Verarbeitungsprozesse beim impliziten und expliziten Erinnern von Handlungen

Nadya Natour & Monika Knopf

Institut für Psychologie, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Georg-Voigt-Str. 8, 60054 Frankfurt am Main
E-Mail: natour@psych.uni-frankfurt.de

Werden in einem Gedächtnisexperiment in der Lernphase einfache Handlungsbeschreibungen pantomimisch ausgeführt, so resultiert dies in einer deutlich besseren Erinnerungsleistung als nach verbalem Lernen.
In verschiedenen gedächtnispsychologischen Ansätzen zur Erklärung dieses "Handlungseffekts" wird übereinstimmend angenommen, daß durch das Ausführen der Handlungen besonders gute itemspezifische Information erzeugt wird. Strittig ist jedoch, ob diese durch die Erzeugung einer motorischen Gedächtnisspur zustande kommt, oder ob - wie in einem sparsameren Ansatz angenommen wird - durch die Handlungsausführung bereits auf der Stufe der Handlungsplanung reichhaltigere konzeptuelle Informationsverarbeitungsprozesse angeregt werden (Knopf, 1992).
Gedächtnisprüfungen können mit zwei verschiedenen Arten von Gedächtnistests vorgenommen werden: Explizite Tests, wie z.B. Freies Erinnern, erfordern eine bewußte Bezugnahme auf die vorangegangene Lernphase, während implizite Tests, wie z.B. Wortfragmentergänzen, den Bezug zur Lernphase nicht herstellen, sondern die Gedächtnisleistung indirekt erheben. Explizite Gedächtnistests aktivieren dabei in erster Linie konzeptuelle Verarbeitungsprozesse und sind somit sensitiv für konzeptuelle Manipulationen bei der Enkodierung. Typische implizite Tests dagegen beruhen eher auf datennahen, perzeptuellen Verarbeitungsprozessen und sind somit unempfindlich gegenüber experimentellen Variationen der konzeptuellen Verarbeitungstiefe.
Zur Stützung der Hypothese, daß der Handlungseffekt auf reichhaltiger konzeptueller Informationsverarbeitung beruht, wurde die Gedächtnisleistung nach motorischem und verbalem Enkodieren sowohl mit einem impliziten ("Wortfragmentergänzen") als auch mit einem expliziten Test ("Freies Erinnern") erhoben. Wie erwartet, wurde nur mit dem expliziten Test ein Handlungseffekt gefunden.
In weiteren Experimenten ergaben sich durch Variation der Enkodierinstruktion Hinweise darauf, daß bereits die in der Stufe der Handlungsplanung wirksamen konzeptuellen Verarbeitungsprozesse den Handlungseffekt erklären können.

Referat in der Gruppe Gedächtnis I, Dienstag, 30. März 1999, 09:30, HS 16

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