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Gemeinschaften von Bodentieren in den Tropen werden von Pflanzenwurzeln und den daraus hervorgehenden Ressourcen bestimmt. Dies ist das zentrale Ergebnis einer neuen Studie eines Forscherteams unter Leitung der Universität Göttingen, des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig. In einem einzigen Hektar Boden arbeiten Millionen kleiner Lebewesen wie Regenwürmer, Springschwänze, Milben, Insekten etc. für die Zersetzung und die Gesundheit des Bodens. Lange Zeit ging man davon aus, dass Laubstreu die wichtigste Ressource für diese Tiere ist. Die in Ecology Letters veröffentlichte Studie zeigt jedoch, dass die Wurzeln der Pflanzen für die tropische Bodenfauna eine mindestens ebenso große Rolle spielen.

Die Wissenschaftler:innen isolierten Parzellen in verschiedenen Ökosystemen und trennten sie mit einer Plastikbarriere vom Zugang zu den Pflanzenwurzeln ab (eine Technik, die als „root trenching“ bekannt ist). Ihre Studie umfasste sowohl Regenwald als auch Gummi- und Ölpalmenplantagen in Sumatra, Indonesien. Zum Vergleich entfernten sie alle toten Blätter, die vermeintliche Hauptressource von Tieren des Zersetzer-Systems, von anderen Versuchsflächen. Sie fanden heraus, dass ohne lebende Wurzeln die Anzahl der Tiere in den Regenwaldparzellen um 42 Prozent und in den Plantagen um 30 Prozent abnimmt. 

Im Gegensatz dazu hat die Entfernung der abgestorbenen Blätter fast keine Auswirkungen auf die Tiere im darunter liegenden Boden, während die Gesamtanzahl der Tiere (im Boden und in den abgestorbenen Blättern) im Regenwald und in den Kautschukplantagen aufgrund der physischen Streuentfernung um 60 Prozent abnahm. In Ölpalmenplantagen, wo es ohnehin kaum Streu gibt, wurden die Auswirkungen der Streuentfernung jedoch nicht beobachtet. 

Die Studie zeigte auch, dass lebende Wurzeln besonders wichtig für kleinere Bodentiere wie Milben und Springschwänze sind. Interessanterweise nahm die Häufigkeit einiger Tiergruppen – zum Beispiel der prostigmaten Milben – zu, nachdem künstliche Plastikblätter in Ölpalmenplantagen eingebracht worden waren, was zeigt, dass eine Verbesserung der Lebensraumstruktur beispielsweise durch Mulchen die Nahrungsnetze im Boden und die von ihnen erbrachten Leistungen fördern kann.

„Die Studie bietet neue Perspektiven für die Bewirtschaftung von Pflanzenabfällen in tropischen Plantagen, aber auch für die Förderung der Artenvielfalt von Bodentieren tropischer Ökosysteme durch Einbeziehung von Wurzel-basierten Ressourcen. Dies ist wichtig, um nachhaltige Agrarlandschaften in den Tropen zu entwickeln“, sagt Prof. Dr. Stefan Scheu, Leiter der Arbeitsgruppe Tierökologie an der Universität Göttingen.

„Die Ergebnisse dieser Studie sind nicht nur für den Erhalt der tropischen Bodenbiodiversität von Bedeutung, sondern auch für die Entwicklung von globalen Ökosystemmodellen, die den Kohlenstoffkreislauf in den Tropen beschreiben. Wir brauchen ein besseres Verständnis der komplexen ökologischen Systeme, die das Leben auf der Erde unterstützen“, ergänzt Dr. Anton Potapov, Leiter der Forschungsgruppe „Biodiversität und Funktionen des Bodens” am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig. 

Originalveröffentlichung:
Zheng Zhou, Jing-Zhong Lu, Jooris Preiser, Rahayu Widyastuti, Stefan Scheu, Anton Potapov (2023): "Plant roots fuel tropical soil animal communities". Ecology Letters, DOI: 10.1111/ele.14191