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Qalamos, das Portal für Handschriften aus asiatischen und afrikanischen Schrifttraditionen ist heute, 28. Juni 2022, online gegangen. Erstmalig sind nun die Metadaten und die Digitalisate von orientalischen Handschriften aus mehr als 20 deutschen Institutionen in einem gemeinsamen Portal zugänglich. Das Universitätsrechenzentrum der Universität Leipzig (URZ) übernahm die technische Entwicklung.

Mit Qalamos steht der Wissenschaft und der interessierten Öffentlichkeit eine neue Infrastruktur zur Verfügung, die einen direkten Zugang zu Metadaten und Digitalisaten aller orientalischen Handschriftensammlungen in Deutschland ermöglicht. Insgesamt werden derzeit etwa 135.000 Handschriftendatensätze zu mehr als 120.000 physischen Objekten aus asiatischen und afrikanischen Schrifttraditionen in mehr als 160 Sprachen und 80 Schriften präsentiert. Damit hat die mühsame Suche verschiedener Abschriften eines Werkes in gedruckten Katalogen oder sehr disparaten Datenbanken ein Ende. Auf einen Blick ist zu sehen, wie viele Abschriften von einer Handschrift existieren. Ebenso sind die einzelnen Teile eines Werkes rasch zu finden, wenn diese über verschiedene Institutionen verteilt sind. Darüber hinaus bietet das neue Portal die Möglichkeit, miteinander in Beziehung stehende Texte, wie beispielsweise Werk und Kommentar oder Übersetzung, ausfindig zu machen.

URZ mit großer Expertise im Bereich Handschriftenportale

Das heute vorliegende Handschriftenportal nichteuropäischer Handschriften Qalamos ist das Ergebnis einer 15 Jahre dauernden Entwicklung im Bereich der Orientalia. Begonnen wurde 2006, initiiert von Prof. Dr. Verena Klemm vom Orientalischen Institut, mit einem am Universitätsrechenzentrum der Universität Leipzig (URZ) entwickelten Prototypen, der einige Handschriften der Universitätsbibliothek Leipzig (UBL) mit einer großen Tiefenerschießung katalogisierte, wie Projektleiter Jens Kupferschmidt vom URZ sagt. „Die so entstandene Software war sehr erfolgreich. Es folgten weitere Projekte, wie die Katalogisierung der Refaiya-Bibliothek sowie weiterer Manuskriptekonvolute der UBL aus dem orientalischen Raum“, erklärt er. Mit Datenübernahmen der Staatsbibliothek zu Berlin, der Forschungsbibliothek Gotha und der Nutzung der Anwendung für die digitale Fassung der Kataloge der KOHD (Katalogisierung Orientalischer Handschriften in Deutschland) etablierte sich die vom URZ betreute und weiter entwickelte Software zu einem Quasi-Standard auf diesem Gebiet, so Kupferschmidt: „Die Zusammenführung dieser Sammlungen in einem Portal, welches die Daten der digitale Katalogisierungen zusammenfassend bereit stellt, war daher naheliegend.“  

Von den Projektpartnern angestrebt ist der möglichst vollständige Nachweis der in deutschen Gedächtnisinstitutionen wie Bibliotheken oder Museen bewahrten orientalischen Bestände und ihrer Digitalisate – aber auch Offenheit für internationale Kooperation. In Qalamos werden heute schon Sammlungen aus Indonesien, Mauretanien und dem Jemen präsentiert, die aus Forschungskooperationen mit deutschen Einrichtungen hervorgegangen sind. Aktuell stehen die Sprachgruppen Arabisch, Persisch und Osmanisch-Türkisch im Mittelpunkt. In einer geplanten zweiten Projektphase werden südasiatische Sprachgruppen den Schwerpunkt bilden.

Das Portal wird im Rahmen des DFG-Projekts „Orient-Digital“ (Laufzeit 2020–2023) entwickelt. Weitere Projektpartner sind die Staatsbibliothek zu Berlin, die Bayerische Staatsbibliothek in München und die Forschungsbibliothek Gotha. Die Gesamtverantwortung liegt bei der Orientabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

 „Qalamos“ kommt aus dem Altgriechischen und ist ein Begriff, der abgewandelt in vielen Sprachen − vom Arabischen bis zum Altäthiopischen über das Swahili bis zum Sanskrit − Schreibrohr bedeutet. Er steht für die Vielfalt, aber auch die Verbundenheit der Schriftkulturen. Im Portal werden 1.500 Jahre unschätzbares Schrift- und Kulturerbe der Menschheit bewahrt, erforscht und für eine gemeinsame Zukunft nutzbar gemacht.