Reduktion situativer Sprechangst durch Akupunktur? - Eine Doppelblind-Studie zur Identifikation psychologischer Wirkfaktoren

Christian Burk, Burkhard Fritsch, Holger Brockmeyer, Roland Kracht, Jürgen Hennig & Petra Netter

Institut für Psychologie, Justus-Liebig-Universität Gießen
Otto-Behaghel-Straße 10F, 35394 Gießen
E-Mail: christian.l.burk@psychol.uni-giessen.de

Die Schwierigkeit, Wirkmechanismen der Akupunktur einer empirischen Überprüfung zugänglich zu machen, liegt in der Trennung physiologischer und psychischer Einflußfaktoren. Ziel dieser Studie ist es, im Doppelblind-Design Wirksamkeitserwartungen von Akupunkteur und Patient zu kontrollieren und Akupunktur-Reagibilität mit sensorischer Suggestibilität sowie der Einstellung zur Akupunktur in Verbindung zu bringen.
Die Hälfte (n = 48) der untersuchten Probanden (n = 96) wurde mit der Situation einer öffentlichen Rede konfrontiert und jeweils mit einer von drei Varianten der Akupunktur behandelt. Durch den Einsatz einer Verum-Nadelung an relevanten Akupunkturpunkten des Ohrs (n = 16), einer Nadelung irrelevanter Punkte des Mastoids (n = 16) sowie einer Behandlung mit einem (ohne Kenntnis des Akupunkteurs) deaktivierten Laser (n = 16) konnten bei gleichbleibender Plausibilität für die Probanden drei Einflußmöglichkeiten auf die Wirksamkeit variiert werden: die Spezifität der für die Reduktion psychischen Stresses vorgesehenen Akupunkturpunkte, der unspezifische Schmerzreiz der Einstiche und die Wirksamkeitserwartung von Seiten des Akupunkteurs. Differentielle Unterschiede der Probanden wurden mit Hilfe der "Group Scale of Sensory Suggestibility" (Gheorghiu et al., 1994) sowie eines Einstellungsfragebogens zur Akupunktur (Herr, 1991) erhoben und mit Streßreaktionen auf kognitiv-emotionaler, psychophysiologischer und motorisch-behavioraler Ebene in Verbindung gebracht.
Die Ergebnisse sprechen gegen einen spezifischen Effekt der Verum-Akupunktur auf die Sprechangst. Einflüsse sensorischer Suggestibilität bzw. der Einstellung zur Akupunktur konnten jedoch in mehreren abhängigen Variablen identifiziert werden.
Zu diskutieren sind die Vervollständigung des Doppelblind-Designs, die Meßbarkeit homöostatischer Körperreaktionen sowie die Deutung der uneinheitlichen Manifestation suggestibilitäts- und einstellungsgeleiteter Akupunktur-Reagibilität.

Referat in der Gruppe Klinische Psychologie, Dienstag, 30. März 1999, 09:00, HS 14

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