Implizite Lern- und Gedächtnisleistungen bei Patienten mit Basalganglieninfarkten

Cornelia Exner, Godehard Weniger & Eva Irle

Psychiatrische Klinik der Universität Göttingen, Schwerpunktprofessur Neuropsychologie und Psychopathologie
Von-Siebold-Str. 5, 37075 Göttingen
E-Mail: cexner@gwdg.de

Innerhalb der neuropsychologischen Gedächtnisforschung bildet die Annahme multipler Gedächtnissysteme, die inhaltlich verschiedene Materialarten speichern, eine wichtige Arbeitshypothese. Defizite beim impliziten (prozeduralen) Lernen wurden nach Läsionen in den Basalganglien, aber auch im Kleinhirn und im frontalen Kortex berichtet. Die Rolle der Basalganglien bei impliziten Lernaufgaben ist aber bisher nur bei Patienten mit degenerativen Erkrankungen untersucht worden, bei denen das globale Ausmaß der Schädigung schwer feststellbar war. Offen ist daher, ob selektive, umschriebene Läsionen in den Basalganglien zu Defiziten beim impliziten Lernen führen.
Es wurden Patienten mit umschriebenen ischämischen oder hämorrhagischen Infarkten im Gebiet der Basalganglien und Patienten mit Infarkten im Thalamus untersucht . Die Ergebnisse der Patienten wurden mit denen einer in bezug auf Alter, Bildung und Intelligenzniveau parallelisierten gesunden Kontrollgruppe verglichen. Zur Überprüfung impliziter Lernleistungen wurde eine modifizierte Form der Seriellen Reaktionszeitaufgabe (SRTT) von Nissen und Bullmer (1987) gewählt. Bei dieser Aufgabe verringert sich durch mehrfache motorische Reaktion auf eine feste Reizfolge die erforderliche Reaktionszeit, ohne daß sich die Vp der Regelhaftigkeit bewußt sein muß. Das Ausmaß des impliziten Lernens der Sequenz zeigt sich als Reaktionszeitunterschied zwischen regelhaften Blöcken und Zufallsblöcken.
Unilaterale vaskulär bedingte Läsionen in den Basalganglien und im Thalamus führten zu einer allgemeinen Herabsetzung der Reaktionsgeschwindigkeit. Patienten mit Basalganglieninfarkten zeigten jedoch gegenüber Patienten mit Thalamusinfarkten und gegenüber einer gesunden Kontrollgruppe keine Defizite im impliziten Lernen einer motorischen Sequenz.
Unsere Ergebnisse widersprechen der bisher in der Literatur vertretenen Ansicht, daß Schädigungen der Basalganglien zu Defiziten im impliziten Lernen führen. Möglicherweise zeigen sich Defizite nur bei bilateralen Schädigungen.

Referat in der Gruppe Implizites Lernen, Montag, 29. März 1999, 16:00, HS 16

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