Kognitive Strukturierungsfähigkeit bei generalisierter Angststörung

Uwe Kotkamp & Kathrin Thrum

Institut für Psychologie, Universität Jena
Von-Hase-Weg 1, 07743 Jena
E-Mail: suk@uni-jena.de

In der vorliegenden Studie wurde der Frage nachgegangen, in wie weit psychopathologische Veränderungen (generalisierte Angststörungen) mit Veränderungen in kognitiven Prozessen (kognitive Strukturierungsfähigkeit) einhergehen. In bisherigen Studien wurden spezifische, materialabhängige Veränderungen von Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozessen für bedrohlich erlebte bzw. angstbesetzte Informationen und Situationen gefunden. Ob hier auch grundsätzliche Störungen bzw. Besonderheiten im Informationsverarbeitungsprozeß vorliegen, wurde bisher nur unzureichend, u.a. nur wenig prozeßbezogen, untersucht.
Bei einer Stichprobe von 40 Studenten wurde der kognitive Strukturbildungs- und Strukturnutzungsprozeß beim Bewältigen eines vorwissensfreien, einrelationalen Ordnungsproblems mit emotional neutralem Versuchsmaterial erfaßt. Unterschiedliche interne Strukturbildungen konnten durch die Probanden bei der Problemlösung realisiert werden, die mit großen Unterschieden im kognitiven Aufwand (Strukturbildungs- und Behaltensaufwand) einhergehen. Darüber hinaus wurde der Strukturnutzungsprozeß beim Bewältigen einer einfachen Routineanforderung unter Zeitdruck (Beantworten von Fragen zur bekannten Ordnung) gemessen.
Probanden mit stärkerer Symptomatik einer generalisierten Angst (Extremgruppe gebildet anhand des DIPS von Margraf et al., 1991) benötigen bei der Bewältigung des Ordnungsproblems (Ausbildung der internen Repräsentation) deutlich mehr Information und Lernzeit, was Hinweise auf die geringere kognitive Strukturierungsfähigkeit (Ausbildung aufwandsreicherer kognitiver Strukturen) der ängstlichen Probanden liefert. Bei der Anwendung ausgebildeter kognitiver Strukturen (Bewältigung einer Routineanforderung) zeigen sich keine angstspezifischen Unterschiede.
Die Ergebnisse werden u.a. dahingehend interpretiert, daß der Prädisposition zur Fehlanpassung (Ausbildung generalisierter Angst) ein generelles Wirkprinzip kognitiver Prozesse (Vereinfachung bzw. Komplexitätsreduktion) zugrunde liegen könnte.

Referat in der Gruppe Emotion, Dienstag, 30. März 1999, 11:30, HS 22

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