Kognitive Inhibitionsprozesse als depressiver Vulnerabilitätsfaktor

Jutta Joormann

Institut für Psychologie II, Freie Universität Berlin
Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin
E-Mail: joormann@zedat.fu-berlin.de

Die Untersuchung von Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozessen in der Verarbeitung affektiver Information ist eine zentrale Fragestellung der kognitiven Depressionsforschung. Während eine Reihe von Studien spezifische Effekte in der Erinnerungsleistung für affektives Material zeigen, fand die Hypothese gestörter Aufmerksamkeitsprozesse bisher wenig empirische Bestätigung. In der vorliegenden Studie wurden Zusammenhänge zwischen kognitiver Inhibition affektiven Materials und depressiver Vulnerabilität untersucht. Hierzu wurde eine selektive Aufmerksamkeitsaufgabe gewählt, die negative Priming Effekte hervorruft. 'Negatives Priming' zeigt sich in verlängerten Reaktionszeiten auf einen Reiz, der gemeinsame Merkmale mit einem vorausgehenden, zu ignorierenden Distraktor aufweist. Die Haupterklärung für negatives Priming liegt in der Inhibition der aktivierten, aber aufgabenirrelevanten Repräsentation des Distraktors, die im folgenden Durchgang die Reaktion auf einen Reiz, der Ähnlichkeiten mit dem Distraktor aufweist, verlängert. In zwei Experimenten mit variierter Aufgabenstellung (mit und ohne Selbstbezug) wurden 72 studentischen Probanden in solchen Aufgaben Zielreize und Distraktoren mit positiver und negativer Valenz vorgegeben (negatives affektives priming), um Inhibitionsprozesse bei affektivem Material zu untersuchen. Zusätzlich wurden die Response-Stimulus Intervalle (RSIs) variiert. Den Probanden wurden weiterhin Fragebogen zur Erfassung depressiver Symptomatik, dysfunktionaler Einstellungen, Angst vor negativer Bewertung und Vermeidung sozialer Situationen vorgegeben. Unter Verwendung eines diagnostischen Interviews wurde zudem erhoben, ob die Probanden eine Geschichte depressiver Episoden aufweisen. Die Befunde zeigen deutliche differentielle negative Priming Effekte für affektives Material in Abhängigkeit von selbstberichteter Geschichte depressiver Episoden. Interaktionen dieser differentiellen Effekte mit Stimulusvalenz, RSI und Aufgabenstellung wurden gefunden, die auf mangelnde Inhibition der Aktivierung durch irrelevante, negative Reize in der Gruppe mit einer Geschichte depressiver Episoden hindeuten.

Referat in der Gruppe Klinische Psychologie, Dienstag, 30. März 1999, 11:30, HS 14

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