Aktivierung der Amygdala durch Verarbeitung nonverbaler stimmlicher Emotionsäußerungen

Kerstin Sander, André Brechmann, Detlef Stiller, Henning Scheich

Leibniz - Institut für Neurobiologie
Brenneckestraße 6, D-39118 Magdeburg
E-Mail: sander@ifn-magdeburg.de

Untersuchungen zur emotionalen Prosodie verwenden emotional unterschiedlich intonierte Worte oder Sätze. Hier kann es vorkommen, daß linguistische Semantik und Intonation konfundiert sind. Die vorliegende Arbeit untersucht, ob sich allein aufgrund der Wahrnehmung nonverbaler stimmlicher Emotionsäußerungen wie Lachen und Weinen, d.h. unabhängig von der sprachlichen Semantik eine Aktivierung Emotions-verarbeitender Strukturen, insbesondere der Amygdala, mittels funktioneller Kernspintomographie nachweisen läßt.
Lachen und Weinen wurden zehn Probanden abwechselnd in vier Experimentalbedingungen präsentiert (Beides jeweils gegenüber Ruhe und einer Kopfrechenaufgabe). Die neutrale kognitive Aufgabe sollte eine Emotionswirkung über die Dauer der Reizdarbietung hinaus verhindern. Die Probanden hatten die Aufgabe, den Reizen aufmerksam zuzuhören sowie die Rechenaufgabe durchzuführen. Die Reizabfolge war über die Probanden und beide Versuchssitzungen hinweg ausbalanciert.
Die Ergebnisse zeigen, daß die Amygdala allein durch passives Hören der nonverbalen Emotionsäußerungen Lachen und Weinen aktiviert wird. Die Stärke der gesamten Amygdala-Aktivierung nahm von der ersten zur zweiten Versuchssitzung hin ab. Das bedeutet: Habituation. Die Bedingungen mit und ohne Rechenaufgabe zeigten keine Unterschiede, d.h. beide Reize führten zu einer stabilen Amygdala-Aktivierung. In der ersten Versuchssitzung bewirkt Lachen eine größere Amygdala-Aktivierung als Weinen, wenn die Bedingungsabfolge mit Lachen begann; begann sie mit Weinen, ähneln sich die Aktivierungen. Dies deutet auf unterschiedliche Sequenzeffekte hin. Differentielle Amygdala-Aktivierungen ließen sich nicht nachweisen.
Es wird diskutiert, wie sich der Unterschied zwischen den vorliegenden Ergebnissen, die für eine tonische Amygdala-Aktivierung sprechen, und denen der Furcht-Konditionierung (cf. Quirk et al., 1997, Neuron, 19, 613-624), die für eine phasische Amygdala-Aktivierung sprechen, erklären läßt.

Poster in der Gruppe Emotion und Motivation, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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