Was beeinflusst das Erfüllen zurückgestellter Aufträge? Bedingungen ereignisbezogenen prospektiven Erinnerns

Winfried Hacker

Professur für Allgemeine Psychologie der Technischen Universität Dresden
Mommsenstr. 13, 01062 Dresden
E-Mail: hacker@psy1.psych.tu-dresden.de

Fragestellung. Auch ereignisbezogene Absichten, für die Hinweisreize (cues) im Unterschied zu zeitbezogenen vorliegen, werden häufig vergessen. Ursachen dafür wurden bisher vorzugsweise in Kurzzeituntersuchungen unter Laborbedingungen untersucht. Wir fragen aus handlungspsychologischer Sicht nach Bedingungen für das Erfüllen mittel- und langfristig zurückgestellter ereignisbezogener Absichten. Methodik. Es wurden zwei experimentelle Laboruntersuchungen im Stundenbereich- und eine experimentelle Langzeituntersuchung (14 Wochen) durchgeführt. Das im Labor genutzte Leseparadigma verlangt, beim Auftreten von zuvor fest eingelernten Hinweisreizen (Reizwörter in einem fortlaufenden Text) zwei Zieltätigkeiten unterschiedlicher Komplexität (erste Variable) auszuführen; die zweite Variable ist die Bearbeitungstiefe zweier Zwischentätigkeiten. Im Feldexperiment sind beim Auftreten von Reizwörtern Uhrzeit, Datum und Aussage zu protokollieren. Dabei variieren die Häufigkeit der Wiederholung, die Anzahl verschiedenartiger Reizwörter und ihre Hervorgehobenheit. Ergebnisse. Nachträglich frei reproduzierbare Reizwörter führen nicht notwendig zum geforderten Handeln. Die Zwischentätigkeit mit höheren ("tieferen") Verarbeitungsanforderungen weist höhere Auftragserfüllung auf als die mit niedrigeren; die Reizwörter sind hier Schlüsselbegriffe für das Textverstehen. Werden für die Zieltätigkeiten Informationen aus den Zwischentätigkeiten mit den Reizwörtern benötigt, die deren tiefere Bearbeitung veranlassen, so ist die Auftragserfüllung besser. Bei langzeitigem Zurückstellen ist die Auftragserfüllung besser bei häufigeren (und vertrauteren), identischen und hervorgehobenen Reizwörtern; sie verschlechtert sich über der Zeit bei häufigeren Reizen weniger. Die Versuchspersonen erzeugen trotz gegebener Hinweisreize sowohl bei mittel- wie bei langfristigen Untersuchungen selbstinitiiert Erinnerungshilfen bereits bei der Auftragsübernahme (der Enkodierung). Diskussion. Die Befunde belegen, dass hinausgehend über die in der Literatur bisher diskutierten Merkmale der Hinweisreize, die der Zwischen- und Zieltätigkeiten sowie deren Wechselwirkungen das Erfüllen zurückgestellter Absichten ausschlaggebend bestimmen.

Referat in der Gruppe Gedächtnis I, Dienstag, 30. März 1999, 11:30, HS 16

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