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Bis der Rotor einer neuen Windkraftanlage sich zu drehen beginnt, braucht es einen langen Atem. Einer der Gründe: In der Vorbereitung müssen die Interes­sen zahlreicher Akteur:innen berücksichtigt und viele Kompromisse gefunden werden. Die Nachwuchsfor­schungsgruppe MultiplEE (Multiple Umweltwirkungen Erneuerbarer Energien) an der Universität Leipzig beschäftigt sich mit Politikstrategien zur Bewältigung solcher Zielkonflikte bei der Energiewende. Dabei fließen Perspektiven aus der Ökologie, der Öko­nomie und der Politikwissenschaft zusammen. Der MultiplEE-­Leiter und Juniorprofessor Dr. Paul Lehmann erklärt, wie sein Team vorgeht.

Dieser Artikel erschien zuerst im Alumnimagazin 2022 der Universität Leipzig.

Worum geht es bei Multiplee?

JP Dr. Paul Lehmann: Wir erforschen, welche Herausforderungen mit dem Ausbau erneuer­barer Energien in Deutschland verbunden sind. Wir gehen davon aus, dass es eine Energiewende braucht, wenn wir das Klima schüt­zen wollen. Wir sehen aber auch, dass das nicht konfliktfrei läuft. Wir entwickeln  Konzepte und Lösungen, die einerseits die Energiewende voranbringen und andererseits Konflikte und weitergehende Ziele berücksichtigen.

Wo liegt denn genau das Problem?

Es beginnt mit der Frage, wo der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben werden soll. An welchem Standort sollen zum Beispiel Windkraftanlagen gebaut werden? Dort, wo es viel Wind gibt, also an der Küste? Oder lieber dort, wo möglichst wenige Menschen wohnen? Oder dort, wo keine gefährdeten Tierarten leben?

Und sie als Wissenschaftler:innen kennen die Lösung?

Nein, Wissenschaft kann nicht sagen: Hier ist der beste Standort. Aber wir produzieren zum Beispiel Karten, auf denen zu sehen ist, welche Standorte für welche Prioritäten am geeignetsten sind und wie stark die Effekte dort sein werden. Die Herausforderung ist: Wenn ich die Karten übereinanderlege, kommen nicht automatisch weiße Flecken heraus, wo Windkraftanlagen ohne Konflikte gebaut werden können. Ich muss immer eine Entscheidung treffen, und die hängt davon ab, welche Kriterien mir wichtiger sind. Ist der Naturschutz am wichtigsten oder die Schonung der Anwohner oder der günstigste Preis? Diese Entscheidung ist letztlich immer eine politische. Der zweite Schritt ist deshalb, Lösungen zu finden, wie diese gesellschaftlichen Entscheidungen getroffen werden können. Dazu untersuchen wir zum Beispiel,ob Standortentscheidungen für neue Windräder besser auf Landes­ oder Bundesebene getroffen werden sollten – und wie die staatliche Förderung für erneuerbare Energien weiterentwickelt werden könnte.

Die Forschungsgruppe MultiplEE im Internet: https://uni-leipzig.de/+multiplee