Lernen bei milder Depression: Sind Prozesse der Einspeicherung beeinträchtigt?

Ulrich von Hecker

Universität Potsdam, Institut für Psychologie
Postfach 60 15 53, 14415 Potsdam
E-Mail: hecker@rz.uni-potsdam.de

Ausgehend von früheren eigenen Befunden wird die Hypothese weiterverfolgt, unter milder Depression seien in erster Linie solche kognitiven Aufgaben beeinträchtigt, die konstruktive Gedächtnisfunktionen beim Einspeichern erfordern, so wie sie beispielsweise für Prozesse der Ausbildung mentaler Modelle kennzeichnend sind. In einer ersten Studie war bereits beim Lernen linearer Ordnungen die Umkehrung des klassischen Distanzeffekts unter Depression demonstriert und dies als Indikator eines derartigen Defizits interpretiert worden.
Um diesen Effekt besser zu verstehen, wurde die bisher verwendete Versuchsanordnung modifiziert. Dabei wurde den Versuchspersonen eine in der Lernphase eine Reihe von Relationen im festen Darbietungsmodus präsentiert, so daß die experimentell fixierte Präsentationsdauer unter der durchschnittlichen Dauer lag, die sie bei eigener Darbietungssteuerung (erste Studie) gewählt hatten.
Bei diesem Vorgehen zeigt sich im anschließenden Gedächtnistest für inferierte transitive Relationen eine Leistungsbeeinträchtigung gegenüber der ersten Studie, und zwar ausschließlich auf seiten der nichtdepressiven Kontrollgruppe. Die depressive Gruppe repliziert exakt die früheren Ergebnisse. Dies interpretieren wir im Sinne einer größeren Beteiligung konstruktiver Arbeitsgedächtnisprozesse beim Einspeichern auf seiten der nichtdepressiven Kontrollgruppe, verglichen mit der depressiven Gruppe. Diese verwendet dagegen, so scheint es, propositionale Strategien zum Zeitpunkt des Abrufs.

Referat in der Gruppe Denken und Problemlösen I, Montag, 29. März 1999, 16:00, HS 20

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