1. Können Sie sich noch an Ihre ersten Studientage erinnern – wie war Ihr erster Eindruck von der Universität Leipzig?

Die ersten Tage an der Universität waren unglaublich aufregend. Alles war neu und man kannte sich nicht aus. An der Fakultät für Chemie gab es Informationsveranstaltungen, in denen über die wichtigsten Orte und vieles Organisatorisches aufgeklärt wurde. Das half über die größte Aufregung hinweg. Erschreckend war damals für mich die Anzahl der Studierenden, die für den Studiengang Chemie im Jahr 2005 angenommen wurden. Wir waren damals so viele Studierende, dass nicht alle im Hörsaal einen Platz gefunden hatten. Aber die Reihen lichteten sich durch Tests und fehlende Motivation einiger Studierender sehr schnell.

Im Laufe des ersten Monats wurde vom Fachschaftsrat der Chemie außerdem eine Ausfahrt übers Wochenende organisiert. In dieser Zeit habe ich viele Menschen kennengelernt, die mich nicht nur während des Studiums begleitet und mir geholfen haben, sondern die auch heute – nach 12 Jahren – noch zu meinen besten Freunden zählen. Das Studium an der Fakultät für Chemie ist nur mit viel Fleiß und guten Freunden schaffbar.

2. Wenn Sie zurückblicken, wie würden Sie Ihr Studium kurz beschreiben?

In drei Worten: zeitaufwendig, lernintensiv und herausfordernd …

Der Studiengang Chemie ist aber auch sehr abwechslungsreich. Es finden nicht nur Vorlesungen statt, sondern auch jede Menge praktische Übungen im Labor. Dieser Teil des Studiums lag mir immer besonders gut und machte das Studieren spannend.

3. Haben Sie jemals an Ihrer Studienwahl gezweifelt? Wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?

Wenn man das erste Mal eine Klausur nicht besteht, lässt einen das schon an sich zweifeln. Solche Niederlagen kennt man aus der vorherigen Schulzeit nur selten. Aber Aufgeben war für mich keine Option. Ich wollte einfach immer mein Bestes geben und es wenigstens probieren. Heute weiß ich: Solche Niederlagen gehören dazu und kommen im Leben immer wieder vor. Man muss aufstehen und weitermachen, sich durchboxen.

4. Welche Motivationen haben Ihre Studien- bzw. Berufswahl bestimmt?

Vor allem meine persönliche und familiäre Prägung. Meine Mutter war alleinerziehend und für zwei Kinder verantwortlich. Sie arbeitete hart, um uns viele Möglichkeiten zu eröffnen. Das hat mir imponiert. Ich wollte, dass es mir mindestens genauso gut oder aber noch besser geht. Ich habe sehr früh begriffen, dass dazu eine gute Ausbildung und stetig gute Leistungen gehören. Ich möchte niemals in meinem Leben stillstehen, sondern mich stetig weiterentwickeln.

5. Was waren wichtige Stationen auf Ihrem beruflichen Weg?

Irgendwann kam ich zu dem Schluss: „Du musst wissen, was du nach dem Studium willst. Willst du in die Forschung oder willst du in die Industrie? Wenn du die Forschung willst, bleib an der Universität, knüpfe viele Kontakte und mach deinen Doktor. Willst du aber in die Industrie, dann suche Firmen, in denen du Praktika machen kannst. Sammle jede Menge Berufserfahrung und finde etwas, was dich von allen Studierenden deines Studiengangs unterscheidet. Werde beruflich gesehen etwas Besonderes.“

Ich habe mich für die Industrie entschieden, in regionalen Unternehmen Praktika gemacht, meine Masterarbeit in der Industrie geschrieben und nicht promoviert. Meinen ersten Job nach dem Studium habe ich immer noch und bin mit der Zeit im Unternehmen aufgestiegen.

6. Wie sehr hat Ihr Studium Ihre jetzige berufliche Tätigkeit geprägt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrem Studium und Ihrer Tätigkeit? Können Sie noch Dinge aus Ihrem Studium nutzen?

Vor allem das selbstständige Arbeiten und Erledigen von Aufgaben, welches im Studium in jeder Fachrichtung abverlangt worden ist. Heute bekomme ich Aufgaben und Probleme auf den Schreibtisch, für die ich Verantwortung übernehme und mir eine Lösung erarbeiten muss, ohne dass ständig jemand helfen kann. Besondere Anwendung finden die Statistik und deren Gleichungen. Es gibt immer wieder Daten, die bewertet werden müssen, um zu einer Entscheidungsfindung zu gelangen.

7. Wie sieht ein typischer Arbeitstag in Ihrer jetzigen Position aus?

Ich bin zuständig fürs Probenmanagement und sorge dafür, dass Kundenwünsche wahr werden. Ich versuche Ressourcen, wie Personal, Geräteauslastung und Zeit optimal auszunutzen. Jeden Tag bewerte ich Analysedaten und suche nach Fehlern, die im Prozess aufgetreten sein könnten. Ich suche nach präventiven Maßnahmen, damit gleiche Fehler nicht noch einmal passieren. Außerdem habe ich Personalverantwortung für 10 Mitarbeiter.

8. Was sind die wichtigsten drei Kompetenzen in Ihrem Arbeitsalltag?

Eine gute und adressatengerechte Kommunikation ist sehr wichtig in meinem Arbeitsalltag. Sowohl zu den Mitarbeitern, als auch zum Kunden. Jeden Tag versuche ich, Wünsche und Erwartungen zu erfragen und zu erfüllen.

Für meinen Job muss ich ein großes organisatorisches Geschick beweisen. Auch in stressigen Zeiten muss ich den Überblick bewahren und Prioritäten setzen können, um Termine einzuhalten. Dazu gehört auch, alles vernünftig zu dokumentieren und viel Ordnung zu halten.

Außerdem benötige ich auch ein hohes Maß an Eigenmotivation. Die Aufgaben sind zu einem gewissen Teil Routine, sodass schnell die Gefahr eintritt, dass man betriebsblind wird. Da aber der Teufel bekanntlich im Detail steckt, muss jederzeit ein klarer Kopf die Aufgaben leiten.

9. Wie gelingt Ihrer Meinung nach ein guter Berufseinstieg in Ihrer Branche (Einstiegswege, Bewerbungstipps, etc.)?

Für jeden, der in der Industrie arbeiten möchte, kann ich nur empfehlen: Versucht so viel wie möglich Berufserfahrung mitzubringen. Reine „Akademiker“ mit Doktorabschluss aber ohne Berufserfahrung sind nach meiner Erfahrung eher selten gefragt.

10. Was würden Sie den heutigen Studienanfänger/innen mit auf den Weg geben?

Die Studienzeit war eine sehr schöne Zeit für mich. Versucht so viel wie möglich Freunde zu finden. Nutzt dafür die studentischen Angebote wie Elferräte und Studentenkneipen. Trefft euch mit Studenten aus den höheren Matrikeln und helft euch gegenseitig. Das Studium ist schwer und zeitaufwendig. Jede Hilfe bringt Erleichterung. Und wer durchhält und die Augen offen hält, findet am Ende das, wofür sich der Aufwand gelohnt hat.

Persönliche Angaben

  • Name: Silke Schneider
  • Geburtsjahrgang: 1986
  • Studiengang: Chemie
  • Jahr der Immatrikulation: 2005
  • Jahr der Exmatrikulation: 2011
  • Heutiger Arbeitgeber/Position: Industrieunternehmen, Arbeitsgruppenleiter und Fachingenieur im Labor

(Interview Stand Juni 2017)