Pressemitteilung 2019/226 vom

Ab 15. November 2019 präsentiert die Universitätsbibliothek Leipzig ihre neue Ausstellung „Zauberbücher. Die Leipziger Magica-Sammlung im Schatten der Frühaufklärung“ in der Bibliotheca Albertina. Bis zum 16. Februar 2020 wird der Öffentlichkeit hier ein einmaliger Einblick in die Welt der Magie des 17. und 18. Jahrhunderts gewährt. Die rund 140 magischen Handschriften sind eine einzigartige Kollektion derartiger Manuskripte und die größte bekannte in einer öffentlichen Bibliothek Europas.

Abracadabra! Wer hat sich nicht auch schon vergeblich nach einem schnellen Zauber für die Lösung der alltäglichen Sorgen gesehnt? Liebes- und Geldnöte, Schutz vor Krankheiten, Wahrsagerei und das ganz große Glück werden nicht nur mit den Zaubertränken von Prof. Snape oder einem faustischen Pakt mit Mephisto gelöst. Stattdessen lassen sich die Spuren der Magie bis tief in die Menschheitsgeschichte und in zahlreiche Kulturen verfolgen.

Auf diese geheimnisumwobenen Pfade der „magischen Welt“ können sich Neugierige ab dem 15. November 2019 in der Bibliotheca Albertina begeben. Die Universitätsbibliothek Leipzig präsentiert ihre Magica-Sammlung erstmals der breiten Öffentlichkeit in ihrer neuen Ausstellung „Zauberbücher“ mit Manuskripten aus dem 17. und frühen 18. Jahrhundert zu den Themen Magie, Alchemie, Astrologie, Kabbala und Zauberkunde. „Innerhalb des sehr breiten Feldes magischer Ritualliteratur ist es eine ohne Frage spektakuläre Kollektion, wohl die interessanteste in Europa, gerade in ihrer planmäßig angelegten Zusammengehörigkeit und Gestaltung“, erläutert der Ausstellungskurator und Leipziger Theologe Prof. Dr. Marco Frenschkowski.

Die Ausstellung gliedert sich in die Themen Traditionen, Orient, Alchemie, Beschwörungen sowie die Geschichte der Sammlung selbst und verfolgt damit die Traditionslinien hinter den Zaubertexten, die in ihrem kulturellen Umfeld und mit zahlreichen, meist illustrierten Beispielen vorgestellt werden. Besucher begegnen alten Bekannten, wie dem Geist aus der Flasche, fliegenden Teppichen und der Abracadabra-Beschwörungsformel. Mutige können sich gar selbst in einen Zauberkreis wagen. Zu entdecken sind außerdem Texttraditionen wie die des berühmten Dr. Faustus, alchemistische Werke, aber auch Zauberhandlungen zum Auffinden von Schätzen, Geisterbeschwörungen und Liebeszauber.

Die Magie ist hier eine Form der Welterklärung, die von verborgenen, nicht unmittelbar sichtbaren Kräften ausgeht, die von dem Kundigen beschrieben und genutzt werden können. Sie kann als rituelle Verarbeitung von Ohnmachts- und Minderwertigkeitserfahrungen verstanden werden und ist Ausdruck gemeinschaftlicher Vorstellungen. Die in den Texten niedergeschriebenen Anleitungen und Rezepte spielen mit einer potenziellen Allmacht des Menschen und den Grenzen menschlicher Natur – eine Faszination die bekanntlich bis heute alle gesellschaftlichen Gruppen erfassen kann. Dass es sich bei der Magica-Sammlung jedoch um Elitenwissen handeln muss, erläutert Prof. Frenschkowski wie folgt: „Die Kompliziertheit vieler Rituale, die damit verbundenen Vorbereitungen und Kosten, vor allem das Bildungsniveau der Texte – gute Kenntnis des Lateinischen wird auch in den deutschen Texten als selbstverständlich vorausgesetzt – zeigen, dass wir uns in besser gestellten Kreisen bewegen.“ Träger dieser Magie war also nicht eine ländlich-bäuerliche, sondern eine gebildete und bürgerliche Stadtbevölkerung – Ärzte, Apotheker, Juristen, Lehrer, Buchhändler, gebildete Kaufleute, oft auch Pfarrer und Theologen.

Die Sammlung tauchte erstmals 1710 in Leipzig auf, als 140 magische Handschriften für die immense Summe von 4.000 Reichsthalern zum Verkauf angeboten wurden – im Wert gleichzusetzen mit den damaligen Kosten von zwei oder drei Bürgerhäusern. Der genaue Ursprung ist ungeklärt, die Handschriften deuten vielfach auf professionelle Abschreiber hin, doch bleibt ihr Auftraggeber unbekannt. Der Direktor der Universitätsbibliothek, Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider, betrachtet die Sammlung als eine der „interessantesten der Universitätsbibliothek“, sie gebe aus der Zeit der Frühaufklärung einmalige Einblicke in die Welt magischer Rituale, deren geheimnisvoller Zauber auch heute noch banne und fasziniere. Die Handschriften sind seit 2011 in digitalisierter Form online frei zugänglich einzusehen, jedoch steckt die wissenschaftliche Erforschung der weitgehend unedierten Sammlung noch in den Anfängen. Die Ausstellung und der dazugehörige Katalog möchten dies nun ändern und unternehmen dabei einen Schritt zur historischen Verortung der Schriften im Leipzig des 18. Jahrhunderts.

Für die Gestaltung der Ausstellung und ihres Katalogs konnte der Künstler Stefan Gunnesch gewonnen werden, der in Leipzig und London arbeitet. Auf Wunsch kann gern ein Ausstellungskatalog als Presseexemplar zur Verfügung gestellt werden.