Automatische Reaktionsaktivierung und Reiz-Reaktions-Integration

Bernhard Hommel

Max-Planck-Institut für Psychologische Forschung
Leopoldstr. 24, 80802 München
E-Mail: hommel@mpipf-muenchen.mpg.de

Reaktionen auf räumlich korrespondierende Reize werden schneller und korrekter ausgeführt als Reaktionen auf nicht-korrespondierende Reize--auch wenn räumliche Reizmerkmale für die Aufgabe irrelevant sind. Offenbar existieren also nicht nur eine intentionale Route, die den relevanten Reiz in die zugeordnete Reaktion übersetzt, sondern auch eine automatische Route, durch die auch irrelevante Reize kompatible Reaktionen aktivieren. Im letzten Jahr haben Stürmer, Leuthold & Sommer über das Ausbleiben räumlicher Kompatibilitäts-Effekte nach inkompatiblen Durchgängen berichtet und dies einer Hemmung der automatischen Route nach Reaktionskonflikten in inkompatiblen Durchgängen zugeschrieben.
Wie ich zeigen werde, sind jedoch mit der Abfolge von kompatiblen und inkompatiblen Durchgängen bestimmte Sequenz-Effekte der Reiz-Reaktions-Integration (Nacheffekte von "Ereignisdateien": Hommel, 1998) konfundiert. Diese Art der Integration begünstigt die nachfolgende Reaktion bei den Abfolgen kompatibel-kompatibel und inkompatibel- inkompatibel, was zu einer Überschätzung des Kompatibilitätseffektes nach kompatiblen und zu einer Unterschätzung nach inkompatiblen Durchgängen führt.
Neben einer Replikation (Exp. 1) werde ich anhand von Befunden aus drei weiteren Experimenten zeigen, daß der Kompatibilitätseffekt auch dann ausbleibt, wenn zuvor Reaktionskonflikte nicht aufgetreten, d.h. die von Stürmer et al. vermuteten Ausgangsbedingungen nicht gegeben sind. Z.B. wenn im Durchgang zuvor Reiz und "inkompatible" Reaktion nur zufällig zeitlich zusammentreffen (Exp. 2), wenn die "inkompatible" Reaktion gar nicht ausgeführt wird (Exp. 3), oder die Reaktion den Reiz erst hervorruft (Exp. 4). Kompatibilitätseffekte bleiben also nicht deshalb aus, weil die automatische Reiz-Reaktions-Übersetzung unterbunden wird, sondern weil sie von Nacheffekten der Reiz-Reaktions-Integration überlagert werden.
Hommel, B. (1998). Event files: Evidence for automatic integration of stimulus-response episodes. Visual Cognition, 5, 183-216.

Referat in der Gruppe Aufmerksamkeit und Motorik, Dienstag, 30. März 1999, 08:30, HS 15

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