Qualitative Aspekte der Wortflüssigkeit bei Patienten mit intrakraniellen Raumforderungen

S. Aschenbrenner, O. Tucha, C. Smely & K.W. Lange

Institut für Psychologie, Universität Regensburg und Neurochirurgische Klinik Mannheim, Universität Heidelberg
Universitätsstraße 31, 93040 Regensburg
E-Mail: steffen.aschenbrenner@psychologie.uni-regensburg.de

Wortflüssigkeitsaufgaben werden häufig in der klinischen Diagnostik zur Beurteilung des divergenten Denkens eingesetzt. Dabei beschränkt man sich in der Regel auf die Auswertung der Anzahl richtiger Lösungen (Quantität). Ziel der vorliegenden Studie war die quantitative und qualitative Analyse von Wortflüssigkeitsaufgaben bei Patienten mit intrakraniellen Raumforderungen.
33 Patienten mit intrakraniellen Raumforderungen und 33 gesunde Kontrollprobanden wurden mit einer semantischen und einer formallexikalischen Wortflüssigkeitsaufgabe untersucht. Alle Lösungen wurden hinsichtlich der Quantität sowie der Häufigkeit und Länge spontan angewendeter phonetischer und semantischer Cluster von zwei Ratern beurteilt. Bei der semantischen Aufgabe wurde zusätzlich die Zahl der verwendeten Labels erhoben. Die Originalität wurde über die Auftretenshäufigkeit der Worte anhand eines Frequenzwörterbuches ermittelt.
Bei der formallexikalischen Aufgabe zeigte die Patientengruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe Minderleistungen in der Quantität, der Häufigkeit und Länge der angewendeten phonetischen Cluster sowie in der Originalität. Bei der semantischen Aufgabe nannten die Patienten weniger korrekte Lösungen und verwendeten weniger semantische Cluster. Zudem nannten sie weniger originelle Worte und mehr Labels als die Kontrollen. Während sich in der formallexikalischen Aufgabe positive Zusammenhänge der Quantität mit der Anzahl und Länge der phonetischen Cluster ergaben, ging in der semantischen Aufgabe eine hohe Quantität mit einer höheren Anzahl semantischer Cluster und originelleren Lösungen einher.
Im Vergleich zu gesunden Probanden zeigten Patienten mit intrakraniellen Raumforderungen in Wortflüssigkeitsaufgaben neben einer geringeren Quantität selektive Defizite bei der Verwendung relevanter Strategien. Die alleinige Erfassung der Quantität erscheint daher zur Beurteilung des divergenten Denkens zu einseitig. Zusätzliche qualitative Parameter sollten zukünftig in der Auswertung von Wortflüssigkeitsaufgaben routinemäßig Berücksichtigung finden.

Poster in der Gruppe Denken und Problemlösen, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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