Elisabeth Piper

Für Schnellleser:
Josepha und die Drillinge...

Von See-Elefanten, Brennnesseln und Schlapppantoffeln

See-Elefanten und Schnee-Eulen sprangen mir kürzlich aus Meyers Lexikon von 1912 ins Schreibweisen suchende Auge. Aus Jahrgang 1912 stammt auch unsere Nenntante Josepha, die in ihrer Jugend noch auf einem Sopha mit ph saß und Cakes aß. In ihrem von Epheu umrankten Häuschen war sie thätig mit th und las in ihren Mußestunden (Freizeit war noch nicht erfunden) "Die drei gerechten Kammacher" von Gottfried Keller, mit nur zwei m in der Mitte, es sei denn, das Wort mußte am Zeilenende in Kamm- und -macher getrennt werden. Entsprechend hielt es Josepha, wenn sie Bettücher, Rolläden oder, selten genug, die Schiffahrt schriftlich erwähnte.

Josepha hat sich im Laufe ihres langen Lebens an tätig, Sofa, Keks und Efeu gewöhnt, obwohl (oder weil?) ihr Veränderungen nie amtlich verordnet wurden. Sie lebte mit der Wandelbarkeit der Sprache und will auch jetzt niemanden wegen irgendwelcher Verwirrreformen volllabern. Im Gegenteil! Wenn sie in unserer schnelllebigen Zeit ihren Nennnichten und Nennneffen ihre Jugend beschreibt, kann sie sich an der eindrucksvollen Verdreifachung von Buchstaben geradezu begeistern. "Wenn schon, denn schon", ist ihr Motto, und "das ist doch mal was Lustiges, alle diese Drillinge!"

Neulich schrieb sie uns, wie sie als Kind ihrem Vater abends oft die Schlapppantoffeln brachte, wie sie einmal eine Stalllaterne mit gutem Stofffutter statt mit alten Wolllappen putzte, wie ein Fetttopf vom Geschirrregal fiel und wie ihr Großvater sich volllaufen ließ, bis er leider mit einer Sufffahne in die Brennnesseln stolperte. Josepha hatte ein Kaninchen, Stammmutter vieler Stalllieblinge, das nach seinem Ableben ein wunderbares Mufffell hinterließ. Der Muff und ein Lammmantel wärmten sie. Ihr Bruder dagegen war Fußballliebhaber und bekam einmal einen teuren Ball aus dem besten Ballleder, das es damals gab.

Noch heute setzt Tante Josepha, die ihre Briefe mit der Hand schreibt, über n und m einfach einen Strich, um sie zu verdoppeln. Für die vielen neuen Drillinge schlägt sie eine auf mathematische Art vereinfachte Schreibweise vor, nämlich "f hoch 3", also f3. Oh, im Ernst, echt? "Aber klar, also Schif3ahrt, oder vol3abern! Im Computer", sagt sie, "müßte das ja noch leichter gehen als handschriftlich!"

Der Nennneffe nimmt's ganz für bare Münze. "Du", sagt er, "hochgestellte Zahlen tippen sich aber umständlich ein. Da müßte man Textprogramme anpassen, Makros anlegen und so..." Computer-Makros kennt Tante Josepha nicht, aber per Gedankenkette fällt der trefffest spotttreibenden Tante ein, dem Neffen Rummakronen anzubieten. Rummakronen (nur zwei m!) sind gut zum Tee: ein passendes Teeessen, befindet Tante Josepha abschließend.

© Elisabeth Piper


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Horst Rothe
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letzte Änderung: 04.12.97 seit 02.12.1997