Motorischer Schreiberwerb im Anfangsunterricht

K. Noack & H. Körndle

Institut für Psychologie, Technische Universität Dresden
Mommsenstr. 13, 01062 Dresden, Deutschland
E-Mail: noack@paed1.psych.tu-dresden.de

Beim Erwerb von Schreibbewegungen haben Grundschulkinder die Aufgabe, normierte Bewegungsspuren zu produzieren. Dabei sind die Form der Buchstaben, die Neigung und Weite, die Anbindungen zwischen den Buchstaben und zunehmend auch das Tempo in restriktiven Grundregeln festgelegt. Zusätzlich werden Hilfslinien vorgegeben, um die Einhaltung der Buchstabenhöhe zu unterstützen. Die Wirkungen der Hilfslinien auf die Schreibbewegungen sind ebenso wie allgemeine Methoden zum Schreiberwerb bisher kaum empirisch untersucht worden (Mai, 1991). Aus den Daten einer Einzelfalluntersuchung konnten wir explorieren, daß Hilfslinien die Schreibgeschwindigkeit reduzieren und einen gleichmäßigen Bewegungsvollzug hemmen. Ob Hilfslinien generell ungünstig sind und welche weiteren Faktoren den Schreiberwerbsprozeß unterstützen bzw. hemmen, überprüfen wir in einer Längsschnittuntersuchung an 100 Dresdner Erstkläßlern. Zu drei Meßzeitpunkten (Schuljahresbeginn, Schulhalbjahr, Schuljahresende) werden alternierende Bewegungen des Handgelenks und der Finger beim Zeichnen eines Kreises und im weiteren die Kombination aus diesen elementaren Bewegungen erfaßt. Außerdem müssen die Kinder einzelne und gebundene Schriftzeichen mit und ohne Hilfslinien aus einer Vorlage reproduzieren. Innerhalb der Stichprobe werden zwei Gruppen, den Schreib-Lehrmethoden entsprechend, unterschieden. Während die eine Gruppe ("Fibel") sofort die Schreibschrift erlernt, beginnt die andere Gruppe ("Lesen durch Schreiben") mit dem Drucken von Einzelbuchstaben und erst im zweiten Schulhalbjahr mit dem Üben der gebundenen Schrift. Die vorliegenden Daten der ersten beiden Untersuchungszeitpunkte zeigen eine große Varianz hinsichtlich des Schreibdrucks und der Schreibgeschwindigkeit bei Schulanfängern und bestätigen einen gehemmten Bewegungsvollzug beim Schreiben in Hilfslinien. Die Analyse alternierender Bewegungen zeigt, daß das Erreichen der geforderten Kreisform im wesentlichen durch eine eingeschränkte Kontrolle der Fingerbewegungen bedingt ist.

Poster in der Gruppe Entwicklung, Mittwoch, 31. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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