher Begriffe verknüpft sich solidarisch durch Wesensidentität mit der vorigen. Das schlechthin Diskontinuierliche, hiermit schlechthin einfache, unteilbare Atom der Materie ist hiermit auch zugleich das schlechthin, an sich, durch sich, Begrenzte; ist in sich nichts als Grenze; Zeit und Raum dagegen als das schlechthin Kontinuierliche, in's Unendliche Teilbare, ist zugleich das schlechthin Unbegrenzte, nur Begrenzung von Anderem als sich Empfangende; - die Materie ist das schlechthin, an sich Unverbundene, doch für alle möglichen Verbindungsweisen Empfängliche, dem reinsten Begriffe des Stoffes entsprechend (verwechselt man doch selbst die Namen Materie und Stoff); Zeit und Raum das schlechthin, an sich Verbundene und allen Stoff Verbindende, nichts als Verbundenheit in sich und Verbindung für Anderes als sich, von rein formaler Natur (so daß man sie selbst nur Anschauungsformen genannt hat); - die Atome das rein Zählbare, doch Unzählige, und alle Zählbarkeit Vermittelnde, Zeit und Raum das rein Meßbare, doch Unermeßliche, und alle Meßbarkeit Vermittelnde; - die Atome das rein Intensive, nur Inhalt Gebende, das Füllende, Zeit und Raum das rein Extensive, nur Inhalt Empfangende, Leere. Nach der dynamischen Vorstellungsweise fehlt überall für die eine Seite dieser weltgegensätzlichen Begriffe die absolute Hypostase in der Welt, indes sie doch für die andere eine solche anerkennt.

    Mittelst unserer Atomistik aber gewinnt man nicht nur diese Hypostase, sondern hiermit zugleich unmittelbar die engste, letzte und klarste Verknüpfung der metaphysischen Grundbegriffe, welchen sich die gesamte reale Welt unterordnet, einen einheitlichen Knoten, geknüpft durch Identität, belebt durch Gegensatz, trilogisch gegliedert, geschlossen und gerundet. Von diesem metaphysischen Knoten laufen alle physischen Fäden der Welt aus und auseinander, indem sie sich zu unzähligen Relationen verweben. Es hindert dann nichts, diesen metaphysischen Knoten der materiellen Welt noch mit einem geistigen Knoten in Beziehung zu setzen, ja so zu sagen den metaphysischen Leib der geistigen Welteinheit selbst darin zu finden.

    Immerhin gestehe ich zu, daß dieser metaphysische Abschluß der Physik, der mit der Annahme einer absolut einfachen, diskontinuierlichen, begrenzten, stofflichen, zählbaren, intensiven Grundwesenheit der Materie steht und fällt, die Sicherheit einer Physik nicht mehr hat, die Alles unentschieden läßt, was Erfahrung und exakter Verfolg der Erfahrung nicht beweisen können. Und darum habe ich diesen Teil der Betrachtungen meiner Schrift vom ersten, der ganz auf physikalischem Boden steht, abgesondert, und als einen zweiten Teil der philosophischen Beachtung besonders dargeboten.

    Daß diese einfachen Wesen anderer Natur sind, als Herbart's, und eine andere Weltanschauung sich damit baut, brauche ich kaum zu sagen; zumal schon eine frühere Abhandlung von mir in dieser Zeitschrift manche wesentliche Differenzpunkte zwischen beiden zur Sprache bringt. Ein besonderes Kapitel in meiner Schrift stellt das Verhältnis in dieser Hinsicht noch bestimmter heraus.

    Versuche ich noch schließlich, dem Gedankengange des Dynamikers auf den Grund zu gehen, durch den der Begriff seiner raumerfüllenden Kraft zugleich begründet und die Atomistik ausgeschlossen werden soll, nicht zwar, indem ich den Windungen der Dialektik folge, in denen dieser oder jener Philosoph sich dabei bewegt, wer möchte allen diesen Wegen folgen, deren keiner dem anderen folgt, aber indem ich gerade in der Richtung durchgreife, die versteckt oder offen das Anlangen aller dieser Wege am selben Ziele bestimmt hat. Es scheint mir der zu sein: Die Körper äußern ihr Dasein nur durch ihre Kraft; warum also etwas anderes an ihnen annehmen, als Kraft; die Kraft durchdringt den Raum, also durchdringt die Materie den Raum.

    Wenn aber jede klare Betrachtung die Begrenzung und Diskretion der Weltkörper ihrer raumdurchdringenden Kraft gegenüber doch festhalten muß - wer möchte sich überhaupt sonst über Himmel und Erde verstehen - und hiermit einen Gesichtspunkt der Unterscheidung diskontinuierlicher Körper von kontinuierlicher Kraft gestatten, die Kraft auf reale Zentra, die nicht wieder Kraft heißen dürfen, beziehen muß, so muß er, was er in Bezug auf den großen Weltbau anzuerkennen hat, eben so in Bezug auf den kleinen anerkennen, und das ganze Fundament der dynamischen Raumerfüllung fällt zusammen. Der Gesichtspunkt, daß die Begrenzung der Körper durch den Konflikt einer Anziehungskraft mit einer Abstoßungskraft entstehe, oder was man sonst für diesen Gedanken substituieren mag, ist nur eine Fortführung und Entwicklung, nicht eine Stütze und Klärung jener an sich unklaren Argumentation, ja nimmt mit der anderen Hand, was mit der einen gegeben ward. Denn wenn sich durch den Konflikt beider Kräfte beliebig große und mittlere Körper abgrenzen, warum nicht auch beliebig kleine, die Atome des Physikers. Ja selbst unsere einfachen Atome ließen sich auf den Gedanken begründen, daß damit einer Abstoßungs- und Anziehungskraft zugleich Genüge geschehen solle. Die absolute Zerstreuung der Materie in den einfachen Atomen, so daß gar nichts von Materie an einander haftet, entspräche einer absoluter Repulsion, die eben so unbegrenzte Tendenz aller zu allen der Attraktion. Von jener hinge alle Trennung, von dieser alles Band der materiellen Welt ab; beide beschränken sich wechselseitig. Mit aller Anziehung kommt die Materie nie wahrhaft zu einander, wegen der Repulsion, die zu ihrem Begriff und Wesen gehört; mit aller Repulsion kommt die Materie nie wahrhaft aus einander, wird vielmehr durch die Anziehung, die von anderer Seite zu ihrem Begriff und Wesen gehört, zu Körpern, Weltkörpern, einer Welt gebunden. Warum sollte diese Interpretation beider Kräfte und ihres Konfliktes, wobei das Recht beider am vollständigsten gewahrt und doch auch ihrem Zusammenwirken vollkommen Rechnung getragen scheint, weniger möglich sein, als die, deren sich die dynamische Ansicht bedient, wo es nicht einmal zu einer wirklichen Absonderung der Materie von einander kommt, die doch durch den Repulsionsbegriff gefordert zu werden scheint. In der Tat ist sie mindestens eben so gut möglich, ließe sich eben so gut dialektisch begründen und entwickeln, will aber freilich zuletzt eben so wenig bedeuten und läßt sich eben so wenig gründlich klären, weil sie auf demselben unklaren Grunde ruht. Und wie siegreich ein Kampf der Atomistik auf solchem Grunde mit der dynamischen Ansicht, sein möchte; sich überhaupt nur auf solchem Grunde mit ihr messen wollen, hieße mit ihr zugleich zu Grunde gehen wollen. Denn wie man die Hand umwendet, stellt sich Alles bei derartigen Argumentationen anders; und was sich wenden läßt, wird sicher einmal gewendet werden.

    Der Grundstreit des Philosophen und des Physikers läßt sich zuletzt auf die Frage reduzieren, ob man sagen solle, die Kräfte durchdringen den Raum mit Materie, oder die Materie durchdringt den Raum mit Kräften. Der Philosoph geht von jener, der Physiker von dieser Wortstellung aus, oder jeder doch von einer äquivalenten4). Doch ist es eben nur der Streit um den Ausgang von einer verschiedenen Wortstellung, die eigentlich zu gar keinen verschiedenen sachlichen Folgerungen Anlaß geben könnte, wenn man bei beiden Wortstellungen gleich gut ein unterliegendes Sachliches im Auge behielte. Es tritt aber die eine jener Wortstellungen von vorn herein in einen klareren Zusammenhang mit den Ausdrucksweisen, mit denen wir sonst im Leben und der exakten Wissenschaft Sachliches zu bezeichnen pflegen, und führt daher auch zu klareren, und, weil an der Klarheit die Triftigkeit hängt, zu triftigeren Folgerung gen. Zu diesen triftigeren Folgerungen gehört die Atomistik. Sie hängt an sachlichen Begründungen, die mit der zweiten (oder ihr gleichgeltenden) Ausdrucksweise in Beziehung treten und im Sinne der ersten nicht verstanden, mittelst derselben nicht ausgedrückt, also auch nicht gefunden werden können, weil wir den ganzen Wortgebrauch verkehren müßten, um sie derselben anzupassen. Wollen wir es, so wird die Atomistik sich so gut mit der ersten, als zweiten Redeweise vertragen; ihre Begründung aber hängt überhaupt an keiner Redeweise, sondern eben nur an den Tatsachen, die dadurch bedeutet werden5).

4) So kann man den Gegensatz auch so ausdrücken: der Philosoph sagt: Die Materie beruht auf einem Zusammensein von Kräften, der Physiker dagegen: Die Kraft beruht auf einem Zusammensein von Materie im Raume.

5) Die Redeweise des Physikers verträgt selbst eben so noch eine Exposition durch Tatsächliches, wie sie derselben andererseits noch bedarf. Dabei zeigt sich, daß der Kraftbegriff vom Gesetzesbegriff abhängt. Hiervon ist des Näheren in meiner Schrift die Rede.
 
 

    So scheint mir die ganze dynamische Ansicht sich endlich nur auf die Verwischung eines Unterschiedes, der als faktisch anzuerkennen ist, und die Verkehrung einer Ausdrucksweise zu stützen, mit der man Faktisches zu bezeichnen gewohnt ist. Nun ist es kein Wunder, wenn von jeher mit der dynamischen Ansicht weder ein klares, noch scharfes, noch feines, noch erfolgreiches Eingehen in die Naturverhältnisse hat erzielt werden können. Was Naturforscher mit dynamischer Naturansicht in dieser Hinsicht geleistet haben, haben sie in der Tat nur in so weit geleistet, als der Unterschied der atomistischen und dynamischen Naturansicht sich noch nicht geltend macht. Er macht sich aber, wie ich schon gesagt habe, eben so in Betreff der letzten Verknüpfung als feinsten Ausarbeitung der naturwissenschaftlichen Disziplinen geltend. Dazwischen kann allerdings noch viel Verdienst liegen.

    Vor kurzem fiel mir auf dem Titel von Gliddo'ns Types of Mankind das Motto in die Augen: "Words are things." Dieses Motto ist das Motto der Naturwissenschaften: Indem sie von Atomen spricht, spricht sie von Dingen. Die heutige Philosophie setzt uns oft in Versuchung, das umgekehrte Motto "Things are words" für das ihre zu halten. Sie hebt die Dinge in Worte auf, als wenn sie erst hiermit zu Etwas würden, und hebt Dinge durch Worte auf, als wenn sie hiermit zu Nichts würden. Die Atome sind ihr nichts, trotz alles Wirklichen, was sie bedingen, weil auch dies Bedingen von ihr wieder teils in Worte teils durch Worte aufgehoben, und nach dem ganzen tatsächlichen Zusammenhange des Bedingens gar nicht gefragt und nicht gesehen wird.