Entdeckung einfacher visueller Reizmerkmale: Präattentiv oder nicht?

S. De Maeght, B. Hommel & W.X. Schneider

Max Planck Institut für Psychologische Forschung
Leopoldstraße 24, 80802 München
E-Mail: maeght@mpipf-muenchen.mpg.de

Visuelle Aufmerksamkeit wird üblicherweise als Filter zwischen präattentiver und attentiver Reizverabeitung definiert. Präattentive Prozesse gelten als nicht kapazitätsbegrentzt, als parallel und automatisch, und es wird angenommen daß sie zur Entdeckung einfacher Reizmerkmale ausreichen. Joseph et al. (1997) haben jedoch kürzlich argumentiert, daß auch für die Verarbeitung einfacher visueller Eigenschaften Aufmerksamkeitskapazität erforderlich ist und plädiert das Konzept der Präattentivität aufzugeben. Nach unserer Ansicht ist die Selektion relevanter Information ohne dieses Konzept theoretisch jedoch schwer zu erklären. Wir haben deshalb versucht, die vorgenannten Befunde und das dort verwendete Paradigma eingehender zu überprüfen.
In unseren Untersuchungen verwendeten wir den gleichen "dual task"-Ansatz wie Joseph et al., indem wir eine Identifikationsaufgabe (RSVP) mit einer visuellen Suchaufgabe kombinierten. Anhand unterschiedlicher Zeiten zwischen den beiden Aufgaben (Lag=0ms bis 504ms) wurde die Kapazitätsbelastung manipuliert. Im Falle attentiver Verarbeitung sollte das zu suchende Target mit zunehmendem zeitlichem Abstand zwischen den Aufgaben häufiger richtig entdeckt werden. Im Falle einer präattentiven Verarbeitung sollte sich der Lag hingegen nicht auswirken.
In einer Reihe von Experimenten konnten ein Lag-Effekt nachgewiesen und die Ergebnisse von Joseph et al. repliziert werden. Es zeigte sich allerdings ein Unterschied zwischen den Bedingungen (Target Present/Absent) der visuellen Suchaufgabe. Der Lag-Effekt trat nur in den Fällen auf , in denen kein Target vorhanden war. Nach unserer Ansicht läßt sich dieses Ergebnis damit erklären, daß die Anwesenheit eines Targets zu einem pop-out Effekt führt und die Entdeckung präattentiv erfolgt. Im Gegensatz dazu ist in der Nicht-Target-Bedingung eine erschöpfende Suche erforderlich, die Kapazität beansprucht. Das "Guided Search Model" von Cave & Wolfe (1990) bietet einen theoretischen Rahmen für unsere Ergebnisse.

Referat in der Gruppe Visuelle Such- und Erkennungsprozesse, Montag, 29. März 1999, 16:00, HS 21

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