Kortikale Plastizitätseffekte nach einem psychologisch-motorischen Verhaltenstraining

Monika Sommer, Heike Bauder & Wolfgang H.R. Miltner

Lehrstuhl für Biologische und Klinische Psychologie, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Am Steiger 3, Haus 1; 07743 Jena
E-Mail: sommer@biopsy.uni-jena.de

Eine große Anzahl von Untersuchungen belegen, daß funktionelle und strukturelle Umorganisationen ein Grundprinzip der Funktionsweise des intakten ebenso wie des umschrieben geschädigten Gehirns bilden. Es wurde der Frage nachgegangen, ob ein für chronische Schlaganfallpatienten entwickeltes psychologisch-motorisches Verhaltenstraining für die oberen Extremitäten das Plastizitätspotential des Kortex nutzt und Reorganisationsprozesse induziert.
Vor und nach dem 8-tägigen Training, das auf den Grundlagen der Constraint-Induction Therapie basiert und die Funktionsfähigkeit des paretischen Arms verbessert, wurden 20 Schlaganfallpatienten mittels EEG und fokaler transkranieller Magnetstimulation (TMS) untersucht. Diese Patienten erlitten den Insult durchschnittlich 5.5 Jahre vor Trainingsbeginn und litten seitdem unter einer starken Einschränkung der Bewegungsfähigkeit ihres betroffenen Arms. Die 62-Kanal-Ableitung des EEGs diente der Erfassung der motor-korrelierten Potentiale während einfacher Willkürbewegungen (das Drücken einer Taste mit der linken und rechten Hand, sowie dem linken und rechten Daumen). Bei der TMS wurde das Repräsentationsareal des M. abductor brevis (APB) bestimmt. Motorische Schwellen, Größe des Repräsentationsareals, mittlere Amplituden der motorisch evozierten Potentiale (MEP) und der Arealschwerpunkt wurden als Quotienten (betroffene/gesunde Hemisphäre) ausgewertet.
EEG-Untersuchung: Nach dem Training war die Fläche des Bereitschaftspotentials (BP) sowie die Amplitude des Motorpotentials (MP) bei Bewegungen mit der betroffenen Hand signifikant größer als vor dem Training. Außerdem kam es zu topographischen Verschiebungen der motor-korrelierten Potentiale nach parietal. TMS-Untersuchung: Das Repräsentationsareal des APB auf der betroffenen Hemisphäre war vor dem Training signifikant kleiner als das der gesunden Seite und zeigte eine signifikante Vergrößerung nach dem Training. Die durch Stimulation der betroffenen Hemisphäre evozierten mittleren MEP-Amplituden waren nach dem Training signifikant größer.
Durch das Training kommt es nicht nur zu motorischen Funktionsverbesserungen der betroffenen oberen Extremität, sondern es werden auch Plastizitätseffekte im Kortex induziert.

Referat in der Gruppe Psychomotorik I, Montag, 29. März 1999, 11:30, HS 20

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