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Die Gesellschaft verändert sich, die Vornamen verändern sich und damit auch unsere Aufgaben an der Namenberatungsstelle-unsere Expertin Gabriele Rodriguez berichtet von ihrer Arbeit

Das Jahr 2020 brachte viele Einschränkungen durch die Corona-Pandemie. Vornamenberatung erfolgte teilweise im homeoffice, aber ohne Pause.

Im Unterschied zu anderen Ländern hatte die Pandemie kaum Einfluss auf die Wahl der Vornamen in Deutschland. Nur vereinzelt wurde der ursprüngliche Heiligenname Corona bzw. Korona als Vorname gewählt. Covid, Lockdown oder Sanitiser, die z. B. in Indien und auf den Philippinen als Vornamen vergeben wurden, sind in Deutschland nicht erlaubt. Ob die Vornamen Hope ‚Hoffnung‘, Faith ‚Glaube‘, Joy ‚Freude‘, Patience ‚Geduld‘, Heaven ‚Himmel‘ und Hero ‚Held‘ in Verbindung mit der Pandemie vergeben wurden, ist nicht sicher. In jeden Fall hatten zukünftige Eltern durch den lockdown viel Zeit für die Suche nach einem Vornamen. Auffällig sind die vielen, meist fiktiven Vornamen, die aus Comic-Serien, Trickfilmen, Filmen und auch Spielen stammen, wie z. B. Calzifer, Alucard, Venom, Batman, Goku, Miu, Lefiya, Irisdina, Sorafina, Jiggs, Harley, Jolly, Green, Thanos, Calimero, Mulan, Elliott, Goofy, Moana, Vaiana, Maleficent, Renesmée, Winjard, Samis, Firion, Molyneux, Purslane, Izzy, Lorenor, Lestat, Yerma, Ysera, Varian, Nefarian und Atréju. Besonders beliebt waren dabei Fantasy-Filme und Fantasy-Serien wie z. B. Games of Thrones oder Star Wars. So wurden z. B. Samwell, Tommen, Rickon, Tyrion, Daenerys, Cersei, Arya, Sansa, Khaleesi, Theon, Shae, Tywin, Bronn, Robb, Bran, Jaime, Jon, Gregor, Joffrey, Sandor, Catelyn, Myrcella, Ellaria, Davos, Eddard, Bronn, Goldy, Gregor, Brienne sowie Anakin, Leia, Shmi, Padmé, Amidala, Yoda, Obi, Wan, Jar, Han, Ren, Kylo, Tano, Mace, Boba, Solo, Qui, Gon, Lando, Luke, Poe, Tarkin, Jaina, Ben, Jacen und Jade als Vornamen in Deutschland eingetragen, wenn auch eher selten. Nicht ganz neu sind hawaiische Namen wie z. B. Kelani, Nalani, Aolani, Moana und Keani. Aber der weibliche Vorname Makanamaika’aina’e ist dann doch etwas gewöhnungsbedürftig. Hier wäre wohl auch die hawaiische Form Makanamaika in der Bedeutung ‚Gottes Geschenk‘ ausreichend gewesen.

In Deutschland setzt sich der Trend zu kurzen Vornamen wie z. B. Mia, Mila, Lina, Emma, Ida, Hanna sowie Ben, Noah, Leon, Emil, Paul und Felix fort. Auch traditionelle alte Vornamen wie z. B. Oskar, Karl/Carl, Gustav, Theo, Thea, Anton, Fritz, Friedrich, Frieda und Klara sind beliebt. Dabei sind die Neuen Bundesländer Vorreiter.

Ein Großteil der Eltern entscheidet sich für zeitlose Vornamen. Allerdings wählen viele Eltern neben dem zeitlosen Rufnamen auch häufig einen doch recht ausgefallenen Zweit- oder Drittnamen, der, wie sie versichern, nur in der Geburtsurkunde stehen wird. Beispiele dafür sind u. a. Mia Síomónín, Adam Ahlke, Matteo Santana, Paulina Pepper, Jimmy O’Brian, Hedda Fjella, Liz Usia, Ole Fuchs, Caio Friedensreich, Milan Zate, Paul Atreju, Pia Jupiter, Milo Lycka, Richard Voltaire, Elias Eciene, Ben Bangkok, Annie Nileya, Enno Zypros, Fiona Walküre, Leonie Nalani, Paul Eifi, Lina Evolet, Emma Zefanja, Charlotte Nanami, Aurelius Luparo, Jaron Elendriel, Zoey Renesmee und Liam Khelani. Diese Art der Namengebung kommt auch in bikulturellen Familien häufig vor, die einen in Deutschland bekannten Erstnamen und einen Zweitnamen aus dem Ursprungsland des ausländischen Elternteils für ihr Kind wählen. Im Jahr 2020 bekamen wir vor allem Anfragen zu afrikanischen, arabischen und asiatischen Vornamen, die in Deutschland kaum bekannt sind: so z. B. Chimnyerem, Ndubueze, Ikenchukwu, Ndapandula, Nghia, Inioluwa, Kamuenda, Mbulayi, Wunam, Egbe, Nehuen, Huanghao, Jia Yi, Luu Quoc, Phiyamat, Afruz, Abdulrazzak, Auaab, Arafat, Scheimaa, Schauka, Barambath, Sunjata, Riwayat, Rakiatou, Quyash und Boonyagorn.

Die Art der Anfragen hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Es wird weniger um die Bestätigung von Vornamen gebeten als noch vor zehn Jahren. Das liegt auch daran, dass die Standesämter heute freizügiger bei der Eintragung der Vornamen sind. So werden mittlerweile Lucifer und Luzifer als männliche Vornamen von vielen Standesämtern eingetragen. Wir haben jedoch wegen der negativen Wahrnehmung dieser Namen bisher keine Empfehlung zur Eintragung ausgesprochen. Auch Dienstag, Schmidt sowie Einzelbuchstaben und Ziffern wurden als Vornamen zurecht abgelehnt.

Das Kriterium der Geschlechtseindeutigkeit wird von den Standesämtern immer noch unterschiedlich gehandhabt. In der Regel wird heute nicht zwingend ein eindeutiger Zweitname bei geschlechtsneutralen Vornamen verlangt. Und doch mussten wir in diesem Jahr zahlreiche Gutachten erstellen, damit z. B. Toni, Mavi, Mara, Tali, Frede, Fidi, Elai, Elia, Lennie, Sidney, Lori, Matti, Joon, Winny, Shari und Mika als Einzelnamen eingetragen werden konnten.

Die Anfragen in Verbindung mit einer Namensänderung haben auch stark zugenommen. Dabei ging es zum Einen um Transgender sowie um Personen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität und zum Anderen um Namensänderung im Zuge der Einbürgerung von Ausländern und Spätaussiedlern. Letztere wollen oft ihren meist slawischen Familiennamen eindeutschen: so z. B. Mediakova zu Kupfer oder Beliaev zu Weiß. Auch sogenannte Vatersnamen wie z. B. Yehorovich, Pavlovich, Jur’evich, Dmitrievna, die es im deutschen Namensystem nicht gibt, bereiten immer wieder Probleme. Mittlerweile werden diese Vatersnamen als Folgevornamen eingetragen. Dies betrifft auch die Namen der muslimischen Väter aus dem arabischen und afrikanischen Raum für ihre Töchter: so z. B. Alya Ahmed oder Amina Mohamed.

Der Trend bei deutschen Eltern dem Sohn den Namen des Vaters mit dem Element -son als Zweitname zu geben, wie z. B. Davidson, setzt sich fort.

Neu waren in diesem Jahr Anfragen von chinesischen Uiguren, die ihre ursprünglich uigurischen Vornamen zurück wollten, die in China angepasst und unkenntlich gemacht wurden. Dabei war ein sehr extremer Fall von Willkür, die Eintragung von Xxx als Vorname.

Anfragen zur Namensänderung werden wohl in Zukunft noch zunehmen. Auch die Anzahl der neu eingetragenen Vornamen wächst und die Variationsbreite der Namen erfordert immer mehr Spezialwissen.

Zugenommen haben Anfragen zur Herkunft, Bedeutung, Häufigkeit und Wahrnehmung von Vornamen. Viele Eltern beschäftigen sich verantwortungsbewusst mit der Wahl des Namens für ihr Kind. Dabei wird uns immer wieder bestätigt, dass die Namenberatungsstelle eine kompetente Stelle für diese Fragen ist.