Die Umbrüche im Kontext des sogenannten Arabischen Frühlings stellen die Gesellschaften Nordafrikas bis heute vor große Herausforderungen, die auch für Europa von Bedeutung sind. Tunesien hat sich auf den mühsamen Weg in die Demokratie gemacht und dabei erfolgreich die Weichen für einen demokratischen Rechtsstaat gestellt. Wie sehen die Modelle einer besseren Zukunft aus, um die in den Ländern des Maghreb gerungen wird? Soziale Ungleichheit, die Erfahrung von Unsicherheit und historische Vermächtnisse prägen die gegenwärtigen gesellschaftlichen Debatten in Nordafrika. Auch die gravierenden ökonomischen und ökologischen Probleme, mit denen nordafrikanische Länder konfrontiert sind, schlagen sich in ihren Zukunftsmodellen nieder. Wie spiegeln sich gegenwärtige Disparitäten und gesellschaftlicher Wandel im kulturellen Bereich?
Mit diesen gesellschaftspolitisch hoch relevanten Fragen befasst sich das „Merian Centre for Advanced Studies in the Maghreb“ (MECAM), das an der Universität Tunis angesiedelt sein wird. Im März 2020 werden Sozial- und Geisteswissenschaftler aus Deutschland gemeinsam mit Kollegen der Universität Tunis mit dem Aufbau des internationalen Forschungszentrums beginnen. Von deutscher Seite sind neben der Universität Leipzig und der Universität Marburg als Koordinator auch das German Institute of Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg und das Forum Transregionale Studien in Berlin beteiligt.
Für die Universität Leipzig sind neben dem Institut für Geographie (Leitung) das Orientalische Institut und das SEPT Programm am Aufbau des Zentrums beteiligt. Im Mittelpunkt der Leipziger Aktivitäten steht der Aufbau einer internationalen Forschergruppe zum Thema „Ungleichheit und Mobilität“ sowie die Einrichtung eines Nebenstandortes in Marokko. Prof. Gertel vom Institut für Geographie, der zur Nahrungssicherung und Jugend in der arabischen Welt forscht, unterstreicht die Bedeutung des Vorhabens: "Hierbei handelt es sich um eine Initiative, die aus zwei Gründen sehr willkommen ist: Zum einen stärkt sie unsere Wissenskompetenz über den Maghreb. Obwohl wir seit sehr langer Zeit eng mit den Entwicklungen im Mittelmeerraum verbunden sind wissen wir in Deutschland sehr wenig über die Alltagssituationen, Problemlagen, Initiativen und Wünsche der Mittelmeeranrainer. Hier existiert ein dringender Forschungsbedarf. Zum anderen ist das Vorhaben von Anfang an auf Gegenseitigkeit und auf Langfristigkeit angelegt. Nicht wir in Deutschland denken einseitig über unsere Nachbarn nach, sondern gemeinsam arbeiten wir an der Entwicklung der Forschungsachsen, Wissensfelder und an Phänomenen, die uns alle betreffen – wenn auch auf unterschiedliche Weise." Dabei sei es von zentraler Bedeutung, dass es sich hierbei um ein langfristiges Vorhaben handele.
Das „Merian Centre for Advanced Studies in the Maghreb“ (MECAM) ist das fünfte vom BMBF geförderte „Merian Centre for Advanced Studies in the Humanities and Social Sciences“. Merian Centres wurden bereits in Neu-Delhi/Indien, Guadalajara/Mexiko, SãoPaulo/Brasilien und Accra/Ghana eingerichtet.