Zusammenfassung

"Eine frische Aufmunterung genoß ich zuletzt durch Herrn Brandes" - Ein Lebensbild des Astronomen, Physikers und Mathematikers Heinrich Wilhelm Brandes (1777-1834)

M. Börngen, Leipzig

Goethe wurde bei seinen Bemühungen um die Meteorologie am meisten - nach L. Howard - von Heinrich Wilhelm Brandes gefördert, einem Mann, der auf vielen Gebieten der Naturwissenschaft Hervorragendes geleistet hat.

Brandes wurde am 27. Juli 1777 in Groden (heute zu Cuxhaven gehörend) als Sohn des dortigen Pfarrers geboren. Nach seinem Schulbesuch übte er unter Anleitung des Wasserbaudirektors Woltmann in den Jahren 1794 und 1795 die Aufsicht über die Wasserbauten auf der kaum bewohnten Insel Neuwerk aus. Das einsiedlerische Leben gestattete ihm mannigfaltige mathematisch-naturwissenschaftliche Studien.

Von 1796 bis 1798 studierte Brandes in Göttingen. Da eine weitere Anstellung beim Wasserbau beabsichtigt war, beschäftigte er sich vor allem mit Baukunst und Feldmessen, betrachtete dagegen höhere Mathematik und Physik eher als Nebenstudien. Einen großen Gewinn, zumal in Bezug auf wissenschaftliche Klarheit seiner späteren Arbeiten, brachten die Vorlesungen von Lichtenberg. Nach kurzem Aufenthalt in Hamburg übte Brandes auf Empfehlung von Woltmann von 1801 bis 1811 das Amt des "Deichconducteurs" in dem abgelegenen Dorfe Eckwarden (Herzogtum Oldenburg) aus, wo er Beobachtungen über Strahlenbrechung anstellte und seine mathematischen Studien fortsetzte. Zuletzt war er "Deichinspector" am (unteren rechten) Weserufer.

1811 erhält Heinrich Wilhelm Brandes den Ruf als Professor der Mathematik an die soeben gründete Universität Breslau. Den Ruf aus Dorpat, den er 1818 erhält, schlägt er aus. 1820 erscheinen bei J. A. Barth in Leipzig seine "Beiträge zur Witterungskunde", denen Goethe die "frische Aufmunterung" verdankt. Der Hauptteil des Werkes besteht in einer Geschichte der Witterung des Jahres 1783, mit der die synoptische Betrachtungsweise in die Meteorologie eingeführt wird.

Ostern 1826 übernimmt Brandes die Professur für Physik an der Universität Leipzig, die zuvor L. W. Gilbert innehatte. Diesem gegenüber hatte Brandes bereits zehn Jahre früher den Vorteil einer kartenmäßigen Darstellung der Wettererscheinungen geschildert. Mit der in Leipzig eingereichten Dissertation verwirklicht nun Brandes - wenn auch in bescheidenerem Maße - diesen Plan. Die hier enthalten Abbildungen, in denen die Abweichungen des Luftdrucks zu einem bestimmten Zeitpunkt an verschiedenen Koordinaten dargestellt sind, gelten als die ersten synoptischen Wetterkarten überhaupt.

Innerhalb der Jablonowskischen Societät förderte Brandes durch die Ausarbeitung von drei Preisaufgaben die Weiterentwicklung der Meteorologie. Als Vorsteher der Apparatesammlung hat er sich sehr um die Errichtung eines physikalischen Institutes im neu errichteten Augusteum bemüht. Die Verwirklichung hat er nicht mehr erlebt; er starb am 17. Mai 1834 als Rektor der Leipziger Universität.

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