Systematische Verarbeitung bei niedriger Motivation: Die Rolle multipler Hinweisreize bei der Einstellungsänderung

René Ziegler

Psychologisches Institut, Universität Tübingen
Friedrichstr. 21, 72072 Tübingen
E-Mail: Rene.Ziegler@uni-tuebingen.de

In zwei Experimenten wurde die auf dem Suffizienz-Prinzips des Heuristisch-systematischen Modells (Chaiken, Liberman & Eagly, 1989) basierende Hypothese überprüft, wonach sich widersprechende Hinweisreizinformationen (d.h. die verschiedenen aktivierten Heuristiken führen zu unterschiedlichen Schlußfolgerungen über die Wahrscheinlichkeit der Korrektheit einer bestimmten Einstellungsposition) auch bei a priori nicht involvierten Personen zu einer systematischen Verarbeitung einstellungsrelevanter Botschaften führen.
In Experiment 1 konnte in einem 2 (Expertise: hoch vs niedrig) x 2 (Sympathie: sympathisch vs unsympathisch) x 2 (Argumentenqualität: überzeugend vs wenig überzeugend) faktoriellen Versuchsplan mit konstant niedriger Involviertheit der Untersuchungsteilnehmer gezeigt werden, daß die Einstellung bei sich widersprechenden Hinweisreizen in stärkerem Maße von der Argumentenqualität determiniert wurde, als dies bei übereinstimmenden Hinweisreizen der Fall war. Ebenso war im ersten Fall die Anzahl argumentbezogener Gedanken höher, und es bestand ein stärkerer Zusammenhang zwischen der Valenz argumentbezogenen Gedanken und der Einstellung.
In Experiment 2 wurde zusätzlich der Faktor Involviertheit (hoch vs niedrig) manipuliert. Eine Überprüfung der Annahme, daß die Kombination der Hinweisreize bei Hochinvolvierten keine Rolle spielen sollte, konnte nicht erfolgen, da trotz erfolgreicher Manipulation der Involviertheit kein qualitativer Motivationsunterschied vorlag. Unter der Annahme niedriger Involviertheit aller Untersuchungsteilnehmer bestätigten sich die Befunde des ersten Experiments. Wiederum zeigte sich, daß die Argumentenqualität bei Niedriginvolvierten ein die Einstellung stärker determinierender Faktor war, wenn die Inferenzen auf Basis der heuristischen Hinweisreize in entgegengesetzte Richtung wiesen.
Zusammengenommen belegen die beiden Experimente, daß nicht nur Inkongruenz zwischen Hinweisreiz und Valenz der Argumente (vgl. Maheswaran & Chaiken, 1991) zu systematischer Verarbeitung in Situationen mit niedriger Motivation führen kann.

Referat in der Gruppe Soziale Kognition: Meinung und Einstellung I, Dienstag, 30. März 1999, 14:00, HS 18

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