Der Einfluß von Größenillusionen auf das Greifen: Die Müller-Lyer Illusion

Volker Franz, Karl R. Gegenfurtner, Heinrich H. Bülthoff & Manfred Fahle

MPI für biologische Kybernetik Tübingen
Spemannstr. 38, 72076 Tübingen
E-Mail: volker.franz@tuebingen.mpg.de

Auf der TeaP98 hatten wir einen Einfluß der Ebbinghaus / Titchener Illusion sowohl auf die Wahrnehmung als auch auf die Greifmotorik gezeigt. Diese Daten widersprechen der verbreiteten Auffassung, daß das motorische System nur in geringem Maße visuellen Größenillusionen unterliegt (Aglioti, DeSouze & Goodale, 1995). Damit wird die Theorie in Frage gestellt, daß im Handlungs- und im Wahrnehmungssystem visuelle Information qualitativ unterschiedlich verarbeitet wird (Milner & Goodale, 1995). In dem vorliegenden Experiment wurde untersucht, inwieweit sich die Ergebnisse zur Ebbinghaus Illusion auf die Müller-Lyer Täuschung generalisieren lassen.
Zwölf Versuchspersonen (VPn) wurden Plastikstäbchen (40, 43, 46 und 49 mm lang, 5 mm breit) auf der Oberfläche eines flach liegenden Bildschirmes dargeboten. Auf dem Bildschirm wurden entweder nach außen oder nach innen gerichtete Pfeilspitzen gezeigt, so daß sich aus Stäbchen und Pfeilspitzen die Müller-Lyer Täuschung ergab. Die VPn griffen die Stäbchen und die maximale Handöffnung vor Berührung der Stäbchen wurde mittles eines Optotrak (TM) Systems ermittelt. In einer zweiten Aufgabe wurde der Einfluß der Illusion auf die Wahrnehmung mittels einer Einstell-Prozedur ermittelt.
Die Ergebnisse zeigen starke Einflüsse der Illusion sowohl auf die Wahrnehmung als auch auf das Greifen. Auch diese Ergebnis widerspricht der Auffassung, daß das Greifen nur in geringem Maße visuellen Illusionen unterliege. Interessanterweise ist in unserem Experiment der Einfluß auf das Greifen sogar größer als auf die Wahrnehmung. Gründe hierfür werden diskutiert.

Poster in der Gruppe Handlung und Motorik, Mittwoch, 31. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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