Steroidmodulation funktioneller cerebraler Asymmetrien

Markus Hausmann & Onur Güntürkün

Biopsychologie, Fakultät für Psychologie, Ruhr-Universität Bochum
GAFO 05/620, Universitätsstraße 150, 44780 Bochum
E-Mail: Markus.Hausmann@ruhr-uni-bochum.de

Funktionelle cerebrale Asymmetrien werden durch Steroidhormone moduliert. Die Ergebnisse sind jedoch sehr inkonsistent bezüglich welcher Zyklusphase die Asymmetrien am deutlichsten ausgeprägt sind (Phasen niedriger oder hoher Steroidkonzentrationen) und welche der Hemisphären von den Steroidfluktuationen stärker moduliert wird.
Mit dem Paradigma der visuellen Halbfeld-Stimulation untersuchten wir spontanzyklische Frauen (während der Menses und lutealen Phase), postmenopausale Frauen und Männer in einem Meßwiederholungsdesign bezüglich ihrer Lateralisation in einer linkshemisphärischen (lexikale Entscheidung) und in zwei rechtshemisphärischen Aufgaben (figuraler Vergleich und Gesichtererkennung). Die Konzentrationen von Speichel- Östradiol und Progesteron wurde mit dem Radioimmunoassay (RIA) ermittelt.
Für die spontanzyklischen Frauen fanden wir signifikante Interaktionen zwischen der Zyklusphase und dem visuellen Halbfeld in allen drei Aufgaben. Frauen dieser Gruppe zeigten in allen Aufgaben deutlichere Lateralisationsmuster während der Menses, im Gegensatz zu einer bilateraleren Organisation während der lutealen Phase, bei der die Konzentrationen von Östradiol und Progesteron am höchsten sind. Insbesondere Progesteron scheint einen Einfluß auf die Stärke der Asymmetrie in der figuralen Vergleichsaufgabe zu haben, indem es selektiv die Leistung der linken Hemisphäre verbessert. In der Gruppe der postmenopausalen Frauen, die über ein niedriges und stabiles Steroidniveau verfügen, sind die Lateralisationsmuster ähnlich asymmetrisch und stabil, wie bei der männlichen Vergleichsgruppe. Die strikte Kontrolle von „Carry-over"- Effekten durch das Meßwiederholungsdesign und der Ausschluß der Frauen, deren post hoc Steroidanalysen ergaben, daß sie sich nicht in den entsprechenden Zyklusphasen befanden, sind eine kritische Voraussetzung um dieses Datenmuster zu erhalten.
Die Ergebnisse unterstützen die Auffassung einer enormen Plastizität der cerebralen Organisation, worauf Steroidhormone einen deutlichen Einfluß zu nehmen scheinen.

Referat in der Gruppe Cerebrale Asymmetrie, Montag, 29. März 1999, 10:30, HS 14

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