Pressemitteilung 2013/191 vom

Experimentalphysiker Prof. Dr. Marius Grundmann präsentierte am Freitag zur feierlichen Übergabe des Technikum Analytikum der Universität Leipzig den Gästen Verblüffendes. Während ihres Rundgangs durch das rundum sanierte und modernisierte Gebäude demonstrierte er, welche Nebeneffekte hochkarätige Forschungsarbeit in den Naturwissenschaften haben kann: Auf einem neuen, durchsichtigen Material, das fast so gut wie Metall den Strom leitet, briet Grundmann ein Ei. "Dies ist eine lustige Anwendung der transparenten leitfähigen Materialien, die wie ein Metall im Toaster bei elektrischem Stromfluss heiß werden, aber durchsichtig sind", erklärt er. Im modernisierten Technikum Analytikum in der Linnéstraße arbeiten Physiker und Chemiker der Universität Leipzig Hand in Hand und nun auch endlich wieder in einem Gebäude zusammen.

Prof. Dr. Detlev Belder, der mit seiner Arbeitsgruppe am Institut für Analytische Chemie bis vor einem Monat noch in einem Interim in Leipzig-Plagwitz ansässig war, hat zahlreiche Berührungspunkte mit Grundmanns Forschungsarbeit. Das neue, durchsichtige Material, an dem der Physiker forscht, verwenden die Chemiker für die heterogene Katalyse. Grundmann erklärt: "Wir arbeiten an Materialien - Oxiden - mit denen man transparente Elektronik aufbauen kann. Dies hat den Vorteil, dass man die Elektronik quasi unsichtbar und versteckt machen kann, beispielsweise auf Fensterscheiben. Eine große Anwendung sind transparente Displays. Aus den Oxiden machen wir aber auch viele andere Dinge wie Nanostrukturen. Durch die Spitze oben auf den Nanodrähten sind sie interessant für Verstärkung des elektrischen Feldes und damit Erhöhung des sogenannten Raman-Effekts, den Prof. Belder untersucht, um damit chemische Reaktionen in seinen Chiplaboratorien zu verfolgen."

Die Oxide haben Belder zufolge auch katalytische Eigenschaften, das heißt sie können chemische Reaktionen beschleunigen. Hierzu arbeiten die Physiker an bestimmten Oxiden und an Oxid-Nanostrukturen, die sie dann von Prof. Dr. Roger Gläser und seinen Mitarbeitern am Institut für Technische Chemie bezüglich ihrer katalytischen Eigenschaften untersuchen lassen. "Nanostrukturierte Systeme werden nicht nur in der Katalyse, sondern auch zum Nachweis chemischer Substanzen verwendet", erläutert Belder.

Das frisch sanierte Technikum Analytikum ermöglicht Physikern und Chemikern der Universität nicht nur eine reibungslosere Zusammenarbeit als zuvor in räumlich getrennten Domizilen, sondern bietet ihnen auch moderne Laborausstattungen wie etwa ein Laserlabor in einem funktionierenden Reinraum, den es bisher nicht gab. Im Laserlabor wird mit dem Laser unter anderem auf Nanostrukturen geschossen. Dadurch können chemische Substanzen die durch haarfeine Kanäle fließen, viel besser nachgewiesen werden als mit herkömmlichen Methoden.

"Wir können jetzt das Gebäude in seiner vollen Vielfalt nutzen", sagt Gläser. Er und seine Kollegen sind erst vor wenigen Tagen ins sanierte Technikum Analytikum umgezogen. Er freut sich auf die Zusammenarbeit mit den Forschern der anderen Institute - unter einem Dach. Das garantiert kurze Wege und eine innovative Atmosphäre.

Prof. Dr. Marius Grundmann ist Direktor des Instituts für Experimentelle Physik II an der Universität Leipzig. Aktuell forscht er an Dünnschichten und Nanostrukturen aus Metalloxiden für unsichtbare Elektronik, Hochleistungselektronik, Photovoltaik, hochauflösende Sensoren, Informationsspeicherung und -übertragung sowie die Darstellung und Kontrolle neuer makroskopischer Quantenzustände (Kondensate).

Mit der heterogenen Katalyse an multifunktionalen, nanostrukturierten Materialien befassen sich derzeit Prof. Dr. Roger Gläser, der Direktor des Instituts für Technische Chemie, und sein Team. Hierbei stehen besonders Anwendungen im Bereich der Umwelt- und Energietechnologie im Vordergrund. So werden zum Beispiel neue Katalysatoren für die Umwandlung von Biomasse in Flüssigtreibstoffe oder poröse Materialien als thermochemische Wärmespeicher erforscht. Prof. Dr. Detlev Belder, der Leiter des Instituts für Analytische Chemie, arbeitet an der Miniaturisierung chemischer Laboratorien auf Chipgröße.

Informationen zum Gebäudekomplex Technikum Analytikum

Der sanierte Gebäudekomplex des Technikum Analytikum entstand in den Jahren kurz vor der politischen Wende in der DDR und wurde im Jahr 1989 fertiggestellt. Heute wird es hauptsächlich von der Fakultät für Chemie und Mineralogie genutzt. Das Technikum Analytikum ist mit zahlreichen wissenschaftlichen Großgeräten ausgerüstet und überwiegend forschungsorientiert. In den vergangenen dreieinhalb Jahren wurde das Technikum Analytikum für 22 Millionen Euro umfassend saniert. 18,5 Millionen Euro davon stammen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und weitere 3,5 Millionen Euro vom Freistaat Sachsen. Entstanden ist ein technisch hochmodernes Laborgebäude, das höchsten Sicherheitsstandards entspricht. Den größten Teil dieser Fläche nehmen mit etwa 70 Prozent Labor- und Messräume ein. Es entstand eine Nutzfläche von mehr als 6.100 Quadratmetern.