Die Steuerung der Informationsdichte beim Erlernen von Bewegungsabläufen mittels interaktiver Videos

Stephan Schwan & Roland Riempp

Deutsches Institut für Fernstudienforschung an der Universität Tübingen
Konrad Adenauer Straße 40, 72072 Tübingen
E-Mail: Stephan_Schwan@diff.uni-tuebingen.de

Bewegungsablaeufe setzen sich typischerweise aus Bewegungsabschnitten unterschiedlicher Komplexitaet zusammen, die beim Erlernen durch Beobachtung ein unterschiedliches Ausmass kognitiver Verarbeitung erfordern. Interaktive Videos koennen durch ihre Steuerungsmoeglichkeiten den Erwerb solcher Bewegungsablaeufe unterstuetzen, indem sie den Lernern ermoeglichen, Geschwindigkeit und Abfolge einer Handlungsdarbietung variabel an die Komplexitaet des jeweiligen Bewegungsabschnitts anzupassen und dadurch zu einem gegenueber nicht interaktiven Handlungsdarbietungen verbesserten Lernergebnis zu gelangen.
Dies wurde in einer experimentellen Studie geprueft (n=32), bei der anhand kurzer Videoclips vier Seemannsknoten steigender Schwierigkeit erlernt und anschließend reproduziert werden mussten. Die Haelfte der Pbn konnte sich den jeweiligen Videoclip beliebig oft anschauen, hatte aber keine weiteren Steuerungsmoeglichkeiten (Bedingung "nicht interaktiv"). Die andere Haelfte der Pbn hatte darueberhinaus die Moeglichkeit, den Videoclip an beliebigen Stellen zu stoppen, sowie die Darbietungsrichtung und die Darbietungsgeschwindigkeit zu veraendern (Bedingung "interaktiv"). Als abhaengige Variablen wurden Lernzeit, Zahl der Reproduktionsversuche und Reproduktionserfolg erhoben. Zusaetzlich wurde in der Bedingung "interaktiv" die Steuerung der Videoclips computergestuetzt protokolliert. Die Lerner der Bedingung "interaktiv" unterschieden sich von denen der Bedingung "nicht interaktiv" hinsichtlich der benoetigten Lernzeit nicht, waren ihnen aber hinsichtlich des Reproduktionserfolgs und der Zahl der benoetigten Reproduktionsversuche bei den schwierigeren Knoten ueberlegen.Die Protokollanalyse zeigt, daß die Lerner in komplexeren Bewegungsabschnitten haeufiger stoppen, diese Abschnitte haeufiger wiederholt betrachten und verlangsamen als niedrig komplexe Bewegungsabschnitte. Dies gilt für schwierigere Knoten in ausgepraegterem Masse als fuer leichtere Knoten.
Insgesamt legen die Ergebnisse die Interpretation nahe, daß Lerner die Moeglichkeiten interaktiver Videos dazu nutzen, den Lernaufwand variabel ueber den Bewegungsablauf zu verteilen und dadurch dessen Komplexitaetsschwankungen auszugleichen.

Poster in der Gruppe Medienpsychologie, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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