Pressemitteilung 2020/268 vom

Ein internationales Forscherteam unter Leitung der Universität Leipzig hat in einem Langzeitexperiment die Folgen von Veränderungen in der Artenvielfalt der Pflanzen für die Funktionsweise von Ökosystemen untersucht. Die Wissenschaftler haben festgestellt, dass sich die Beziehungen zwischen Pflanzenmerkmalen und Ökosystemfunktionen von Jahr zu Jahr ändern. Die Vorhersage der langfristigen Folgen des Wandels der biologischen Vielfalt sei daher äußerst schwierig, schreiben sie in einem Beitrag für das Fachjournal „Nature Ecology & Evolution“.

„Wir fanden heraus, dass - längerfristig betrachtet - die Verbindungen zwischen Pflanzenmerkmalen und Ökosystemfunktionen tatsächlich sehr schwach waren, da wir nur ungefähr zwölf Prozent der Varianz in der Funktion des Ökosystems erklären konnten“, sagt der Erstautor des Papers, Dr. Fons van der Plas vom Institut für Biologie der Universität Leipzig. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) sowie anderer Forschungseinrichtungen aus dem In- und Ausland fand er andere Muster als in früheren Studien, die sich auf kurzfristige Zusammenhänge zwischen Pflanzenmerkmalen und Ökosystemfunktionen konzentrierten. Diese hatten bislang viel stärkere Verbindungen zwischen den Pflanzenmerkmalen und der Funktionsweise der Ökosysteme angenommen. 

„Der Hauptunterschied zwischen unseren und früheren Studien bestand darin, dass unsere Arbeit über einen Zeitraum von zehn Jahren durchgeführt wurde, während sich die meisten anderen Studien auf Daten stützten, die nur in einem Jahr gemessen wurden“, erklärt der Biologe. Die Beziehungen zwischen Pflanzenmerkmalen und Ökosystemfunktionen änderten sich von Jahr zu Jahr: Einige Arten sterben lokal aus, andere ersetzen sie.

Wissenschaftler stellen sich daher immer wieder die Frage, welche Konsequenzen dieser Wandel der biologischen Vielfalt für die Funktionsweise von Ökosystemen hat, beispielsweise für die Biomasseproduktion, die Kohlenstoffbindung und die Bestäubung. Sie stützen sich bei der Vorhersage dieser Konsequenzen auf die Merkmale, in denen sich Pflanzen unterscheiden. Beispielsweise sind einige Pflanzenarten insektenbestäubt, andere windbestäubt. Von dem Wissen, welche Arten in Zukunft häufiger vorkommen und welche Eigenschaften diese Arten haben, erhoffen sie sich präzisere Vorhersagemöglichkeiten.

Das Forscherteam um van der Plas fand nun beispielsweise heraus, dass die pflanzliche Biomasseproduktion in einigen Jahren in Pflanzengemeinschaften maximiert wurde, die von Arten mit dicken Wurzeln dominiert wurden, in anderen Jahren wiederum von ganz anderen Pflanzengemeinschaften. In fast jedem Jahr sei ein anderes Pflanzenmerkmal für die Maximierung der Biomasseproduktion bedeutsam gewesen. Deshalb ist es van der Plas zufolge über längere Zeiträume äußerst schwierig, genau vorherzusagen, wie sich Veränderungen in Pflanzengemeinschaften auf das Funktionieren der Ökosysteme auswirken.

Die Publikation in „Nature Ecology & Evolution“:
„Plant traits alone are poor predictors of ecosystem properties and long-term ecosystem functioning“, doi.org/10.1038/s41559-020-01316-9