Wann beeinflußt die Leichtigkeit des Abrufs von Exemplaren Schätzungen von Verhaltenshäufigkeiten? - Die Rolle des Nachdenkens

Susanne Haberstroh, Tilmann Betsch, Henk Aarts & Anke Reimann

Psychologisches Institut, Universität Heidelberg
Hauptstr. 47-51, 69117 Heidelberg
E-Mail: shaberst@psi-sv1.psi.uni-heidelberg.de

In diesen Studien wurde der Einfluß der Leichtigkeit, mit der Exemplare einer Kategorie abgerufen werden können, auf Häufigkeitsschätzungen von Verhalten untersucht. Um die Korrektheit der Häufigkeitsschätzungen bestimmen zu können, wurde die Auftretenshäufigkeit des Verhaltens experimentell kontrolliert. Personen lernten in einem Computerspiel zwei verschiedene Verhaltensweisen (bestimmtes Futter an zwei Kategorien von fiktiven Tieren verfüttern), welche sich folgendermaßen unterschieden: In der einen Kategorie erschienen viele verschiedene Tiernamen, die in der Fütterungsphase nur einmal wiederholt wurden. In der anderen Kategorien erschienen nur wenige Tiernamen, die häufig wiederholt wurden. Insgesamt wurden beide Verhaltensweisen gleich häufig gezeigt. In einem Pretest mit freiem Recall der Tiernamen zeigte sich, daß diese Manipulation der Leichtigkeit des Abrufs erfolgreich war. Als zweiter Faktor wurde das Ausmaß des Nachdenkens bei der Urteilsfindung manipuliert. Die Probanden wurden entweder gebeten, ein spontanes Urteil abzugeben oder über ihr Urteil gut nachzudenken. Zentrale abhängige Variable waren die Schätzungen darüber, wie häufig die beiden Verhaltensweisen ausgeführt wurden. Die Ergebnisse zeigen, daß bei spontanem Urteil die Manipulation der Darbietungshäufigkeit der Tiernamen keinen Einfluß auf die Häufigkeitsschätzungen hat. Bei überlegtem Urteil hingegen zeigt sich folgender Unterschied: Werden bei dem einen Verhalten nur wenige Tiernamen präsentiert, diese hingegen häufig wiederholt, so wird dieses Verhalten als häufiger ausgeführt eingeschätzt als das andere Verhalten. Die Ergebnisse sprechen eher dagegen, daß bei spontanen Urteilen auf die ease-of-retrieval-Heuristik zurückgegriffen wird. Die Ergebnisse werden in Bezug zu den automatic encoding-Modellen diskutiert.

Beitrag zum Symposium Verarbeitung von Häufigkeiten, Donnerstag, 1. April 1999, 08:30-12:00, HS 22

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