Pressemitteilung 2019/199 vom

Ein interdisziplinäres Wissenschaftlerkonsortium unter Federführung der Universität Leipzig untersucht in den kommenden zwei Jahren den Zusammenhang von Religiosität und politischen Einstellungen. Die Wissenschaftler wollen unter anderem herausfinden, welche Formen von Religiosität Einfluss auf antidemokratische Haltungen haben und welche religiösen Formen demokratieförderlich sind. Ebenso wollen sie untersuchen, welche Rolle Religion für die Stabilisierung oder Destabilisierung der deutschen Demokratie spielt und ob bestimmte Formen von Religiosität in Beziehung zu Vorurteilen stehen. Gefördert wird die Studie der Universitäten Leipzig, Duisburg-Essen, Luzern und Bern von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

„Im Zentrum der Studie stehen die Wirkungen, die verschiedene Typen von Religiosität auf politische und antidemokratische sowie rechtsextreme Einstellungen besitzen und wie dies die politische Kultur in Deutschland beeinflusst“, sagt Religionssoziologe Prof. Dr. Gert Pickel, Sprecher des interdisziplinären Konsortiums zur Erforschung des Verhältnisses von Kirchenmitgliedschaft, Religiosität, politischer Kultur und Vorurteilsstrukturen. Kern des Projekts ist die Konzeption und Umsetzung einer repräsentativen Umfrage unter 2.500 Bundesbürgern. Sie enthält neu entwickelte Instrumente der politischen Kulturforschung, für die Prof. Dr. Susanne Pickel vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen zuständig ist, sowie der Vorurteilsforschung und der differenzierten Erfassung von Kirchenmitgliedschaft und Religiosität ebenso wie Fragen zu Religion und Rechtsextremismusforschung. Die Untersuchung findet in Verbindung mit der seit 2002 laufenden Leipziger Autoritarismus-Studie im Sommer 2020 statt. Mitglieder des internationalen Konsortiums sind neben dem Sprecher Prof. Dr. Gert Pickel (Leipzig),  PD Dr. Oliver Decker (Leipzig), Prof. Dr. Stefan Huber (Bern), Prof. Dr. Antonius Liedhegener (Luzern), Prof. Dr. Susanne Pickel (Duisburg-Essen) und Dr. Alexander Yendell (Leipzig).

„Ausgangspunkt des Interesses sind speziell die in den vergangenen Jahren immer stärker zu Tage tretenden Prozesse gesellschaftlicher Polarisierung und Radikalisierung, die auch vor Kirchengemeinden nicht Halt gemacht haben“, erklärt Gert Pickel. Es finden sich verschiedene Vorstellungen und theologische Begründungslinien, die unterschiedliche Positionen zu Demokratie ebenso wie zu rechtspopulistischen beziehungsweise rechtradikalen Argumenten nach sich ziehen. Bislang vorliegende Umfragestudien hätten unbefriedigende Ergebnisse gebracht. Bislang seien differenzierte Fragen zu Religiosität und politischer Kultur sowie spezifische Vorurteilsmuster nicht in einer Umfrage gemeinsam erfasst worden. Deshalb fehlten tiefere Kenntnisse über das Verständnis von Demokratie in Verbindung mit Religion oft vollständig. In der Studie kommen Fragen zur persönlichen Relevanz und der inhaltlichen Ausrichtung der Religiosität genauso zum Einsatz, wie neuentwickelte Fragen zum Demokratieverständnis, sozialem Engagement, zu Anti-Genderismus und Persönlichkeitsstrukturen. Aufgrund dieser Vielfalt inhaltlicher Fragestellungen und Herausforderungen haben sich in dem Konsortium Wissenschaftler mit langjähriger Erfahrung in verschiedenen Fachdisziplinen und Themenbereichen zusammengeschlossen. Erste Ergebnisse der Studie werden 2021 der Öffentlichkeit präsentiert.