Die Rolle motorischer Aktivierung im Simon-Effekt

Edmund Wascher, Indra Rosendahl & Maren Wolber

Universität Tübingen, Psychologisches Institut, Abt. Klin. & Physiol. Psychologie
Christophstraße 2, 72072 Tübingen
E-Mail: edmund.wascher@uni-tuebingen.de

Laterale Reize führen einerseits zu einer Verschiebung räumlicher Aufmerksamkeit, andererseits zu einer Beschleunigung manueller Reaktionen auf der Hand ipsilateral zur Reizposition. Diese Reaktionszeiteffekte könnten daher direkt mit der Verschiebung der Aufmerksamkeit in Verbindung stehen (premotor theory of attention). Andere Theorien nehmen einen Konflikt in der Reaktionsauswahl an, dritte eine direkte Aktivierung motorischer Zentren durch lateralisierte Information.
In zwei Experimenten gab ein Warnreiz entweder die Reaktionsseite oder die Position des Zielreizes an (Validität 80%). Dieser bestand aus einem lateral präsentierten Buchstaben und einem an der gegenüberliegenden Seite präsentierten Füllreiz. Reaktionszeiten, ebenso wie ereigniskorrelierte Asymmetrien im EEG (ERLs) wurden gemessen. Bei Vorwegnahme der Reizposition zeigte sich im EEG eine Verschiebung räumlicher Aufmerksamkeit. Die Reaktionen verkürzten sich bei valider Vorinformation. Obwohl die Verschiebung räumlicher Aufmerksamkeit von der Präsentation des Zielreizes getrennt war, zeigte sich im vom Zielreis ausgelösten ERL eine Komponente, die in Zusammenhang mit räumlicher Kodierung zu bringen ist. Auch war der Simon-Effekt von der Vorinformation nicht betroffen.
Bei Vorwegnahme der Reaktionsrichtung zeigten sich deutlich verkürzte Reaktionszeiten, verglichen mit dem ersten Experiment und eine Vergrößerung des Simon-Effektes in validen Durchgängen. ERLs unterschieden sich weder über dem motorischen noch über sensorischen Kortex essentiell von einer zur Kontrolle erhobenen Simon-Aufgabe ohne Vorinformation.
Weder die Vorwegnahme räumlicher Aufmerksamkeit noch der Reaktionsauswahl konnten also den Effekt räumlicher S-R Kompatibilität eliminieren. ERLs unterschieden sich nur geringfügig von einer Kontrollaufgabe. Die Ergebnisse sind damit weder mit einem Konflikt in der Reaktionsauswahl, noch mit einem aufmerksamkeitsgebundenen Reaktionsvorteil in Einklang zu bringen, sondern sprechen für eine direkte Aktivierung motorischer Prozesse durch räumliche Information.

Referat in der Gruppe Aufmerksamkeit und Motorik, Dienstag, 30. März 1999, 09:00, HS 15

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