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Der Übergang war fließend: Am 28. Februar legte Annekathrin Böhner nach 16 Monaten ihr Amt als Schwerbehinderten-Vertrauensfrau der Universität Leipzig nieder, weil sie in den Ruhestand gegangen ist. Ihre Nachfolgerin Carolin Werner übernahm einen Tag später nahtlos die Amtsgeschäfte. Zuvor konnte sie als Stellvertreterin wertvolle Erfahrungen in diesem so wichtigen Gremium sammeln. Beide Frauen arbeiteten schon immer Hand in Hand, nach der erfolgreichen Staffelstab-Übergabe erst recht, denn Annekathrin Böhner steht ihrer Nachfolgerin in der kommenden Zeit als geringfügig Beschäftigte tatkräftig zur Seite. Wir haben mit beiden gesprochen: Böhner zieht ihre ganz persönliche Bilanz und Werner berichtet, was sie sich als neue Schwerbehinderten-Vertrauensfrau vorgenommen hat.

Bei fast allen Bewerbungsverfahren an der Universität war Annekathrin Böhner oder ein anderes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung mit von der Partie. Sie achteten immer genau darauf, dass auch schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Bewerber:innen eingeladen und bei gleicher fachlicher Eignung bevorzugt wurden. Dennoch übt sie Kritik: „Ich finde, es gibt an der Universität Leipzig noch Luft nach oben, was generell die Akzeptanz von Schwerbehinderten angeht, vor allem aber in den Bewerbungsverfahren.“ Das Problem sei auch, dass viele Beschäftigte der Universität ihr Handicap als Privatsache ansehen und aus verschiedenen Gründen ihre Schwerbehinderung nicht angeben. „Sie wissen oft gar nicht, dass sie auch mit einem Grad der Behinderung unter 50 Prozent eine Gleichstellung beantragen können“, betont die 64-Jährige, die selbst wegen ihrer Diabeteserkrankung schwerbehindert ist und deswegen schon eher in den Ruhestand gehen kann. Je nach Grad der Behinderung gibt es für die Betreffenden weitere Erleichterungen, wie etwa mehr Urlaub, Kündigungsschutz oder bei gleicher Eignung Bevorzugung bei Bewerbungen – auch innerhalb der Universität. Dennoch wollen viele Betroffene nicht über ihre Beeinträchtigung reden – meist aus Angst vor Stigmatisierung oder davor, nicht mehr ihren Job ausüben zu dürfen.

Carolin Werner, die selbst seit einem Fahrradunfall einen Grad der Behinderung hat, musste solche schlechten Erfahrungen an der Universität Leipzig nicht machen. Sie ermuntert daher alle Beschäftigten, ihre Beeinträchtigung nicht länger zu verschweigen. „Ich mache allen Mut dazu! Keiner kommt auf die schwarze Liste. Wir natürlich und auch das Personaldezernat unterstützen gern bei der Beantragung der Gleichstellung“, sagt die 57-Jährige, die zunächst bis Ende November dieses Jahres ihr Amt ausüben wird. Dann gibt es bundesweit Neuwahlen der Schwerbehindertenvertretungen.

Bis dahin will Carolin Werner einiges in Gang setzen. So möchte sie eine Inklusionsvereinbarung auf den Weg bringen. Diese verpflichtet die Universität als Arbeitgeber, schwerbehinderten Bewerber:innen und Arbeitnehmer:innen noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken. „Es ist ein Statement nach außen, dass wir uns Inklusion auf die Fahnen schreiben“, sagt sie. Auf ihrer To-do-Liste steht auch eine Überarbeitung der Internetpräsenz der Schwerbehindertenvertretung und für Ende August die Einberufung einer Jahresversammlung, wo das Gremium aktuelle Statistiken und seine Arbeit vorstellt.

Werner ist gebürtige Osnabrückerin, die seit 1993 mit ihrer Familie in Leipzig lebt – einer Stadt, in der sie sich „unfassbar wohlfühlt“.  Die staatlich geprüfte Wirtschaftsassistentin für Fremdsprachen und Korrespondenz ist seit 22 Jahren als Fremdsprachensekretärin in der Stabsstelle Internationales tätig. Eine Kollegin hat nun vertretungsweise ihre Stelle übernommen. Die englische Sprache, mit der sie beruflich täglich zu tun hat, begleitet sie auch durch die Freizeit: Carolin Werner liebt es, amerikanische und englische Romane im Original zu lesen. „Dabei kann ich total gut entspannen“, sagt sie.