Entscheiden ohne zu suchen? - Schnelle Abwesend-Urteile bei visueller Suche

Peter Malinowski & Ronald Hübner

Universität Konstanz, Fachgruppe Psychologie
Postfach 5560, 78457 Konstanz
E-Mail: Peter.Malinowski@uni-konstanz.de

Bisher wurden verschiedene Modelle entwickelt, um die Informationsverarbeitungsprozesse bei der visuellen Suche zu erklären. Lediglich eines davon berücksichtigt die Tatsache, daß manchmal Abwesend-Urteile schneller sein können als Anwesend-Entscheidungen (Abwesend-Vorteil). Aber selbst dieses Modell ist nicht in der Lage, alle vorliegenden Verhaltensdaten zu erklären. Ein Grund dafür ist vermutlich, daß bisher nicht eindeutig geklärt ist, wovon der Abwesend-Vorteil abhängt. Ziel dieser Studie war es daher, die Bedingungen, unter denen er auftritt, genauer einzugrenzen. In mehreren Experimenten wurden die Homogenität der Ablenker und die Regelmäßigkeit der Anordnung variiert, da angenommen wird, daß diese beiden Faktoren einen Einfluß haben. Da wir weiterhin vermuteten, daß es eine Rolle spielt, ob die verschiedenen Reizbedingungen in getrennten experimentellen Blöcken oder randomisiert innerhalb eines Blocks realisiert werden, wurde auch dieses variiert. Es zeigte sich, daß sowohl die Homogenität der Ablenker als auch eine regelmäßige (hier: kreisförmige) Anordnung notwendig sind, um einen Abwesend- Vorteil hervorzurufen, daß zusätzlich aber bestimmte Rahmenbedingungen vorliegen müssen, damit er auftritt. So scheint es nur dann schnellere Abwesend-Urteile zu geben, wenn innerhalb eines Blocks neben der Anzahl der Reizelemente auch die Regelmäßigkeit der Anordnung variiert wird. Werden dagegen ausschließlich regelmäßig angeordnete Reize präsentiert, während nur die Anzahl der Elemente variiert wird, resultieren daraus langsamere Abwesend-Urteile. Die Ergebnisse legen nahe, daß der Abwesend-Vorteil - anders als in der Literatur vermutet - nicht von holistischen Gruppierungsprozessen abhängt, sondern eher auf lokale Kontraste der Reizelemente zurückgeführt werden kann. Diese erlauben eine spezifische Adjustierung der Entscheidungskriterien in den verschiedenen Bedingungen, was in manchen Fällen zu schnelleren Abwesend-Urteilen führt.

Referat in der Gruppe Visuelle Such- und Erkennungsprozesse, Montag, 29. März 1999, 10:30, HS 21

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