Die Fähigkeit zur mentalen Rotation in verschiedenen Subgruppen

Wolfgang Lehmann

Institut für Psychologie, Universität Magdeburg
PF 4120, 39016 Magdeburg
E-Mail: wolfgang.lehmann@gse-w.uni-magdeburg.de

Untersuchungen zur Raumvorstellung weisen mit mehr oder weniger großen Effektstärken Geschlechtsunterschiede nach. In letzter Zeit wird verstärkt die Bedeutung von Vorerfahrungen für die Entwicklung der räumlichen Vorstellungsfähigkeit diskutiert. Das Ziel dieser Studie besteht darin, neben Geschlechtseffekten weitere varianzerzeugende Effekte nachzuweisen.
In einem quasiexperimentellen Untersuchungsdesign wurde in verschiedene Subgruppen, differenziert nach Alter, Geschlecht, Schultyp und Studienrichtung, in einer Vor- und Nachtestung die Fähigkeit zur mentalen Rotation räumlicher Gebilde erfaßt. Die Nachtestung erfolgte etwa zwei Monate nach der ersten Testung. Eingesetzt wurde der Mental Rotations Test (Quaiser-Pohl & Lehmann, in Vorbereitung). Die Aufgaben basieren auf dreidimensionale Würfelkonstruktionen, die mentale Drehungen verlangen.
In allen Stichproben wurden konsistente Geschlechtsunterschiede zugunsten der männlichen Probanden nachgewiesen. Dabei variiert die Effektstärke Eta-Quadrat von 0.08 bis 0.44. Diese signifikanten Effekte verringern sich auch bei älteren Probanden nicht. Auch in der zweiten Testung bleiben die Effekte erhalten. Schüler eines mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasiums weisen eine geringe Variabilität der Testleistungen auf. Neben dem Geschlecht erzeugt der Schultyp systematische Varianz, zurückzuführen auf überdurchschnittliche Leistungen der Schüler des speziellen Gymnasiums. Studenten mit einem nicht-technischen Studium (Sport, Psychologie, Geisteswissenschaft) zeigen keine signifikanten Unterschiede. Nimmt man Studenten mathematisch-technischer Richtungen hinzu, kommt man zu Effekten ähnlich denen in der Schülerstichprobe.
Diese Ergebnisse weisen auf die Bedeutung von Übungseffekten durch raumvorstellungsfördernde Aktivitäten, wie eine verstärkte Beschäftigung mit mathematischen und technischen Problemen, für die Entwicklung der räumlichen Vorstellungsfähigkeit hin. Die überdurchschnittlich hohe Raumvorstellungsfähigkeit der entsprechenden Schüler- und Studentenstichproben und die konsistenten Geschlechtsunterschiede werfen auch Fragen nach der genetisch-hormonellen Bedingtheit räumlichen Vorstellens auf.

Referat in der Gruppe Raumkognition, Dienstag, 30. März 1999, 16:30, HS 15

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