Der Einfluß von semantischem Priming auf die kortikalen Mechanismen der Schmerzverarbeitung

Jennifer Dillmann, Wolfgang H.R. Miltner & Thomas Weiss

Lehrstuhl für Biologische und Klinische Psychologie, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Am Steiger 3 Haus1, 07743 Jena
E-Mail: dillmann@biopsy.uni-jena.de

Jeder Mensch macht im Laufe seines Lebens vielfältige Erfahrungen mit Schmerzreizen. Die Wahrnehmungen von Schmerzen werden vom Aufbau eines Schmerzgedächtnisses begleitet. Aktuelle Schmerzen werden zum Teil aufgrund unserer früheren Erfahrungen und den im Schmerzgedächtnis gespeicherten Informationen bewertet. Mit Hilfe von Adjektiven werden Schmerzempfindungen häufig beschrieben. Um das Schmerzgedächtnis zu aktivieren, können solche Adjektive als Primes (Vorreize) verwendet werden. Es stellt sich die Frage, wie wirkt sich die Voraktivierung des Schmerzgedächtnisses auf die Verarbeitung aktueller schmerzhafter Reize im Gehirn aus?
Den Probanden wurde jeweils ein Adjektiv für jeweils 5 sek. auf einem PC-Bildschirm dargeboten. Das Adjektiv stammte jeweils entweder aus der Kategorie somatosensorisch schmerzbezogen (z.B. brennend) oder affektiv schmerzbezogen (z.B. quälend) oder neutral (z.B. neutral). Während dieser Präsentation wurde ein kurzer schmerzhafter Laserreiz auf den Handrücken appliziert. Dieser Laserreiz sollte auf einer visuellen Analogskala (0-6) eingeschätzt werden. Die Darbietung der Adjektive erfolgte randomisiert nach den Kategorien. Während des gesamten Versuchs wurde das Elektroencephalogramm (EEG) aufgezeichnet.
Der Effekt von semantischem Priming manifestiert sich in der kortikalen Schmerzverarbeitung hauptsächlich in der Amplitude der positiven Komponente. Wurden somatosensorisch- oder affektiv-schmerzbezogene Adjektive vor dem Laserreiz dargeboten, so ist die Amplitude im Vergleich zu neutralen Adjektiven erhöht. Es ergab sich außerdem ein signifikanter Unterschied innerhalb der Ratings der als schmerzhaft eingeschätzten Laserreize in Abhängigkeit von der Wortkategorie. Laserreize nach neutralen Adjektiven wurden als weniger schmerzhaft eingeschätzt als solche nach schmerzbezogenen Adjektiven.
Die Verarbeitung von schmerzbezogenen Adjektiven führt scheinbar zu einer Voraktivierung von cortical cell assemblies, die anscheinend ihrerseits zum Teil die Verarbeitung von aktuellen nozizeptiven Reizen beeinflussen.

Referat in der Gruppe Klinische Psychologie, Dienstag, 30. März 1999, 09:30, HS 14

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