Spaziergang zur Klosterkirche Debre Berhan Selassi
Ein Bericht von Prof. Dr. Gerhard Asmussen, Leipzig
Heute haben wir frei – d. h. keine Studenten, die darauf warten, dass endlich „Futter geschüttet“ wird. Wir, das sind meine Kollegen und Mitstreiter der Physiologie sowie der französische Architekt (wurde schon berichtet), der uns verschiedenes zeigen will. So fuhren wir dann zu der Kirche hinaus. Sie liegt im Norden von Gondar auf einem Felsplateau und heißt etwa „Dreieinigkeit auf dem Berg des Lichts“, sie wurde vom Kaiser Iyasu I (1682-1706) gebaut und 1694 geweiht. Berühmt ist ihr Glockenturm mit einer aus Holland stammenden Glocke. Das Ganze ist von einer Mauer umgeben, der Eingang liegt in einem Torbau mit Turm, die den Mönchen als Wohnung dienen. Der Legende nach war es nicht nur diese starke Mauer, die das Kloster beim Ansturm der Mahdisten 1868 rettete, auch ein Schwarm von Bienen fiel über die Angreifer her, die daraufhin von der Eroberung des Kloster abließen – ein Wunder.
Deckengemälde
Eingangsportal
Die Kirche ist in der Form einer axumit-ischen Basilika erbaut worden, was ungewöhnlich ist für ein Land, in dem normalerweise die Rundkirche den Vorrang hat. Als Erklärung bietet sich an, dass man eine Kirche bauen wollte, die an eine von Achmed Gran zerstörte erinnern
sollte.
Umbau der Kirche
Damit ändert sich der Zugang der Gläubigen zum Gottesdienst. Bei der Rundkirche versammeln sich die Gläubigen außerhalb der Kirche – bei dieser Form versammeln sich die Männer in der Kirche und die Frauen davor. Eine Außentreppe führt auf die Empore.
Die Kirche ist in Ihrem Inneren vollständig bemalt. Diese Bemalung gehört zu den Schönsten die man in ganz Äthiopien finden kann. (Die Bebilderung gibt nur einen kleinen Teil wider, genaueres findet sich bei O. A. Jäger und I. Pearce: Antiquities of North Ethiopia, Stuttgart, 1974).
Verbrennung von Cherkos und Julietta
Der Tod Johannis des Täufers
An dieser Stelle setzten nun die Überlegungen der französischen Architekten an: Die Kirche war doch einstmals mit Stroh gedeckt worden, und nicht mit dem jetzt üblichen Wellblech. Vielleicht liessen sich die Temperaturschwankungen, die zur Zerstörung der Bilder führten dadurch minimieren. Er hatte eine Reihe von Temperaturanzeigern besorgt, die die Temperatur im 24-Std.-Takt maßen, und dabei auf dem Dach Schwankungen von über 30°C gemessen . Damit war der schlechte Zustand der Bilder gefunden. Und die Kirche wurde wieder mit Stroh gedeckt. Dabei war es uns auch möglich einen Blick in das „Allerheiliste“ zu tun, aber wir entdeckten dort nur Gerümpel. Warscheinlich hatte man wegen des erwarteten Umbaus alle Talbots und sonstige Kultgegenstände für die „Nichgeweihten“ entfernt.
Reiterheilige
Bemerkenswert an diesem Bild ist die Haltung des Reiters im Steigbügel. Im Gegensatz zu der in Europa üblichen Weise (bei der der Fuß im Stiefel steckt, und dieser als Ganzes durch den Steigbügel geschoben wird) reitet der Äthiopier barfuß. Dabei wird nur der große Zeh zum Halt verwendet.
Februar 2014