Einfluß der Bindungsrepräsentation auf die visuelle Wahrnehmungsschwelle

Markus Maier, Ursula Laumer & Klaus Grossmann

Institut für Psychologie, Universität Regensburg
Universitätsstr. 31, 93040 Regensburg
E-Mail: markus.maier@psychologie.uni-regensburg.de

Die Bindungstheorie postuliert als verhaltenssteuernde Instanz das "Inner Working Model". Es besteht aus Repräsentationen von Bindungserfahrungen, welche die Basis für das generelle Vertrauen in das eigene Selbst, in Andere und im Umgang mit belastenden Situationen bilden. Dieses aus den konkreten Erfahrungen mit den Bindungspersonen abstrahierte allgemeine Wissen steuert u.a. unsere Wahrnehmung. In den folgenden Experimenten wurde die Hypothese überprüft, ob im Adult-Attachment-Interview unsicher klassifizierte Vpn eine höhere Wahrnehmungsschwelle für negatives Material haben als Personen mit sicherer Bindungsrepräsentation.
19 Versuchspersonen der Regensburger Jugend-Längsschnittstichprobe (Zimmermann, in Vorb.) deren Bindungsrepräsentation vor 3 Jahre erhoben wurde, nahmen an zwei Wahrnehmungsexperimenten teil. In einem ersten Experiment wurden ihnen Wörter im zweiten Experiment Farbphotos auf einem Bildschirm dargeboten, deren Darbietungszeit sukzessive erhöht wurde. Erfaßt wurde als abhängige Variable die Darbietungszeit bei korrekter Identifizierung des Wortes bzw. Bildes.
Entgegen der Hypothese zeigten Vpn mit unsicherer Bindungsrepräsentation bei bildhaften Material eine deutlich niedrigere Wahrnehmungsschwelle als sichere klassifizierte Probanden. Besonders deutlich wurde der Effekt bei aggressiven Gesichtern und bedrohlichem Bildmaterial. Im Wortexperiment gehen die Resultate in die gleiche Richtung, wobei nur positive Begriffe von Unsicheren signifikant schneller wahrgenommen werden.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, daß mit den beiden Experimenten jeweils unterschiedliche Verarbeitungsebenen angesprochen werden. Auf einer konkret imaginalen Ebene sind bei unsicheren Vpn bedrohliche Inhalte schneller aktivierbar, auf einer semantisch-deklarativen hingegen positive. Diese Diskrepanz spiegelt die im AAI auftretenden Abwehrmechanismen der Verdrängung und Idealisierung wider. Die Ergebnisse werden an der Bielefelder Längsschnittstichprobe repliziert und auf frühkindliche Einflüsse hin untersucht.

Poster in der Gruppe Entwicklung, Mittwoch, 31. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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