Die beim Satzverstehen in einen Satz zu integrierende Information aus Worteinträgen im mentalen Lexikon ist in Umfang und Art nicht für alle Wortkategorien gleich. Im Lexikoneintrag eines jeden Verbs ist beispielsweise außer Wortkategorie, Wortbedeutung, Flexionsparadigma etc. auch dessen Argumentstruktur gespeichert, also eine Angabe darüber, wieviele andere Elemente (Nominalphrasen) ein bestimmtes Verb als Ergänzungen nimmt (Stelligkeit) und welche Form (Kasus) diese haben müssen.
In zwei EKP-Experimenten wurde untersucht, ob die Informationen über die Anzahl der Argumente und die über die Form dieser Argumente unterschiedlich verarbeitet werden. Dazu wurden Sätze mit (a) Verletzungen der Argumentanzahl und (b) Kasusverletzungen visuell präsentiert. Zusätzlich untersucht wurde der Einfluß des Zeitpunkts der Verfügbarkeit der Verbinformation, also ob (1) das Verb nach seinen Ergänzungen im Satz kam oder (2) davor.
In den EKPs zeigte sich für eine Verletzung der Zahl der Argumente (a) unabhängig von der Wortstellung immer ein biphasisches Muster, d.h. eine N400 gefolgt von einer P600. Eine Kasusverletzung am Objektargument (b) hingegen führte dann, wenn das Verb auf seine Argumente folgte (1), zu einer linksanterioren Negativierung (LAN) und einer P600. War die Verbinformation aber vor den Argumenten verfügbar (2), dann führte die Kasusverletzung nur zu einer P600. Die beobachteten Unterschiede im EKP deuten darauf hin, daß die LAN eher die erschwerte Integration syntaktischer Lexikoninformation anzeigt, da diese nur dann notwendig ist, wenn das Verb selbst in eine bereits erstellte Struktur integriert werden soll. Ist hingegen die Integration der Verbinformation bereits vor der der Argumente abgeschlossen, so genügt ein Abgleich syntaktischer Merkmale, den die P600 reflektiert.
Poster in der Gruppe Sprache, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock
