"Konzepte vor Formeln" - Effekte unterschiedlicher tutorieller Unterstuetzung auf die Problemloeseleistung in der Physik

Sieghard Beller, Rolf Ploetzner & Julia Haerder

Institut fuer Psychologie, Abteilung fuer Allgemeine Psychologie, Universitaet Freiburg
Niemensstrasse 10, 79085 Freiburg
E-Mail: beller@psychologie.uni-freiburg.de

Befunde aus der Experten-Novizenforschung legen nahe, dass Novizen Aufgaben aus einem bestimmten Bereich haeufig deshalb nicht loesen koennen, weil sie im Gegensatz zu Experten einerseits oft nur ueber unvollstaendiges und/oder fehlerhaftes Bereichswissen verfuegen, andererseits ihr Wissen meist aber auch unzureichend organisiert ist, was eine koordinierte Anwendung erschwert. In einer experimentellen Anordnung wurde untersucht, wie man Personen beim Erwerb angemessen organisierter Wissensstrukturen und ihrer koordinierten Anwendung tutoriell unterstuetzen kann. 24 Gymnasiasten der 10. Klasse bearbeiteten zunaechst eine Lehreinheit zu qualitativ-konzeptuellen sowie quantitativ-numerischen Aspekten (Formeln) der Mechanik und danach insgesamt vier komplexere Aufgaben zusammen mit einer Tutorin. Dabei wurde die Haelfte der Schueler systematisch bei der Anwendung qualitativ-konzeptuellen Wissens unterstuetzt, die andere Haelfte bei der Anwendung quantitativ-numerischen Wissens. Erfasst wurde die Problemloeseleistung zu zwei Zeitpunkten, nach dem Durcharbeiten der Lehreinheit und im Anschluss an die tutorielle Interaktion, und zwar jeweils mit zwei Problemtypen: mit einfachen Problemen, die allein unter Anwendung qualitativ-konzeptuellen beziehungsweise quantitativ-numerischen Wissens zu loesen waren, und komplexen Problemen, deren Loesung die Koordinati! on beider Wissensbestände erforderte. Es wurde erwartet, dass Hilfestellung bei qualitativ-konzeptuellen Ueberlegungen Schueler besser in die Lage versetzt, die komplexen Probleme zu loesen, weil diese Ueberlegungen die Grundlage bilden, Formeln zielfuehrend anzuwenden. Insgesamt betrachtet verbesserte sich in beiden Gruppen die Problemloeseleistung ueber die zwei Testzeitpunkte, bei den komplexen Problemen zeigte sich ein Interaktionseffekt: hypothesenkonform verbesserte sich die Gruppe staerker, welche die tutorielle Unterstuetzung hinsichtlich qualitativ-konzeptuellen Wissens erhalten hatte.

Referat in der Gruppe Denken und Problemlösen II, Dienstag, 30. März 1999, 18:30, HS 20

Zur Programmübersicht

Zur Liste der Postergruppen, Referategruppen und Symposien

Zurück zur Teap '99-Homepage