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Unsere Alumna Sandra Schmidt berichtet u.a. über die Herausforderungen der Corona-Pandemie im Rahmen ihrer Tätigkeit als Vorstandsreferentin im Bach-Archiv Leipzig.

Sandra Schmidt hat von 2000 bis 2006 Kulturwissenschaften und Germanistik an der Universität Leipzig.

1. Können Sie sich noch an Ihre ersten Studientage erinnern – wie war Ihr erster Eindruck von der Universität Leipzig?

Ja, ich erinnere mich sehr gut an die ersten Tage auf dem Campus. Das war im Oktober 2000 – und ich war ganz ehrlich ein wenig überfordert. Zum einen musste ich mich an einen komplett anderen Tagesrhythmus gewöhnen, denn vor Beginn des Studiums steckte ich bereits seit sechs Jahren voll im Arbeitsalltag mit einem 8-Stunden Tag als Bankkauffrau. Zum anderen war ich ein wenig von der räumlichen Situation und dem Zustand des Seminargebäudes auf dem alten Campusgelände erschrocken. Damals war noch nicht an die heute renovierte Anlage zu denken. Die Seminare waren zu Beginn des Semesters gnadenlos überfüllt und wir saßen zum Teil auf den Gängen ohne überhaupt den Dozenten sehen zu können. Die Institute lagen weit verstreut in der ganzen Stadt. Es brauchte einige Zeit sich als Neuleipziger zu orientieren und mit den Studienbedingungen zu arrangieren. Dennoch denke ich sehr gern an die erste Zeit zurück, denn hier entstanden auch die Bekanntschaften und Freundschaften, die noch heute bestehen. Man „kämpfte“ sich gemeinsam durch die neue Situation.

2. Welche Bedeutung hat die Uni Leipzig heute für Sie?

Heute begleitet die Universität ganz selbstverständlich meinen Alltag. Bereits am 600-jährigen Jubiläum im Jahr 2009 durfte ich als Fundraisingbeauftragte der Geschäftsstelle 2009 der Universität Leipzig – dort wurde das Jubiläum damals zentral gesteuert – mitwirken. Danach begann ich meine heutige Tätigkeit als Referentin des Vorstandes der Stiftung Bach-Archiv. Schon damals war die Stiftung ein An-Institut der Universität und arbeitet vor allem im Bereich der Forschung eng mit dem Musikwissenschaftlichen Institut zusammen. Immer wieder richten wir auch Tagungen und Konferenzen zusammen aus und unsere wissenschaftlichen Mitarbeiter wirken als Lehrende an der Hochschule. In Forschungsabteilung und Bibliothek absolvieren Studenten regelmäßig Praktika. Beim Projekt Bach digital sind wir außerdem in enger Kooperation mit dem Rechenzentrum der Universität. Daneben beteiligt sich das Bach-Museum an Fortbildungsveranstaltungen für Lehramtsstudierende. Die Seminare finden im Rahmen der vom Zentrum für Lehrerbildung und Schulforschung angebotenen Ergänzungsstudien zum Thema „Kulturelles Lernen, Ästhetische Bildung: Lernort Museum“ statt.  

Aber auch das jährliche Bachfest Leipzig kann auf die Universität als Partner zählen. Zum Beispiel kam mit Fertigstellung des Paulinum ein neuer Veranstaltungsort dazu – regelmäßig finden dort nun auch unsere Konzerte statt. Im leider abgesagten Bachfest 2020 hätten wir in der Aula- und Universitätskirche St. Pauli (früher einer der Hauptwirkungsorte Johann Sebastian Bachs) die Bach-Medaille der Stadt Leipzig an die diesjährige Preisträgerin Angela Hewitt verliehen. Außerdem lief am Institut für Musikwissenschaften im aktuellen Sommersemester das Seminar „Aus Liebe zu Bach“, bei dem wir unterstützend wirken und die Kontakte zwischen den Studierenden und Mitwirkenden Künstlern des Bachfestes herstellen – uns selbst aber auch der Befragung stellen. Gerade habe ich den Fragebogen für meine eigene Befragung erhalten und werde die von den Studenten erstellten Fragen an unser Publikum außerdem über unsere Social Media Kanäle verbreiten. Die Universität Leipzig ist in meinem Arbeitsalltag also stets präsent und auch den neuen Campus in der Innenstadt schaue ich mir auf dem Weg zur Arbeit gerne an – anders als noch im Jahr 2000.

3. Wie stellen Sie sich den Herausforderungen der Corona-Pandemie im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Vorstandsreferentin im Bach-Archiv?

Die Tätigkeit als Vorstandreferentin ist recht vielfältig. So bin ich neben meiner Referentenfunktion unter anderem auch zuständig für das Fundraising am Bach-Archiv und eine der Administratoren der Facebook-Seite. Im Rahmen des diesjährigen Bachfest Mottos „BACH – We Are Family“ war ich zudem als Projektleiterin verantwortlich für die für über 50 internationalen Chöre, die im Juni nach Leipzig gekommen wären, um beim Bachfest zu musizieren. Die Koordination und der Austausch mit den Chören von sechs Kontinenten läuft seit 2018. Corona hat uns mitten in der Hochphase der Vorbereitungen und kurz vor dem Ziel erwischt und die Absage des Festivals Anfang April war zuerst einmal ein herber Schlag auf den ein paar Tage Schockstarre folgten. Die Absage war jedoch die einzig vernünftige Lösung – da auch unser Publikum zu über 40% aus dem Ausland anreist und die Entwicklungen weltweit schon im April zeigten, dass sicher im Juni der Großteil der Gäste und Künstler und Chöre gar nicht nach Leipzig kommen kann – selbst wenn bei uns vor Ort Konzerte theoretisch wieder möglich gewesen wären. Es hat sich nun gezeigt, dass dies die richtige Entscheidung war. Denn unter geltenden Abstands- und Hygieneregeln wären Konzerte und Veranstaltungen nur mit einem Bruchteil der Gäste möglich gewesen. Das hätte jedoch finanziell zu einer  Schieflage geführt, denn die Kosten für ein Konzert sind die gleichen – egal ob 70 oder 2000 Gäste den Klängen lauschen – die Einnahmen wären damit aber nicht gleich geblieben. Nach der intensiven Vorbereitung wollten wir uns Corona aber nicht einfach geschlagen geben und haben recht schnell entschieden, das We-Are-Family-Motto auf das Jahr 2022 zu übertragen. Dabei haben wir die Unterstützung aller Chöre, die Ihre Teilnahme auch für 2022 bereits zugesichert haben – nun bleiben wir also mindestens für die kommenden zwei Jahre weiter in Kontakt. Außerdem haben wir wirklich marathonartig in den vergangenen Wochen einen online Bach-Marathon auf die Beine gestellt – zum großen Teil aus dem Home Office, ebenfalls eine völlig neue Erfahrung. Die Idee dazu kam von unserem Intendanten Michael Maul, um Gästen und Künstlern ein wenig Kompensation für das abgesagte Festival anzubieten. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen habe ich an der Umsetzung mitgewirkt und den Bach-Marathon an dann auch online im Livestream über unseren Facebook- und unseren YouTube-Kanal betreut. Den Marathon haben wir sehr erfolgreich absolviert und über 500.000 User erreicht. Noch immer sind die Konzerte abrufbar: www.facebook.com/bacharchiv ; www.youtube.com/bacharchiv

Völlig neu war für mich auch, Gremiensitzungen, die eigentlich hier vor Ort stattfinden, nun via Zoom oder Skype vorzubereiten und durchzuführen. Mein technisches Wissen um derlei Vorgänge konnte ich so auf alle Fälle erweitern und das brachte auch die Erkenntnis, dass vielleicht nicht jede Dienstreise zwingend nötig ist, und man auch virtuell an einer Besprechung teilnehmen kann.

Dennoch freue ich mich sehr, dass nun nach und nach Lockerungen in Kraft treten und die Besucher nach Schließung unserer Bibliothek und das Bach-Museums an den Thomaskirchhof und ins Bosehaus zurückkehren. Aktuell zeigen wir im Museum die Kabinettausstellung „Bach & Beethoven“. Kultur lebt nun einmal von jenen, die sie aktiv in Anspruch nehmen und ein zufriedener Besucher, ein persönlicher Dank und ein Applaus vor Ort sind vielmehr wert als 1000 liebe Worte im Livestream.

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