Stroop-Verwässerung: Die Rollen von Worterkennung und Aufmerksamkeit

Holger Mitterer, Wido La Heij & A.H.C. van der Heijden

Fakultät der Psychologie, Universität Maastricht
P.O.Box 616, NL-6200 MD Maastricht
E-Mail: h.mitterer@psychology.unimaas.nl

Ein Stroop-Effekt wird auch gefunden, wenn ein Farbwort neben einem zu bennendem Farbbalken zu sehen ist. Bei dieser Anordnung nimmt der Stroop-Effekt ab, wenn neben dem Farbwort noch ein farbneutrales Wort zu sehen ist. Zur Erklärung dieses "Stroop- Verwässerungs-Effektes" ["Stroop-dilution effect"] sind vor allem 2 Möglichkeiten diskutiert worden. Zum einen wurde argumentiert, dass bei der parallelen Verarbeitung von Farbwort und Ablenker aufgrund limiterter Kapazität visuelle Interferenz entsteht. Zum anderen wird behauptet, dass Stroop-Verwässserung trotz unlimierter Kapazität durch Prozesse unwillkürlicher Aufmerksamkeitszuwendung entsteht: Durch die Anwesenheit des Ablenkers zieht das Farbwort seltener die Aufmerksamkeit auf sich. Um zwischen diesen Alternativen zu entscheiden, untersuchten Brown, Roos-Gilbert und Carr (Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, 21, 1395- 1411) zwei Fragen: 1.) Nimmt die Stärke der Stroop-Verwässserung mit der visuellen Komplexität der Ablenker oder der Stärke der aufmerksamkeitsbedingten Interferenz, die die Ablenker verursachen, zu? 2.) Kann Stroop-Verwässserung eliminiert werden, wenn die Prozesse der unwillkürlichen Aufmerksamkeitszuwendung durch einen Hinweisreiz kontrolliert werden? Die Ergebnisse scheinen die Fragen im Sinne limitierter Kapazität zu beantworten. Methodische Schwächen machen jedoch Alternativerklärungen möglich. Unsere Ergebnisse mit leicht veränderter Designs zeigen dann auch, dass beide Fragen im Sinne einer Aufmerksamkeitserklärung beantwortet werden können. D.h., Stroop- Verwässserung nimmt nicht mit der visuellen Komplexität der Ablenker zu, sondern mit der Stärke, mit der diese Ablenker unwillkürliche Aufmerksamkeitszuwendung verursachen. Ebenso tritt Stroop-Verwässserung nicht auf, wenn ein Hinweisreiz die Prozesse der unwillkürliche Aufmerksamkeitszuwendung steuert. Die Ergebnisse unterstützen daher ein Modell von Stroop-Interferenz, in dem Wortverarbeitung und Aufmerksamkeitszuwendung unabhängige Beiträge zur gemessenen Stroop-Interferenz leisten.

Referat in der Gruppe Visuelle Worterkennung: Orthographische, phonologische und lexikalische Verarbeitung, Dienstag, 30. März 1999, 19:00, HS 17

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